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Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896.

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Ueberfüllung schreit nach Abhülfe, und hier muß Luft und Licht
gewährt werden, selbst auf die Gefahr hin, daß daraus Be-
schwerden für andere Theile der Gesellschaft entstehen. Jm
Uebrigen wird für diese letzteren dadurch keine neue Schwierig-
keit erzeugt. Eine regellose Zufuhr von Arbeitskräften in irgend
einem Beruf straft sich auch dann, wenn männliche Arbeiter
allein es sind, die sich ihm anbieten. Selbst in den studirten
Berufsarten kennt man diese Erscheinung und ihre Folgen.
Die Abhülfe derselben liegt nicht in mechanischen Mitteln, in
der Abschließung eines Berufes, sondern in der Anwendung
vernünftiger Erwägungen, zufolge deren eine immer gewissen-
haftere Selbstprüfung der zuströmenden Kräfte über ihren inneren
Beruf, eine immer ernsthaftere Ausbildung für die Ausübung
desselben stattfindet. Bleiben die Unberufenen und Untüchtigen
zurück, so wird einiger Platz offen bleiben für neue Elemente.

Solch eine Mahnung zu besseren Leistungen ist allerdings
unbequemer als die von der anderen Seite kommende Be-
hauptung, die Leistungen des neuen Wettbewerbes würden die
schlechteren sein und das herkömmliche Niveau herabdrücken.
Hiefür kommen in erster Reihe die eminent qualificirten
Leistungen in Betracht, und es liegt nahe, von der Ausübung

Kindererzieherin nur so viel gilt wie die einer besseren (?) Köchin,
und eine Wirthschafterin im Preise einer Vertreterin der Hausfrau
gleichsteht". Noch ärger ist das, was in den unteren Schichten weib-
licher Arbeit herkömmlich ist. So erzählt William Smart (Studies
in Economics
, 1895: women's wages p. 127), er habe einmal den
größten Arbeitgeber für weibliche Arbeit in Schottland gefragt, ob es
möglich sei, den von ihm gezahlten Wochenlohn von zehn Mark auf
fünf Mark herabzusetzen. "Gewiß," antwortete dieser, "vorausgesetzt,
daß X. (er nannte seinen größten Concurrenten) dasselbe thäte; es
würde natürlich einen Aufschrei verursachen, aber wir könnten es
thun; freilich ist zehn Mark niedrig genug."

Ueberfüllung schreit nach Abhülfe, und hier muß Luft und Licht
gewährt werden, selbst auf die Gefahr hin, daß daraus Be-
schwerden für andere Theile der Gesellschaft entstehen. Jm
Uebrigen wird für diese letzteren dadurch keine neue Schwierig-
keit erzeugt. Eine regellose Zufuhr von Arbeitskräften in irgend
einem Beruf straft sich auch dann, wenn männliche Arbeiter
allein es sind, die sich ihm anbieten. Selbst in den studirten
Berufsarten kennt man diese Erscheinung und ihre Folgen.
Die Abhülfe derselben liegt nicht in mechanischen Mitteln, in
der Abschließung eines Berufes, sondern in der Anwendung
vernünftiger Erwägungen, zufolge deren eine immer gewissen-
haftere Selbstprüfung der zuströmenden Kräfte über ihren inneren
Beruf, eine immer ernsthaftere Ausbildung für die Ausübung
desselben stattfindet. Bleiben die Unberufenen und Untüchtigen
zurück, so wird einiger Platz offen bleiben für neue Elemente.

Solch eine Mahnung zu besseren Leistungen ist allerdings
unbequemer als die von der anderen Seite kommende Be-
hauptung, die Leistungen des neuen Wettbewerbes würden die
schlechteren sein und das herkömmliche Niveau herabdrücken.
Hiefür kommen in erster Reihe die eminent qualificirten
Leistungen in Betracht, und es liegt nahe, von der Ausübung

Kindererzieherin nur so viel gilt wie die einer besseren (?) Köchin,
und eine Wirthschafterin im Preise einer Vertreterin der Hausfrau
gleichsteht“. Noch ärger ist das, was in den unteren Schichten weib-
licher Arbeit herkömmlich ist. So erzählt William Smart (Studies
in Economics
, 1895: women’s wages p. 127), er habe einmal den
größten Arbeitgeber für weibliche Arbeit in Schottland gefragt, ob es
möglich sei, den von ihm gezahlten Wochenlohn von zehn Mark auf
fünf Mark herabzusetzen. „Gewiß,“ antwortete dieser, „vorausgesetzt,
daß X. (er nannte seinen größten Concurrenten) dasselbe thäte; es
würde natürlich einen Aufschrei verursachen, aber wir könnten es
thun; freilich ist zehn Mark niedrig genug.“
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[152/0168] Ueberfüllung schreit nach Abhülfe, und hier muß Luft und Licht gewährt werden, selbst auf die Gefahr hin, daß daraus Be- schwerden für andere Theile der Gesellschaft entstehen. Jm Uebrigen wird für diese letzteren dadurch keine neue Schwierig- keit erzeugt. Eine regellose Zufuhr von Arbeitskräften in irgend einem Beruf straft sich auch dann, wenn männliche Arbeiter allein es sind, die sich ihm anbieten. Selbst in den studirten Berufsarten kennt man diese Erscheinung und ihre Folgen. Die Abhülfe derselben liegt nicht in mechanischen Mitteln, in der Abschließung eines Berufes, sondern in der Anwendung vernünftiger Erwägungen, zufolge deren eine immer gewissen- haftere Selbstprüfung der zuströmenden Kräfte über ihren inneren Beruf, eine immer ernsthaftere Ausbildung für die Ausübung desselben stattfindet. Bleiben die Unberufenen und Untüchtigen zurück, so wird einiger Platz offen bleiben für neue Elemente. Solch eine Mahnung zu besseren Leistungen ist allerdings unbequemer als die von der anderen Seite kommende Be- hauptung, die Leistungen des neuen Wettbewerbes würden die schlechteren sein und das herkömmliche Niveau herabdrücken. Hiefür kommen in erster Reihe die eminent qualificirten Leistungen in Betracht, und es liegt nahe, von der Ausübung *) *) Kindererzieherin nur so viel gilt wie die einer besseren (?) Köchin, und eine Wirthschafterin im Preise einer Vertreterin der Hausfrau gleichsteht“. Noch ärger ist das, was in den unteren Schichten weib- licher Arbeit herkömmlich ist. So erzählt William Smart (Studies in Economics, 1895: women’s wages p. 127), er habe einmal den größten Arbeitgeber für weibliche Arbeit in Schottland gefragt, ob es möglich sei, den von ihm gezahlten Wochenlohn von zehn Mark auf fünf Mark herabzusetzen. „Gewiß,“ antwortete dieser, „vorausgesetzt, daß X. (er nannte seinen größten Concurrenten) dasselbe thäte; es würde natürlich einen Aufschrei verursachen, aber wir könnten es thun; freilich ist zehn Mark niedrig genug.“

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2021-02-18T15:54:56Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt, Juliane Nau: Bearbeitung der digitalen Edition. (2021-02-18T15:54:56Z)

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Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cohn_frauenbewegung_1896/168>, abgerufen am 26.11.2024.