"Und wie denken Sie sich Ihre Zukunft, Herr Doctor --?" fragte Irmer drauflostolpatschend.
"Ich interessire mich aufrichtig für die Dame," ge- stand Adam lachend. "Sie kennen die orientalische Methode, Herr Doctor, zwei Wesen zu copuliren, die sich nie gesehen haben: so kommt es mir immer vor, wenn ich an mich und meine Zukunft denke. . Schließ- lich ergeht es ja jedem Individuum also .. aber Un- sereiner -- hm! nun! ich wiederhole: ich interessire mich sehr .. sehr .. für meine ... Zukünftige.."
"Ihr Fräulein Tochter ist nicht zu Hause --?" fragte Adam nach einer Weile. Er hatte vergeblich einer Erwiderung Irmers auf seinen spaßigen Ver- gleich geharrt.
"Nein! . die macht sich um diese Zeit immer etwas Bewegung. Das arme Mädchen kommt ja sonst nicht viel heraus. Hedwig ist mein Ein und Alles, ohne sie wäre ich vollständig hülflos, sie liest mir vor -- ich dictire ihr -- ich habe sie ganz in meine philosophische Weltanschauung eingeführt. Ich glaube, sie hat überwunden und die große Lebensillusion erkannt ... "
"Prost!" wäre es Adam beinahe über die Lippen gefahren. Im letzten Augenblicke hakte er das fatale Wörtchen noch zurück. "Sie sind Schopen- hauerianer, Herr Doctor?" vermochte er nun zu fragen.
"Nicht eigentlich.. Ich bin überhaupt kein Anhänger eines bestimmten Systems -- eben aus Philosophie.. Sie erinnern sich des Schiller'schen
Conradi, Adam Mensch. 8
„Und wie denken Sie ſich Ihre Zukunft, Herr Doctor —?“ fragte Irmer drauflostolpatſchend.
„Ich intereſſire mich aufrichtig für die Dame,“ ge- ſtand Adam lachend. „Sie kennen die orientaliſche Methode, Herr Doctor, zwei Weſen zu copuliren, die ſich nie geſehen haben: ſo kommt es mir immer vor, wenn ich an mich und meine Zukunft denke. . Schließ- lich ergeht es ja jedem Individuum alſo .. aber Un- ſereiner — hm! nun! ich wiederhole: ich intereſſire mich ſehr .. ſehr .. für meine ... Zukünftige..“
„Ihr Fräulein Tochter iſt nicht zu Hauſe —?“ fragte Adam nach einer Weile. Er hatte vergeblich einer Erwiderung Irmers auf ſeinen ſpaßigen Ver- gleich geharrt.
„Nein! . die macht ſich um dieſe Zeit immer etwas Bewegung. Das arme Mädchen kommt ja ſonſt nicht viel heraus. Hedwig iſt mein Ein und Alles, ohne ſie wäre ich vollſtändig hülflos, ſie lieſt mir vor — ich dictire ihr — ich habe ſie ganz in meine philoſophiſche Weltanſchauung eingeführt. Ich glaube, ſie hat überwunden und die große Lebensilluſion erkannt ... “
„Proſt!“ wäre es Adam beinahe über die Lippen gefahren. Im letzten Augenblicke hakte er das fatale Wörtchen noch zurück. „Sie ſind Schopen- hauerianer, Herr Doctor?“ vermochte er nun zu fragen.
„Nicht eigentlich.. Ich bin überhaupt kein Anhänger eines beſtimmten Syſtems — eben aus Philoſophie.. Sie erinnern ſich des Schiller'ſchen
Conradi, Adam Menſch. 8
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„Und wie denken Sie ſich Ihre Zukunft, Herr
Doctor —?“ fragte Irmer drauflostolpatſchend.
„Ich intereſſire mich aufrichtig für die Dame,“ ge-
ſtand Adam lachend. „Sie kennen die orientaliſche
Methode, Herr Doctor, zwei Weſen zu copuliren, die
ſich nie geſehen haben: ſo kommt es mir immer vor,
wenn ich an mich und meine Zukunft denke. . Schließ-
lich ergeht es ja jedem Individuum alſo .. aber Un-
ſereiner — hm! nun! ich wiederhole: ich intereſſire
mich ſehr .. ſehr .. für meine ... Zukünftige..“
„Ihr Fräulein Tochter iſt nicht zu Hauſe —?“
fragte Adam nach einer Weile. Er hatte vergeblich
einer Erwiderung Irmers auf ſeinen ſpaßigen Ver-
gleich geharrt.
„Nein! . die macht ſich um dieſe Zeit immer
etwas Bewegung. Das arme Mädchen kommt ja
ſonſt nicht viel heraus. Hedwig iſt mein Ein und
Alles, ohne ſie wäre ich vollſtändig hülflos, ſie lieſt
mir vor — ich dictire ihr — ich habe ſie ganz
in meine philoſophiſche Weltanſchauung eingeführt.
Ich glaube, ſie hat überwunden und die große
Lebensilluſion erkannt ... “
„Proſt!“ wäre es Adam beinahe über die Lippen
gefahren. Im letzten Augenblicke hakte er das
fatale Wörtchen noch zurück. „Sie ſind Schopen-
hauerianer, Herr Doctor?“ vermochte er nun zu
fragen.
„Nicht eigentlich.. Ich bin überhaupt kein
Anhänger eines beſtimmten Syſtems — eben aus
Philoſophie.. Sie erinnern ſich des Schiller'ſchen
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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/121>, abgerufen am 18.12.2024.
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