Jn den Aufzeichnungen einer Veteranin der deutschen Frauenbewegung, der Frau Louise Otto-Peters, finden wir die Mittheilung, daß sie, angeregt von dem neuen Hauche der dreißiger Jahre, im Jahre 1844 begonnen habe, in den von Robert Blum in Leipzig herausgegebenen "Vaterlandsblättern" das Recht der Selbständigkeit ihres Geschlechts zu vertreten; daß sie dann im Jahre 1849 eine "Frauenzeitung" gegründet habe, die drei Jahre lang "jedem Frauenfortschritt huldigte". Auch Frauenvereine entstanden in jener Zeit; doch aus ihren Trümmern blieben nur diejenigen übrig, die dem Wohlthun dienten, und von den Frauenzeitungen nur die Modenzeitungen. Das war die erste Epoche; sie war kurz und unerheblich.
Die zweite Epoche beginnt in den Jahren der Neuen Aera. Sie fängt im Stillen an, ergreift einzelne praktische Aufgaben, die im Bereiche weiblicher Thätigkeit liegen; sie knüpft daran neue Aufgaben ähnlicher Art und erweitert durch ihre eigene Wirksamkeit den Spielraum weiblicher Thätigkeit. Die Vereine zur Beförderung Fröbel'scher Kindergärten eröffnen die Reihe. Friedrich Fröbel war es gewesen, der die Frauen zur freien Vereinsthätigkeit aufgerufen, der mit der Kindererziehung den erhöhten Beruf der Mütter und Frauen verbunden hatte. Der preußische "Centralverein für das Wohl der arbeitenden Classen", der seit dem Jahre 1844 für mancherlei gemeinnützige Be- strebungen als Urheber oder Förderer gedient hatte, räumte die (polizeilichen) Schwierigkeiten fort, die dem Berliner Frauen- verein für Kindergärten im Wege standen. Bald aber war es derselbe Centralverein, welcher die größere Frage einer Er- weiterung der Erwerbsquellen für das weibliche Geschlecht in Behandlung nahm. Der Vorsitzende des Vereins, Präsident Lette, legte im October 1865 dem Vorstande eine Denkschrift vor, welche dieses einleitete. Sie knüpfte an manche Regungen
Jn den Aufzeichnungen einer Veteranin der deutschen Frauenbewegung, der Frau Louise Otto-Peters, finden wir die Mittheilung, daß sie, angeregt von dem neuen Hauche der dreißiger Jahre, im Jahre 1844 begonnen habe, in den von Robert Blum in Leipzig herausgegebenen „Vaterlandsblättern“ das Recht der Selbständigkeit ihres Geschlechts zu vertreten; daß sie dann im Jahre 1849 eine „Frauenzeitung“ gegründet habe, die drei Jahre lang „jedem Frauenfortschritt huldigte“. Auch Frauenvereine entstanden in jener Zeit; doch aus ihren Trümmern blieben nur diejenigen übrig, die dem Wohlthun dienten, und von den Frauenzeitungen nur die Modenzeitungen. Das war die erste Epoche; sie war kurz und unerheblich.
Die zweite Epoche beginnt in den Jahren der Neuen Aera. Sie fängt im Stillen an, ergreift einzelne praktische Aufgaben, die im Bereiche weiblicher Thätigkeit liegen; sie knüpft daran neue Aufgaben ähnlicher Art und erweitert durch ihre eigene Wirksamkeit den Spielraum weiblicher Thätigkeit. Die Vereine zur Beförderung Fröbel'scher Kindergärten eröffnen die Reihe. Friedrich Fröbel war es gewesen, der die Frauen zur freien Vereinsthätigkeit aufgerufen, der mit der Kindererziehung den erhöhten Beruf der Mütter und Frauen verbunden hatte. Der preußische „Centralverein für das Wohl der arbeitenden Classen“, der seit dem Jahre 1844 für mancherlei gemeinnützige Be- strebungen als Urheber oder Förderer gedient hatte, räumte die (polizeilichen) Schwierigkeiten fort, die dem Berliner Frauen- verein für Kindergärten im Wege standen. Bald aber war es derselbe Centralverein, welcher die größere Frage einer Er- weiterung der Erwerbsquellen für das weibliche Geschlecht in Behandlung nahm. Der Vorsitzende des Vereins, Präsident Lette, legte im October 1865 dem Vorstande eine Denkschrift vor, welche dieses einleitete. Sie knüpfte an manche Regungen
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Jn den Aufzeichnungen einer Veteranin der deutschen
Frauenbewegung, der Frau Louise Otto-Peters, finden wir die
Mittheilung, daß sie, angeregt von dem neuen Hauche der
dreißiger Jahre, im Jahre 1844 begonnen habe, in den von
Robert Blum in Leipzig herausgegebenen „Vaterlandsblättern“
das Recht der Selbständigkeit ihres Geschlechts zu vertreten;
daß sie dann im Jahre 1849 eine „Frauenzeitung“ gegründet
habe, die drei Jahre lang „jedem Frauenfortschritt huldigte“.
Auch Frauenvereine entstanden in jener Zeit; doch aus ihren
Trümmern blieben nur diejenigen übrig, die dem Wohlthun
dienten, und von den Frauenzeitungen nur die Modenzeitungen.
Das war die erste Epoche; sie war kurz und unerheblich.
Die zweite Epoche beginnt in den Jahren der Neuen Aera.
Sie fängt im Stillen an, ergreift einzelne praktische Aufgaben,
die im Bereiche weiblicher Thätigkeit liegen; sie knüpft daran
neue Aufgaben ähnlicher Art und erweitert durch ihre eigene
Wirksamkeit den Spielraum weiblicher Thätigkeit. Die Vereine
zur Beförderung Fröbel'scher Kindergärten eröffnen die Reihe.
Friedrich Fröbel war es gewesen, der die Frauen zur freien
Vereinsthätigkeit aufgerufen, der mit der Kindererziehung den
erhöhten Beruf der Mütter und Frauen verbunden hatte. Der
preußische „Centralverein für das Wohl der arbeitenden Classen“,
der seit dem Jahre 1844 für mancherlei gemeinnützige Be-
strebungen als Urheber oder Förderer gedient hatte, räumte die
(polizeilichen) Schwierigkeiten fort, die dem Berliner Frauen-
verein für Kindergärten im Wege standen. Bald aber war es
derselbe Centralverein, welcher die größere Frage einer Er-
weiterung der Erwerbsquellen für das weibliche Geschlecht in
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Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cohn_frauenbewegung_1896/30>, abgerufen am 17.07.2024.
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