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Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896.

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mittellosen Mädchen sind jene bemittelten Frauen, welche der
Würze des Lebens, der pflichtmäßigen Arbeit, entbehren, ja
ihrer scheinbar überhoben werden. Der Mangel an Lebens-
inhalt und Lebenszweck ist das Kreuz gerade der bemittelten
Frauen. Die Hülfe liegt darin, daß die Frau neue Arbeit,
neue Pflichten erhält. Denn nur dasjenige Leben ist ein sitt-
liches, welches auf pflichtmäßiger Arbeit beruht.

Welches sollen nun die neuen Pflichten sein? Die Grenzen
für die Scheidung der Berufsarten zwischen den Geschlechtern
liegen in der objectiven Norm, welche die Natur selber angibt.
Die Natur sagt: Mann und Weib sind differencirt, um zu ver-
schiedenen - gleichwerthigen, aber andersartigen - Aufgaben
geschickt zu sein. Jn der Naturanlage des Weibes haben wir
einen Fingerzeig für die Arbeitstheilung der Geschlechter und
für das Arbeitsgebiet der Frau. Von Natur wegen ist die
Mütterlichkeit der Kernpunkt aller Weiblichkeit und dadurch das
Haus, das Kind mit aller dazu gehörigen Pflege. Hieraus
ergeben sich alle jene Berufsarten, die an das Haus anknüpfen,
ergibt sich der Hauptantheil an der Erziehung und dem Unter-
richt in den untersten Classen aller Schulen, ein wesentlicher
Antheil an den Hauptfächern auch der obersten Classen der
Mädchenschulen. Es ergibt sich ferner das Recht auf medicinische
Ausbildung zur Frauen- und Kinderärztin. Aus der für-
sorgenden Familienarbeit der Frau wird endlich die Pflicht ab-
geleitet, in der Gemeinde zu wirken, nicht nur in stiller Liebes-
thätigkeit, sondern auch berufsmäßig, in der Armen- und Waisen-
pflege, in der Wittwenversorgung, im Armenwesen u. s. w.

Für diese Lebensaufgabe lernt heute das junge Mädchen
der gebildeten Stände obligatorisch - nichts; seine Ausbildung
ist dem Zufall überlassen. Ob es später heirathet oder nicht,
diese Ausbildung ist für jedes weibliche Wesen nothwendig.

mittellosen Mädchen sind jene bemittelten Frauen, welche der
Würze des Lebens, der pflichtmäßigen Arbeit, entbehren, ja
ihrer scheinbar überhoben werden. Der Mangel an Lebens-
inhalt und Lebenszweck ist das Kreuz gerade der bemittelten
Frauen. Die Hülfe liegt darin, daß die Frau neue Arbeit,
neue Pflichten erhält. Denn nur dasjenige Leben ist ein sitt-
liches, welches auf pflichtmäßiger Arbeit beruht.

Welches sollen nun die neuen Pflichten sein? Die Grenzen
für die Scheidung der Berufsarten zwischen den Geschlechtern
liegen in der objectiven Norm, welche die Natur selber angibt.
Die Natur sagt: Mann und Weib sind differencirt, um zu ver-
schiedenen – gleichwerthigen, aber andersartigen – Aufgaben
geschickt zu sein. Jn der Naturanlage des Weibes haben wir
einen Fingerzeig für die Arbeitstheilung der Geschlechter und
für das Arbeitsgebiet der Frau. Von Natur wegen ist die
Mütterlichkeit der Kernpunkt aller Weiblichkeit und dadurch das
Haus, das Kind mit aller dazu gehörigen Pflege. Hieraus
ergeben sich alle jene Berufsarten, die an das Haus anknüpfen,
ergibt sich der Hauptantheil an der Erziehung und dem Unter-
richt in den untersten Classen aller Schulen, ein wesentlicher
Antheil an den Hauptfächern auch der obersten Classen der
Mädchenschulen. Es ergibt sich ferner das Recht auf medicinische
Ausbildung zur Frauen- und Kinderärztin. Aus der für-
sorgenden Familienarbeit der Frau wird endlich die Pflicht ab-
geleitet, in der Gemeinde zu wirken, nicht nur in stiller Liebes-
thätigkeit, sondern auch berufsmäßig, in der Armen- und Waisen-
pflege, in der Wittwenversorgung, im Armenwesen u. s. w.

Für diese Lebensaufgabe lernt heute das junge Mädchen
der gebildeten Stände obligatorisch – nichts; seine Ausbildung
ist dem Zufall überlassen. Ob es später heirathet oder nicht,
diese Ausbildung ist für jedes weibliche Wesen nothwendig.

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[47/0063] mittellosen Mädchen sind jene bemittelten Frauen, welche der Würze des Lebens, der pflichtmäßigen Arbeit, entbehren, ja ihrer scheinbar überhoben werden. Der Mangel an Lebens- inhalt und Lebenszweck ist das Kreuz gerade der bemittelten Frauen. Die Hülfe liegt darin, daß die Frau neue Arbeit, neue Pflichten erhält. Denn nur dasjenige Leben ist ein sitt- liches, welches auf pflichtmäßiger Arbeit beruht. Welches sollen nun die neuen Pflichten sein? Die Grenzen für die Scheidung der Berufsarten zwischen den Geschlechtern liegen in der objectiven Norm, welche die Natur selber angibt. Die Natur sagt: Mann und Weib sind differencirt, um zu ver- schiedenen – gleichwerthigen, aber andersartigen – Aufgaben geschickt zu sein. Jn der Naturanlage des Weibes haben wir einen Fingerzeig für die Arbeitstheilung der Geschlechter und für das Arbeitsgebiet der Frau. Von Natur wegen ist die Mütterlichkeit der Kernpunkt aller Weiblichkeit und dadurch das Haus, das Kind mit aller dazu gehörigen Pflege. Hieraus ergeben sich alle jene Berufsarten, die an das Haus anknüpfen, ergibt sich der Hauptantheil an der Erziehung und dem Unter- richt in den untersten Classen aller Schulen, ein wesentlicher Antheil an den Hauptfächern auch der obersten Classen der Mädchenschulen. Es ergibt sich ferner das Recht auf medicinische Ausbildung zur Frauen- und Kinderärztin. Aus der für- sorgenden Familienarbeit der Frau wird endlich die Pflicht ab- geleitet, in der Gemeinde zu wirken, nicht nur in stiller Liebes- thätigkeit, sondern auch berufsmäßig, in der Armen- und Waisen- pflege, in der Wittwenversorgung, im Armenwesen u. s. w. Für diese Lebensaufgabe lernt heute das junge Mädchen der gebildeten Stände obligatorisch – nichts; seine Ausbildung ist dem Zufall überlassen. Ob es später heirathet oder nicht, diese Ausbildung ist für jedes weibliche Wesen nothwendig.

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Zitationshilfe: Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cohn_frauenbewegung_1896/63>, abgerufen am 28.11.2024.