Collin, Heinrich Joseph von: Coriolan. Berlin, 1804.
Ich höre den Sulpitius -- er ruft: "So stirb!" Ich bin allein. Der Augenblick Ist günstig. Muth! Nun Muth! Was klopfst du Herz? Dem Tode beb' ich nicht. Ich bebt' ihm nie. Was säum' ich noch? -- Hinüber in das Land, Wo meiner schon die großen Ahnherren warten; Wo Ancus mich empfängt! Wo Ancus mich Empfängt! Ha wie? so düster -- weh -- er sieht Mich zürnend an -- er weicht mir aus! -- -- So darf Ich nicht vor ihm erscheinen -- -- Nein! so nicht! -- Noch ist's zu früh! Ich muß noch dieses Leben Einkerkern in die widerwill'ge Brust! -- -- -- O theurer Ancus, wenn ich dir einst sage -- "Wahr ist's, vor Rom hab' ich geführt -- den Feind! -- "Er steht nicht mehr vor Rom! Er floh hinweg! "Ich trieb ihn fort! O zürne nicht, mein Vater!" So reichst du mir verzeihend doch die Hand! -- Wohlan! sey wieder Römer, Marcius! Erst Rom befrey'n, und dann! -- Mein Bund! Mein Eyd! -- Wie grausam mich die Wuth des Sturms
Ich höre den Sulpitius — er ruft: »So ſtirb!« Ich bin allein. Der Augenblick Iſt günſtig. Muth! Nun Muth! Was klopfſt du Herz? Dem Tode beb’ ich nicht. Ich bebt’ ihm nie. Was ſäum’ ich noch? — Hinüber in das Land, Wo meiner ſchon die großen Ahnherren warten; Wo Ancus mich empfängt! Wo Ancus mich Empfängt! Ha wie? ſo düſter — weh — er ſieht Mich zürnend an — er weicht mir aus! — — So darf Ich nicht vor ihm erſcheinen — — Nein! ſo nicht! — Noch iſt’s zu früh! Ich muß noch dieſes Leben Einkerkern in die widerwill’ge Bruſt! — — — O theurer Ancus, wenn ich dir einſt ſage — »Wahr iſt’s, vor Rom hab’ ich geführt — den Feind! — »Er ſteht nicht mehr vor Rom! Er floh hinweg! »Ich trieb ihn fort! O zürne nicht, mein Vater!« So reichſt du mir verzeihend doch die Hand! — Wohlan! ſey wieder Römer, Marcius! Erſt Rom befrey’n, und dann! — Mein Bund! Mein Eyd! — Wie grauſam mich die Wuth des Sturms <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#COR"> <p><pb facs="#f0129" n="121"/> Ich höre den Sulpitius — er ruft:<lb/> »So ſtirb!«<lb/><hi rendition="#et">Ich bin allein. Der Augenblick</hi><lb/> Iſt günſtig. Muth! Nun Muth! Was klopfſt du<lb/> Herz?<lb/> Dem Tode beb’ ich nicht. Ich bebt’ ihm nie.<lb/> Was ſäum’ ich noch? — Hinüber in das Land,<lb/> Wo meiner ſchon die großen Ahnherren warten;<lb/> Wo Ancus mich empfängt!<lb/><hi rendition="#et">Wo Ancus mich</hi><lb/> Empfängt! Ha wie? ſo düſter — weh — er ſieht<lb/> Mich zürnend an — er weicht mir aus! — — So<lb/> darf<lb/> Ich nicht vor ihm erſcheinen — — Nein! ſo nicht! —<lb/> Noch iſt’s zu früh! Ich muß noch dieſes Leben<lb/> Einkerkern in die widerwill’ge Bruſt! — — —</p><lb/> <p>O theurer Ancus, wenn ich dir einſt ſage —<lb/> »Wahr iſt’s, vor Rom hab’ <hi rendition="#g">ich</hi> geführt — den<lb/> Feind! —<lb/> »Er ſteht nicht mehr vor Rom! Er floh hinweg!<lb/> »Ich trieb ihn fort! O zürne nicht, mein Vater!«<lb/> So reichſt du mir verzeihend doch die Hand!<lb/> — Wohlan! ſey wieder Römer, Marcius!<lb/> Erſt Rom befrey’n, und dann! —<lb/><hi rendition="#et">Mein Bund!</hi><lb/> Mein Eyd! — Wie grauſam mich die Wuth des<lb/> Sturms<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [121/0129]
Ich höre den Sulpitius — er ruft:
»So ſtirb!«
Ich bin allein. Der Augenblick
Iſt günſtig. Muth! Nun Muth! Was klopfſt du
Herz?
Dem Tode beb’ ich nicht. Ich bebt’ ihm nie.
Was ſäum’ ich noch? — Hinüber in das Land,
Wo meiner ſchon die großen Ahnherren warten;
Wo Ancus mich empfängt!
Wo Ancus mich
Empfängt! Ha wie? ſo düſter — weh — er ſieht
Mich zürnend an — er weicht mir aus! — — So
darf
Ich nicht vor ihm erſcheinen — — Nein! ſo nicht! —
Noch iſt’s zu früh! Ich muß noch dieſes Leben
Einkerkern in die widerwill’ge Bruſt! — — —
O theurer Ancus, wenn ich dir einſt ſage —
»Wahr iſt’s, vor Rom hab’ ich geführt — den
Feind! —
»Er ſteht nicht mehr vor Rom! Er floh hinweg!
»Ich trieb ihn fort! O zürne nicht, mein Vater!«
So reichſt du mir verzeihend doch die Hand!
— Wohlan! ſey wieder Römer, Marcius!
Erſt Rom befrey’n, und dann! —
Mein Bund!
Mein Eyd! — Wie grauſam mich die Wuth des
Sturms
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Zitationshilfe: | Collin, Heinrich Joseph von: Coriolan. Berlin, 1804, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/collin_coriolan_1804/129>, abgerufen am 16.02.2025. |