Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite

kann namentlich nicht eine traditionelle Ueberlegenheit dessen,
was England geleistet, über das, was Deutschland hat, zu-
gestanden werden. Jm gesammten Gebiete des Unterrichts viel-
mehr nimmt Deutschland seit Jahrhunderten für sich in An-
spruch, den Vortritt zu haben, ob man nun die breiten Massen
des Volkes und der Volksschulen oder die hochragenden Gipfel
des Unterrichts, die Universitäten und die neueren technischen
Hochschulen, im Auge hat. Ja, England ist es und nicht
England allein, welches diese Ueberlegenheit der deutschen Schul-
einrichtungen kennt und in neuester Zeit auf manchen Gebieten
durch thatsächliche Befolgung der deutschen Muster anerkannt
hat. Etwa gerade das Gegenstück zu dem Verhältniß wechsel-
seitiger Abhängigkeit und Geltung, wie bei der Gestaltung der
freien Verfassungsformen. Die Art, wie in den letzten Jahr-
zehnten England (Frankreich, Jtalien) den Vorbildern des
deutschen Volksunterrichts gefolgt ist, nachdem diese Staaten
ihn Jahrhunderte lang vernachlässigt hatten; die Art, wie der
Aufschwung der deutschen Jndustrie die einst unbesiegbar schei-
nenden Engländer auf eine wichtige Quelle dieses Aufschwungs
zurückgeführt, wie sie den technischen Unterricht der Deutschen,
den Zusammenhang desselben mit der Universitätswissenschaft
und den Fortschritten der Naturforschung zum Vorbilde ge-
nommen; der Eifer endlich, den alle Nationen, am meisten die
praktischen Amerikaner, zeigen, die Leistungen der deutschen
Universitäten auf allen Gebieten der Wissenschaft in deren
Heimath kennen zu lernen und in die eigene Heimath hinüber-
zutragen - alles das beweist hinreichend, welche Stellung Deutsch-
land in diesen Dingen gegenüber den anderen Nationen ein-
nimmt, wenn man sich auch vor dem Beispiele Derer hüten
soll, die, den Pariser Jargon nach Berlin verpflanzend, von
"der ersten Universität der Welt" zu reden beginnen. Was

kann namentlich nicht eine traditionelle Ueberlegenheit dessen,
was England geleistet, über das, was Deutschland hat, zu-
gestanden werden. Jm gesammten Gebiete des Unterrichts viel-
mehr nimmt Deutschland seit Jahrhunderten für sich in An-
spruch, den Vortritt zu haben, ob man nun die breiten Massen
des Volkes und der Volksschulen oder die hochragenden Gipfel
des Unterrichts, die Universitäten und die neueren technischen
Hochschulen, im Auge hat. Ja, England ist es und nicht
England allein, welches diese Ueberlegenheit der deutschen Schul-
einrichtungen kennt und in neuester Zeit auf manchen Gebieten
durch thatsächliche Befolgung der deutschen Muster anerkannt
hat. Etwa gerade das Gegenstück zu dem Verhältniß wechsel-
seitiger Abhängigkeit und Geltung, wie bei der Gestaltung der
freien Verfassungsformen. Die Art, wie in den letzten Jahr-
zehnten England (Frankreich, Jtalien) den Vorbildern des
deutschen Volksunterrichts gefolgt ist, nachdem diese Staaten
ihn Jahrhunderte lang vernachlässigt hatten; die Art, wie der
Aufschwung der deutschen Jndustrie die einst unbesiegbar schei-
nenden Engländer auf eine wichtige Quelle dieses Aufschwungs
zurückgeführt, wie sie den technischen Unterricht der Deutschen,
den Zusammenhang desselben mit der Universitätswissenschaft
und den Fortschritten der Naturforschung zum Vorbilde ge-
nommen; der Eifer endlich, den alle Nationen, am meisten die
praktischen Amerikaner, zeigen, die Leistungen der deutschen
Universitäten auf allen Gebieten der Wissenschaft in deren
Heimath kennen zu lernen und in die eigene Heimath hinüber-
zutragen – alles das beweist hinreichend, welche Stellung Deutsch-
land in diesen Dingen gegenüber den anderen Nationen ein-
nimmt, wenn man sich auch vor dem Beispiele Derer hüten
soll, die, den Pariser Jargon nach Berlin verpflanzend, von
„der ersten Universität der Welt“ zu reden beginnen. Was

