Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896.der Hand, daß jede Maßregel, die das Heirathen befördert, Jndessen, es ist noch etwas Anderes dabei im Spiel. Nun mag es Aenderungen unserer Gesetze geben, die an der Hand, daß jede Maßregel, die das Heirathen befördert, Jndessen, es ist noch etwas Anderes dabei im Spiel. Nun mag es Aenderungen unserer Gesetze geben, die an <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0080" n="64"/> der Hand, daß jede Maßregel, die das Heirathen befördert,<lb/> auch die Volksvermehrung befördert, ob man diesen letzteren<lb/> Zweck dabei im Auge hat oder nicht.</p><lb/> <p>Jndessen, es ist noch etwas Anderes dabei im Spiel.<lb/> Jener Mangel an Unterscheidung der socialen Schichten, den<lb/> wir vorhin schon bemerkten, jene Verwechselung gewisser engerer<lb/> Mittelschichten mit der Gesammtheit der Gesellschaft und zugleich<lb/> die Unmöglichkeit, durch eine zuverlässige Statistik diese Schei-<lb/> dung festzustellen – das ist es, was auch hier die Unklarheit<lb/> verschuldet. Es mögen wer weiß wie gute Gründe vorhanden<lb/> sein, die Wahlrechte des Reiches einzuschränken; aber wahrlich<lb/> kein Grund ist vorhanden, die Menge der frühzeitigen und<lb/> leichtsinnigen Eheschließungen in den Millionen der deutschen<lb/> Bevölkerung zu vermehren. Jn der That denkt man auch<lb/> nicht daran; man hat andere Leute im Auge, die man durch<lb/> politische Entmündigung und durch Steuererhöhung treffen will.<lb/> Es ist abermals die subjective Beobachtung gewisser Erschei-<lb/> nungen der Umgebung, die, statistisch nicht umschrieben, in<lb/> ihrer nebelhaften Größe über ihre wirklich sociale Tragweite<lb/> täuschen. Man sieht den wohlsituirten Junggesellen vor sich,<lb/> der aus Egoismus (wie es schon Wappäus in seiner „Allge-<lb/> meinen Bevölkerungsstatistik“ genannt hat), nicht heirathet, um<lb/> ein desto behaglicheres Leben zu führen, statt daß er die Sorgen<lb/> einer Familie und die Lasten der Kindererziehung auf sich<lb/> nimmt. Man sieht diese Kategorie von Fällen, je nach der<lb/> Stärke der Phantasie, in einer beliebigen Zahl vor sich und<lb/> fragt, wie vielen braven Mädchen geholfen werden könnte, wenn<lb/> diese Hagestolzen zu bekehren wären.</p><lb/> <p>Nun mag es Aenderungen unserer Gesetze geben, die an<lb/> sich vortrefflich wären – so etwa eine weitere Ausbildung<lb/> unserer Einkommens- und Vermögenssteuern im Sinne der<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [64/0080]
der Hand, daß jede Maßregel, die das Heirathen befördert,
auch die Volksvermehrung befördert, ob man diesen letzteren
Zweck dabei im Auge hat oder nicht.
Jndessen, es ist noch etwas Anderes dabei im Spiel.
Jener Mangel an Unterscheidung der socialen Schichten, den
wir vorhin schon bemerkten, jene Verwechselung gewisser engerer
Mittelschichten mit der Gesammtheit der Gesellschaft und zugleich
die Unmöglichkeit, durch eine zuverlässige Statistik diese Schei-
dung festzustellen – das ist es, was auch hier die Unklarheit
verschuldet. Es mögen wer weiß wie gute Gründe vorhanden
sein, die Wahlrechte des Reiches einzuschränken; aber wahrlich
kein Grund ist vorhanden, die Menge der frühzeitigen und
leichtsinnigen Eheschließungen in den Millionen der deutschen
Bevölkerung zu vermehren. Jn der That denkt man auch
nicht daran; man hat andere Leute im Auge, die man durch
politische Entmündigung und durch Steuererhöhung treffen will.
Es ist abermals die subjective Beobachtung gewisser Erschei-
nungen der Umgebung, die, statistisch nicht umschrieben, in
ihrer nebelhaften Größe über ihre wirklich sociale Tragweite
täuschen. Man sieht den wohlsituirten Junggesellen vor sich,
der aus Egoismus (wie es schon Wappäus in seiner „Allge-
meinen Bevölkerungsstatistik“ genannt hat), nicht heirathet, um
ein desto behaglicheres Leben zu führen, statt daß er die Sorgen
einer Familie und die Lasten der Kindererziehung auf sich
nimmt. Man sieht diese Kategorie von Fällen, je nach der
Stärke der Phantasie, in einer beliebigen Zahl vor sich und
fragt, wie vielen braven Mädchen geholfen werden könnte, wenn
diese Hagestolzen zu bekehren wären.
Nun mag es Aenderungen unserer Gesetze geben, die an
sich vortrefflich wären – so etwa eine weitere Ausbildung
unserer Einkommens- und Vermögenssteuern im Sinne der
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription.
(2021-02-18T15:54:56Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt, Juliane Nau: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2021-02-18T15:54:56Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |