trage spendete ein Pfarrer nicht nur Beifall, er sprach auch die Hoffnung aus, daß Frauen einstmals Predigerinnen würden, als die edelsten Trägerinnen der Religion.
Vorsichtiger war der Allgemeine Deutsche Frauenverein gegenüber wiederholten Anträgen, die bezeichnender Weise von Männern kamen, "sich gegen die Ausschreitungen und Geschmack- losigkeiten der Mode zu erklären". Die Versammlung erkannte solche Erklärung zwar als wünschenswerth an, traute sich aber auf diesem Gebiete keinen bahnbrechenden Einfluß zu und gab es auf, Zeit und Kraft an aussichtslose Aufgaben zu ver- schwenden. Ja, man verhöhnte diesen Antrag als die "See- schlange aller Frauentage".
Allmählich erhielt der Verein Mittel, um Stipendien für studirende Mädchen zu gewähren, seit dem Jahre 1884 an zwei Studirende der Medicin in Zürich, später an zwei Mädchen, die sich zum Maturitätsexamen vorbereiteten. Auf eine Schenkung von 20000 Mark für diesen Zweck folgte im Jahre 1886 eine zweite in Höhe von 30000 Mark; vorher und nachher kleinere Summen; dann im Jahre 1888 eine Schenkung von 80000 Mark, die für ein später zu errichtendes Mädchengymnasium bestimmt wurde. Jm Jahre 1888 richtete der Verein gleich- lautende Petitionen an die deutschen Landesregierungen, damit den Frauen das Studium der Medicin an den Universitäten freigegeben und daß sie zu den erforderlichen Prüfungen zu- gelassen werden, sowie ferner, daß ein Gleiches für die Vor- bereitung zum wissenschaftlichen Lehrberuf geschehe.
Hiermit ging aber die Wirksamkeit für nähere Ziele und elementarere Zwecke so sehr Hand in Hand, daß sich der All- gemeine Deutsche Frauenverein dem Lette-Verein durchaus ver- wandt fühlte und seit dem Jahre 1876 ein Cartell mit diesem
trage spendete ein Pfarrer nicht nur Beifall, er sprach auch die Hoffnung aus, daß Frauen einstmals Predigerinnen würden, als die edelsten Trägerinnen der Religion.
Vorsichtiger war der Allgemeine Deutsche Frauenverein gegenüber wiederholten Anträgen, die bezeichnender Weise von Männern kamen, „sich gegen die Ausschreitungen und Geschmack- losigkeiten der Mode zu erklären“. Die Versammlung erkannte solche Erklärung zwar als wünschenswerth an, traute sich aber auf diesem Gebiete keinen bahnbrechenden Einfluß zu und gab es auf, Zeit und Kraft an aussichtslose Aufgaben zu ver- schwenden. Ja, man verhöhnte diesen Antrag als die „See- schlange aller Frauentage“.
Allmählich erhielt der Verein Mittel, um Stipendien für studirende Mädchen zu gewähren, seit dem Jahre 1884 an zwei Studirende der Medicin in Zürich, später an zwei Mädchen, die sich zum Maturitätsexamen vorbereiteten. Auf eine Schenkung von 20000 Mark für diesen Zweck folgte im Jahre 1886 eine zweite in Höhe von 30000 Mark; vorher und nachher kleinere Summen; dann im Jahre 1888 eine Schenkung von 80000 Mark, die für ein später zu errichtendes Mädchengymnasium bestimmt wurde. Jm Jahre 1888 richtete der Verein gleich- lautende Petitionen an die deutschen Landesregierungen, damit den Frauen das Studium der Medicin an den Universitäten freigegeben und daß sie zu den erforderlichen Prüfungen zu- gelassen werden, sowie ferner, daß ein Gleiches für die Vor- bereitung zum wissenschaftlichen Lehrberuf geschehe.
Hiermit ging aber die Wirksamkeit für nähere Ziele und elementarere Zwecke so sehr Hand in Hand, daß sich der All- gemeine Deutsche Frauenverein dem Lette-Verein durchaus ver- wandt fühlte und seit dem Jahre 1876 ein Cartell mit diesem
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trage spendete ein Pfarrer nicht nur Beifall, er sprach auch die
Hoffnung aus, daß Frauen einstmals Predigerinnen würden,
als die edelsten Trägerinnen der Religion.
Vorsichtiger war der Allgemeine Deutsche Frauenverein
gegenüber wiederholten Anträgen, die bezeichnender Weise von
Männern kamen, „sich gegen die Ausschreitungen und Geschmack-
losigkeiten der Mode zu erklären“. Die Versammlung erkannte
solche Erklärung zwar als wünschenswerth an, traute sich aber
auf diesem Gebiete keinen bahnbrechenden Einfluß zu und gab
es auf, Zeit und Kraft an aussichtslose Aufgaben zu ver-
schwenden. Ja, man verhöhnte diesen Antrag als die „See-
schlange aller Frauentage“.
Allmählich erhielt der Verein Mittel, um Stipendien für
studirende Mädchen zu gewähren, seit dem Jahre 1884 an zwei
Studirende der Medicin in Zürich, später an zwei Mädchen,
die sich zum Maturitätsexamen vorbereiteten. Auf eine Schenkung
von 20000 Mark für diesen Zweck folgte im Jahre 1886 eine
zweite in Höhe von 30000 Mark; vorher und nachher kleinere
Summen; dann im Jahre 1888 eine Schenkung von 80000
Mark, die für ein später zu errichtendes Mädchengymnasium
bestimmt wurde. Jm Jahre 1888 richtete der Verein gleich-
lautende Petitionen an die deutschen Landesregierungen, damit
den Frauen das Studium der Medicin an den Universitäten
freigegeben und daß sie zu den erforderlichen Prüfungen zu-
gelassen werden, sowie ferner, daß ein Gleiches für die Vor-
bereitung zum wissenschaftlichen Lehrberuf geschehe.
Hiermit ging aber die Wirksamkeit für nähere Ziele und
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Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cohn_frauenbewegung_1896/39>, abgerufen am 16.07.2024.
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