Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite

liegen in der Staffelung der Arbeiten, durch ihren äußeren
Vortheil und inneren Reiz, durch die daran geknüpfte Ehre,
durch den Rang, den socialen Vorzug - erst diese sind ein
Ziel der Reform geworden und werden es fernerhin sein.

Jndessen, dieser Gegensatz ist vermittelt durch eine breite
Schicht herkömmlicher Frauenarbeit, die dazwischen liegt. Un-
gefähr ebenso fest in den Gewohnheiten der heutigen Cultur-
völker (mit manchen Verschiedenheiten von Land zu Land) wie
die vorzugsweise den weiblichen Mitgliedern des Haushalts
eigenthümlichen Arbeiten des Familienlebens wurzelt eine Reihe
von Erwerbsthätigkeiten, in denen die Frauen ihre eigenartige
Begabung längst bewiesen haben, und die Fortdauer derartiger
Thätigkeiten ist keinerlei Bedenken ausgesetzt. Gerade in dem
gewerblichen und landwirthschaftlichen Mittelstande, theilweise
auch höher hinauf in größerem Wohlstande und größerem Be-
triebe sind Frauen die anerkannten Kräfte, die neben den
Männern, ja im Vorzuge vor den Männern wirken. Jn der
bäuerlichen Wirthschaft, in der Werkstatt, im Kaufladen, zum
Theil in der größeren Gutswirthschaft und der Jndustrie, stehen
Frauen vielfach an einem leitenden Posten und haben hier
lange vor dem Auftreten neuerer Reformbewegungen die eigen-
artige Begabung und Tüchtigkeit ihres Geschlechts zur unbe-
strittenen Geltung gebracht. Jn der That ist es hier eben die
gute, alte Zeit und die alte Sitte, auf deren Erhaltung es im
Gegensatze zu den Umgestaltungen der Neuzeit ankommt, und
auf manchem deutschen Gutshofe wird heute in der kritischen
Lage der Landwirthschaft eine solche Frau eine starke Stütze
des wirthschaftlichen Gedeihens sein. Man weiß von den her-
vorragenden Leistungen der französischen Frauen an der Spitze
von kleineren und größeren Geschäftsbetrieben, bei denen der

liegen in der Staffelung der Arbeiten, durch ihren äußeren
Vortheil und inneren Reiz, durch die daran geknüpfte Ehre,
durch den Rang, den socialen Vorzug – erst diese sind ein
Ziel der Reform geworden und werden es fernerhin sein.

