Collin, Heinrich Joseph von: Coriolan. Berlin, 1804. Sulpitius. Doch dieses Wort, du gabst Vielleicht es mit vorsichtiger Beschränkung --? Coriolan. Nein, unbeschränkt und unbedingt. Sulpitius. So hast Du doch dem Bündniß eine Zeit bestimmt? Coriolan. Ja wohl, und eine schöne lange Zeit -- Bis mich der Tod entbindet, währt der Bund. Sulpitius. Unmöglich! Sohn, du willst bis in den Tod Den Stahl in's Herz des Vaterlandes bohren? Coriolan. Hör', ungestümer Frager, nun auch dies -- Dann schweige; keine Frage mehr! Mein Wort Ist heilig, fest. Ich hab' es hochbeschworen! Sulpitius. Weh mir! Wo ist mein Knabe? Komm hieher! Schnell führe mich hinweg! -- Am besten wär's, Du führtest mich in's Grab! Coriolan. Sulpitius, Du Grausamer! verflucht sey deine Weisheit! Sulpitius. (sich mit dem Haupt auf den Krückenstock neigend.) O weh mir altem tiefgebeugtem Mann! Sulpitius. Doch dieſes Wort, du gabſt Vielleicht es mit vorſichtiger Beſchränkung —? Coriolan. Nein, unbeſchränkt und unbedingt. Sulpitius. So haſt Du doch dem Bündniß eine Zeit beſtimmt? Coriolan. Ja wohl, und eine ſchöne lange Zeit — Bis mich der Tod entbindet, währt der Bund. Sulpitius. Unmöglich! Sohn, du willſt bis in den Tod Den Stahl in’s Herz des Vaterlandes bohren? Coriolan. Hör’, ungeſtümer Frager, nun auch dies — Dann ſchweige; keine Frage mehr! Mein Wort Iſt heilig, feſt. Ich hab’ es hochbeſchworen! Sulpitius. Weh mir! Wo iſt mein Knabe? Komm hieher! Schnell führe mich hinweg! — Am beſten wär’s, Du führteſt mich in’s Grab! Coriolan. Sulpitius, Du Grauſamer! verflucht ſey deine Weisheit! Sulpitius. (ſich mit dem Haupt auf den Krückenſtock neigend.) O weh mir altem tiefgebeugtem Mann! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0094" n="86"/> <sp who="#SUL"> <speaker><hi rendition="#g">Sulpitius</hi>.</speaker><lb/> <p><hi rendition="#et">Doch dieſes Wort, du gabſt</hi><lb/> Vielleicht es mit vorſichtiger Beſchränkung —?</p> </sp><lb/> <sp who="#COR"> <speaker><hi rendition="#g">Coriolan</hi>.</speaker><lb/> <p>Nein, unbeſchränkt und unbedingt.</p> </sp><lb/> <sp who="#SUL"> <speaker><hi rendition="#g">Sulpitius</hi>.</speaker><lb/> <p><hi rendition="#et">So haſt</hi><lb/> Du doch dem Bündniß eine Zeit beſtimmt?</p> </sp><lb/> <sp who="#COR"> <speaker><hi rendition="#g">Coriolan</hi>.</speaker><lb/> <p>Ja wohl, und eine ſchöne lange Zeit —<lb/> Bis mich der Tod entbindet, währt der Bund.</p> </sp><lb/> <sp who="#SUL"> <speaker><hi rendition="#g">Sulpitius</hi>.</speaker><lb/> <p>Unmöglich! Sohn, du willſt bis in den Tod<lb/> Den Stahl in’s Herz des Vaterlandes bohren?</p> </sp><lb/> <sp who="#COR"> <speaker><hi rendition="#g">Coriolan</hi>.</speaker><lb/> <p>Hör’, ungeſtümer Frager, nun auch dies —<lb/> Dann ſchweige; keine Frage mehr! Mein Wort<lb/> Iſt heilig, feſt. Ich hab’ es hochbeſchworen!</p> </sp><lb/> <sp who="#SUL"> <speaker><hi rendition="#g">Sulpitius</hi>.</speaker><lb/> <p>Weh mir! Wo iſt mein Knabe? Komm hieher!<lb/> Schnell führe mich hinweg! — Am beſten wär’s,<lb/> Du führteſt mich in’s Grab!</p> </sp><lb/> <sp who="#COR"> <speaker><hi rendition="#g">Coriolan</hi>.</speaker><lb/> <p><hi rendition="#et">Sulpitius,</hi><lb/> Du Grauſamer! verflucht ſey deine Weisheit!</p> </sp><lb/> <sp who="#SUL"> <speaker><hi rendition="#g">Sulpitius</hi>.</speaker><lb/> <stage>(ſich mit dem Haupt auf den Krückenſtock neigend.)</stage><lb/> <p>O weh mir altem tiefgebeugtem Mann!</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [86/0094]
Sulpitius.
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Vielleicht es mit vorſichtiger Beſchränkung —?
Coriolan.
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Sulpitius.
So haſt
Du doch dem Bündniß eine Zeit beſtimmt?
Coriolan.
Ja wohl, und eine ſchöne lange Zeit —
Bis mich der Tod entbindet, währt der Bund.
Sulpitius.
Unmöglich! Sohn, du willſt bis in den Tod
Den Stahl in’s Herz des Vaterlandes bohren?
Coriolan.
Hör’, ungeſtümer Frager, nun auch dies —
Dann ſchweige; keine Frage mehr! Mein Wort
Iſt heilig, feſt. Ich hab’ es hochbeſchworen!
Sulpitius.
Weh mir! Wo iſt mein Knabe? Komm hieher!
Schnell führe mich hinweg! — Am beſten wär’s,
Du führteſt mich in’s Grab!
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Zitationshilfe: | Collin, Heinrich Joseph von: Coriolan. Berlin, 1804, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/collin_coriolan_1804/94>, abgerufen am 16.07.2024. |