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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889].

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"Ich verstehe Sie nicht --"

Adam fuhr auf. Er stampfte mit dem rechten
Fuße indignirt auf den Boden und gab sich sehr
ungesammelt. Mit nervöser Hast knöpfte er an
seinen Handschuhen herum.

"Sie wollen mich nicht verstehen, mein Fräulein!
Heiliger Nepomuk! Giebt es denn heute auf Gottes Erd-
boden keinen Menschen mehr, dem man zwanglos, dem
man unmittelbar begegnen darf -- dem man so gegen-
übertreten kann, wie es Einem gerade ums Herz ist --
wie man gerade Stimmung hat? -- Ist denn heute
das kleinste Bißchen Unmittelbarkeit verpönt? Soll
man Nichts -- gar Nichts improvisiren dürfen? --
Soll man immer wieder erst die chinesische Mauer
der dummen, urdummen conventionellen Redensarten
zwischen sich und seinen Nächsten schieben -- soll
man auf Niemanden mehr stracks losgehen? Fräu-
lein Hedwig --"

"Mein Name ist Irmer --"

Adam lachte aufgeräumt. "Bon! Irmer!
Sehr liebenswürdig, mein gnädiges .. Fräulein ..
Irmer ..."

"Mein Herr!"

"Lassen Sie doch endlich einmal einen anderen
Ton zwischen uns aufkommen!" bat Adam, einen
neckisch-vorwurfsvollen Accent in der Stimme. "Auf-
richtig, ich ertrage das nicht länger! Sie kennen
mich noch nicht. Sie wissen noch nicht, daß ich ein
sonderbares Gemisch von .. von Naivetät und ..
und Raffinement bin. Vielleicht coquettire ich auch


„Ich verſtehe Sie nicht —“

Adam fuhr auf. Er ſtampfte mit dem rechten
Fuße indignirt auf den Boden und gab ſich ſehr
ungeſammelt. Mit nervöſer Haſt knöpfte er an
ſeinen Handſchuhen herum.

„Sie wollen mich nicht verſtehen, mein Fräulein!
Heiliger Nepomuk! Giebt es denn heute auf Gottes Erd-
boden keinen Menſchen mehr, dem man zwanglos, dem
man unmittelbar begegnen darf — dem man ſo gegen-
übertreten kann, wie es Einem gerade ums Herz iſt —
wie man gerade Stimmung hat? — Iſt denn heute
das kleinſte Bißchen Unmittelbarkeit verpönt? Soll
man Nichts — gar Nichts improviſiren dürfen? —
Soll man immer wieder erſt die chineſiſche Mauer
der dummen, urdummen conventionellen Redensarten
zwiſchen ſich und ſeinen Nächſten ſchieben — ſoll
man auf Niemanden mehr ſtracks losgehen? Fräu-
lein Hedwig —“

„Mein Name iſt Irmer —“

Adam lachte aufgeräumt. „Bon! Irmer!
Sehr liebenswürdig, mein gnädiges .. Fräulein ..
Irmer ...“

„Mein Herr!“

„Laſſen Sie doch endlich einmal einen anderen
Ton zwiſchen uns aufkommen!“ bat Adam, einen
neckiſch-vorwurfsvollen Accent in der Stimme. „Auf-
richtig, ich ertrage das nicht länger! Sie kennen
mich noch nicht. Sie wiſſen noch nicht, daß ich ein
ſonderbares Gemiſch von .. von Naivetät und ..
und Raffinement bin. Vielleicht coquettire ich auch

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[93/0101] „Ich verſtehe Sie nicht —“ Adam fuhr auf. Er ſtampfte mit dem rechten Fuße indignirt auf den Boden und gab ſich ſehr ungeſammelt. Mit nervöſer Haſt knöpfte er an ſeinen Handſchuhen herum. „Sie wollen mich nicht verſtehen, mein Fräulein! Heiliger Nepomuk! Giebt es denn heute auf Gottes Erd- boden keinen Menſchen mehr, dem man zwanglos, dem man unmittelbar begegnen darf — dem man ſo gegen- übertreten kann, wie es Einem gerade ums Herz iſt — wie man gerade Stimmung hat? — Iſt denn heute das kleinſte Bißchen Unmittelbarkeit verpönt? Soll man Nichts — gar Nichts improviſiren dürfen? — Soll man immer wieder erſt die chineſiſche Mauer der dummen, urdummen conventionellen Redensarten zwiſchen ſich und ſeinen Nächſten ſchieben — ſoll man auf Niemanden mehr ſtracks losgehen? Fräu- lein Hedwig —“ „Mein Name iſt Irmer —“ Adam lachte aufgeräumt. „Bon! Irmer! Sehr liebenswürdig, mein gnädiges .. Fräulein .. Irmer ...“ „Mein Herr!“ „Laſſen Sie doch endlich einmal einen anderen Ton zwiſchen uns aufkommen!“ bat Adam, einen neckiſch-vorwurfsvollen Accent in der Stimme. „Auf- richtig, ich ertrage das nicht länger! Sie kennen mich noch nicht. Sie wiſſen noch nicht, daß ich ein ſonderbares Gemiſch von .. von Naivetät und .. und Raffinement bin. Vielleicht coquettire ich auch

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Zitationshilfe: Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/101>, abgerufen am 26.11.2024.