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0184" n="168"/>
kann namentlich nicht eine traditionelle Ueberlegenheit dessen,<lb/>
was England geleistet, über das, was Deutschland hat, zu-<lb/>
gestanden werden. Jm gesammten Gebiete des Unterrichts viel-<lb/>
mehr nimmt Deutschland seit Jahrhunderten für sich in An-<lb/>
spruch, den Vortritt zu haben, ob man nun die breiten Massen<lb/>
des Volkes und der Volksschulen oder die hochragenden Gipfel<lb/>
des Unterrichts, die Universitäten und die neueren technischen<lb/>
Hochschulen, im Auge hat. Ja, England ist es und nicht<lb/>
England allein, welches diese Ueberlegenheit der deutschen Schul-<lb/>
einrichtungen kennt und in neuester Zeit auf manchen Gebieten<lb/>
durch thatsächliche Befolgung der deutschen Muster anerkannt<lb/>
hat. Etwa gerade das Gegenstück zu dem Verhältniß wechsel-<lb/>
seitiger Abhängigkeit und Geltung, wie bei der Gestaltung der<lb/>
freien Verfassungsformen. Die Art, wie in den letzten Jahr-<lb/>
zehnten England (Frankreich, Jtalien) den Vorbildern des<lb/>
deutschen Volksunterrichts gefolgt ist, nachdem diese Staaten<lb/>
ihn Jahrhunderte lang vernachlässigt hatten; die Art, wie der<lb/>
Aufschwung der deutschen Jndustrie die einst unbesiegbar schei-<lb/>
nenden Engländer auf eine wichtige Quelle dieses Aufschwungs<lb/>
zurückgeführt, wie sie den technischen Unterricht der Deutschen,<lb/>
den Zusammenhang desselben mit der Universitätswissenschaft<lb/>
und den Fortschritten der Naturforschung zum Vorbilde ge-<lb/>
nommen; der Eifer endlich, den alle Nationen, am meisten die<lb/>
praktischen Amerikaner, zeigen, die Leistungen der deutschen<lb/>
Universitäten auf allen Gebieten der Wissenschaft in deren<lb/>
Heimath kennen zu lernen und in die eigene Heimath hinüber-<lb/>
zutragen &#x2013; alles das beweist hinreichend, welche Stellung Deutsch-<lb/>
land in diesen Dingen gegenüber den anderen Nationen ein-<lb/>
nimmt, wenn man sich auch vor dem Beispiele Derer hüten<lb/>
soll, die, den Pariser Jargon nach Berlin verpflanzend, von<lb/>
&#x201E;der ersten Universität der Welt&#x201C; zu reden beginnen. Was<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[168/0184] kann namentlich nicht eine traditionelle Ueberlegenheit dessen, was England geleistet, über das, was Deutschland hat, zu- gestanden werden. Jm gesammten Gebiete des Unterrichts viel- mehr nimmt Deutschland seit Jahrhunderten für sich in An- spruch, den Vortritt zu haben, ob man nun die breiten Massen des Volkes und der Volksschulen oder die hochragenden Gipfel des Unterrichts, die Universitäten und die neueren technischen Hochschulen, im Auge hat. Ja, England ist es und nicht England allein, welches diese Ueberlegenheit der deutschen Schul- einrichtungen kennt und in neuester Zeit auf manchen Gebieten durch thatsächliche Befolgung der deutschen Muster anerkannt hat. Etwa gerade das Gegenstück zu dem Verhältniß wechsel- seitiger Abhängigkeit und Geltung, wie bei der Gestaltung der freien Verfassungsformen. Die Art, wie in den letzten Jahr- zehnten England (Frankreich, Jtalien) den Vorbildern des deutschen Volksunterrichts gefolgt ist, nachdem diese Staaten ihn Jahrhunderte lang vernachlässigt hatten; die Art, wie der Aufschwung der deutschen Jndustrie die einst unbesiegbar schei- nenden Engländer auf eine wichtige Quelle dieses Aufschwungs zurückgeführt, wie sie den technischen Unterricht der Deutschen, den Zusammenhang desselben mit der Universitätswissenschaft und den Fortschritten der Naturforschung zum Vorbilde ge- nommen; der Eifer endlich, den alle Nationen, am meisten die praktischen Amerikaner, zeigen, die Leistungen der deutschen Universitäten auf allen Gebieten der Wissenschaft in deren Heimath kennen zu lernen und in die eigene Heimath hinüber- zutragen – alles das beweist hinreichend, welche Stellung Deutsch- land in diesen Dingen gegenüber den anderen Nationen ein- nimmt, wenn man sich auch vor dem Beispiele Derer hüten soll, die, den Pariser Jargon nach Berlin verpflanzend, von „der ersten Universität der Welt“ zu reden beginnen. Was

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2021-02-18T15:54:56Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt, Juliane Nau: Bearbeitung der digitalen Edition. (2021-02-18T15:54:56Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cohn_frauenbewegung_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cohn_frauenbewegung_1896/184
Zitationshilfe: Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cohn_frauenbewegung_1896/184>, abgerufen am 18.12.2024.