in einer Lage, wo er seinen Neigungen, seinen Passionen, seinen Stimmungen zwanglos nachgeben durfte ... Eine reiche Heirath --: es war schließlich das Einzige, was ihn aus dem Dreck der Enge, in welcher er stak, herausretten konnte. Und .. und lag es nun nicht blos noch an ihm, in den Hafen seiner sehr praktischen Wünsche einzulaufen? Lydia schien doch ein tieferes Interesse für ihn zu haben -- das war aus ihrem ganzen Benehmen heute Abend zu erkennen gewesen. Wirkten auch eine Portion Coquetterie .. und ein gut Theil jener suffisant-gutmüthigen Launenhaftigkeit, die sich eine junge, schöne, reiche, unabhängige Frau immer gestattet, mit -- vielleicht ließ sich die Geschichte ... hm! ... die Geschichte ... ließ sich dieses dumme Interesse'-Gefühl doch vertiefen -- vielleicht vertiefte es sich durch einen starken Appell, den es erführe, unwill- kürlich! Adam sagte sich, daß es vom praktischen Standpunkte aus wahrhaftig unverzeihlich thöricht wäre, die Fäden wieder aus der Hand zu geben ... vom dürren Sande des Lebens wieder verschleppen zu lassen. Das war ja Unsinn, wenn er sich einbildete, Lydia zu lieben. Oh! Er würde gewiß noch im Stande sein: angeregte, reizvolle, intime, vielleicht auch leidenschaftliche, den ganzen Menschen er- füllende und aufwühlende, wahnsinnig schöne Stunden mit ihr zu erleben .. ein Sclave ihrer Reize, ein dämonisch Begehrender -- ein -- ein -- ein -- nun was denn --? pah! nur eine einzige, große, dürstende Sinnlichkeit -- hm! ..
in einer Lage, wo er ſeinen Neigungen, ſeinen Paſſionen, ſeinen Stimmungen zwanglos nachgeben durfte ... Eine reiche Heirath —: es war ſchließlich das Einzige, was ihn aus dem Dreck der Enge, in welcher er ſtak, herausretten konnte. Und .. und lag es nun nicht blos noch an ihm, in den Hafen ſeiner ſehr praktiſchen Wünſche einzulaufen? Lydia ſchien doch ein tieferes Intereſſe für ihn zu haben — das war aus ihrem ganzen Benehmen heute Abend zu erkennen geweſen. Wirkten auch eine Portion Coquetterie .. und ein gut Theil jener ſuffiſant-gutmüthigen Launenhaftigkeit, die ſich eine junge, ſchöne, reiche, unabhängige Frau immer geſtattet, mit — vielleicht ließ ſich die Geſchichte ... hm! ... die Geſchichte ... ließ ſich dieſes dumme Intereſſe'-Gefühl doch vertiefen — vielleicht vertiefte es ſich durch einen ſtarken Appell, den es erführe, unwill- kürlich! Adam ſagte ſich, daß es vom praktiſchen Standpunkte aus wahrhaftig unverzeihlich thöricht wäre, die Fäden wieder aus der Hand zu geben ... vom dürren Sande des Lebens wieder verſchleppen zu laſſen. Das war ja Unſinn, wenn er ſich einbildete, Lydia zu lieben. Oh! Er würde gewiß noch im Stande ſein: angeregte, reizvolle, intime, vielleicht auch leidenſchaftliche, den ganzen Menſchen er- füllende und aufwühlende, wahnſinnig ſchöne Stunden mit ihr zu erleben .. ein Sclave ihrer Reize, ein dämoniſch Begehrender — ein — ein — ein — nun was denn —? pah! nur eine einzige, große, dürſtende Sinnlichkeit — hm! ..
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in einer Lage, wo er ſeinen Neigungen, ſeinen
Paſſionen, ſeinen Stimmungen zwanglos nachgeben
durfte ... Eine reiche Heirath —: es war ſchließlich
das Einzige, was ihn aus dem Dreck der Enge,
in welcher er ſtak, herausretten konnte. Und .. und
lag es nun nicht blos noch an ihm, in den
Hafen ſeiner ſehr praktiſchen Wünſche einzulaufen?
Lydia ſchien doch ein tieferes Intereſſe für ihn zu
haben — das war aus ihrem ganzen Benehmen
heute Abend zu erkennen geweſen. Wirkten auch
eine Portion Coquetterie .. und ein gut Theil
jener ſuffiſant-gutmüthigen Launenhaftigkeit, die ſich
eine junge, ſchöne, reiche, unabhängige Frau immer
geſtattet, mit — vielleicht ließ ſich die Geſchichte ...
hm! ... die Geſchichte ... ließ ſich dieſes dumme
Intereſſe'-Gefühl doch vertiefen — vielleicht vertiefte es
ſich durch einen ſtarken Appell, den es erführe, unwill-
kürlich! Adam ſagte ſich, daß es vom praktiſchen
Standpunkte aus wahrhaftig unverzeihlich thöricht
wäre, die Fäden wieder aus der Hand zu geben ...
vom dürren Sande des Lebens wieder verſchleppen
zu laſſen. Das war ja Unſinn, wenn er ſich einbildete,
Lydia zu lieben. Oh! Er würde gewiß noch im
Stande ſein: angeregte, reizvolle, intime, vielleicht
auch leidenſchaftliche, den ganzen Menſchen er-
füllende und aufwühlende, wahnſinnig ſchöne
Stunden mit ihr zu erleben .. ein Sclave
ihrer Reize, ein dämoniſch Begehrender — ein —
ein — ein — nun was denn —? pah! nur
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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/170>, abgerufen am 04.12.2024.
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