Jndessen, dieser Gegensatz ist vermittelt durch eine breite
Schicht herkömmlicher Frauenarbeit, die dazwischen liegt. Un-
gefähr ebenso fest in den Gewohnheiten der heutigen Cultur-
völker (mit manchen Verschiedenheiten von Land zu Land) wie
die vorzugsweise den weiblichen Mitgliedern des Haushalts
eigenthümlichen Arbeiten des Familienlebens wurzelt eine Reihe
von Erwerbsthätigkeiten, in denen die Frauen ihre eigenartige
Begabung längst bewiesen haben, und die Fortdauer derartiger
Thätigkeiten ist keinerlei Bedenken ausgesetzt. Gerade in dem
gewerblichen und landwirthschaftlichen Mittelstande, theilweise
auch höher hinauf in größerem Wohlstande und größerem Be-
triebe sind Frauen die anerkannten Kräfte, die neben den
Männern, ja im Vorzuge vor den Männern wirken. Jn der
bäuerlichen Wirthschaft, in der Werkstatt, im Kaufladen, zum
Theil in der größeren Gutswirthschaft und der Jndustrie, stehen
Frauen vielfach an einem leitenden Posten und haben hier
lange vor dem Auftreten neuerer Reformbewegungen die eigen-
artige Begabung und Tüchtigkeit ihres Geschlechts zur unbe-
strittenen Geltung gebracht. Jn der That ist es hier eben die
gute, alte Zeit und die alte Sitte, auf deren Erhaltung es im
Gegensatze zu den Umgestaltungen der Neuzeit ankommt, und
auf manchem deutschen Gutshofe wird heute in der kritischen
Lage der Landwirthschaft eine solche Frau eine starke Stütze
des wirthschaftlichen Gedeihens sein. Man weiß von den her-
vorragenden Leistungen der französischen Frauen an der Spitze
von kleineren und größeren Geschäftsbetrieben, bei denen der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0132" n="116"/>
liegen in der Staffelung der Arbeiten, durch ihren äußeren<lb/>
Vortheil und inneren Reiz, durch die daran geknüpfte Ehre,<lb/>
durch den Rang, den socialen Vorzug &#x2013; erst diese sind ein<lb/>
Ziel der Reform geworden und werden es fernerhin sein.</p><lb/>
          <p>Jndessen, dieser Gegensatz ist vermittelt durch eine breite<lb/>
Schicht herkömmlicher Frauenarbeit, die dazwischen liegt. Un-<lb/>
gefähr ebenso fest in den Gewohnheiten der heutigen Cultur-<lb/>
völker (mit manchen Verschiedenheiten von Land zu Land) wie<lb/>
die vorzugsweise den weiblichen Mitgliedern des Haushalts<lb/>
eigenthümlichen Arbeiten des Familienlebens wurzelt eine Reihe<lb/>
von Erwerbsthätigkeiten, in denen die Frauen ihre eigenartige<lb/>
Begabung längst bewiesen haben, und die Fortdauer derartiger<lb/>
Thätigkeiten ist keinerlei Bedenken ausgesetzt. Gerade in dem<lb/>
gewerblichen und landwirthschaftlichen Mittelstande, theilweise<lb/>
auch höher hinauf in größerem Wohlstande und größerem Be-<lb/>
triebe sind Frauen die anerkannten Kräfte, die neben den<lb/>
Männern, ja im Vorzuge vor den Männern wirken. Jn der<lb/>
bäuerlichen Wirthschaft, in der Werkstatt, im Kaufladen, zum<lb/>
Theil in der größeren Gutswirthschaft und der Jndustrie, stehen<lb/>
Frauen vielfach an einem leitenden Posten und haben hier<lb/>
lange vor dem Auftreten neuerer Reformbewegungen die eigen-<lb/>
artige Begabung und Tüchtigkeit ihres Geschlechts zur unbe-<lb/>
strittenen Geltung gebracht. Jn der That ist es hier eben die<lb/>
gute, alte Zeit und die alte Sitte, auf deren Erhaltung es im<lb/>
Gegensatze zu den Umgestaltungen der Neuzeit ankommt, und<lb/>
auf manchem deutschen Gutshofe wird heute in der kritischen<lb/>
Lage der Landwirthschaft eine solche Frau eine starke Stütze<lb/>
des wirthschaftlichen Gedeihens sein. Man weiß von den her-<lb/>
vorragenden Leistungen der französischen Frauen an der Spitze<lb/>
von kleineren und größeren Geschäftsbetrieben, bei denen der<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[116/0132] liegen in der Staffelung der Arbeiten, durch ihren äußeren Vortheil und inneren Reiz, durch die daran geknüpfte Ehre, durch den Rang, den socialen Vorzug – erst diese sind ein Ziel der Reform geworden und werden es fernerhin sein. Jndessen, dieser Gegensatz ist vermittelt durch eine breite Schicht herkömmlicher Frauenarbeit, die dazwischen liegt. Un- gefähr ebenso fest in den Gewohnheiten der heutigen Cultur- völker (mit manchen Verschiedenheiten von Land zu Land) wie die vorzugsweise den weiblichen Mitgliedern des Haushalts eigenthümlichen Arbeiten des Familienlebens wurzelt eine Reihe von Erwerbsthätigkeiten, in denen die Frauen ihre eigenartige Begabung längst bewiesen haben, und die Fortdauer derartiger Thätigkeiten ist keinerlei Bedenken ausgesetzt. Gerade in dem gewerblichen und landwirthschaftlichen Mittelstande, theilweise auch höher hinauf in größerem Wohlstande und größerem Be- triebe sind Frauen die anerkannten Kräfte, die neben den Männern, ja im Vorzuge vor den Männern wirken. Jn der bäuerlichen Wirthschaft, in der Werkstatt, im Kaufladen, zum Theil in der größeren Gutswirthschaft und der Jndustrie, stehen Frauen vielfach an einem leitenden Posten und haben hier lange vor dem Auftreten neuerer Reformbewegungen die eigen- artige Begabung und Tüchtigkeit ihres Geschlechts zur unbe- strittenen Geltung gebracht. Jn der That ist es hier eben die gute, alte Zeit und die alte Sitte, auf deren Erhaltung es im Gegensatze zu den Umgestaltungen der Neuzeit ankommt, und auf manchem deutschen Gutshofe wird heute in der kritischen Lage der Landwirthschaft eine solche Frau eine starke Stütze des wirthschaftlichen Gedeihens sein. Man weiß von den her- vorragenden Leistungen der französischen Frauen an der Spitze von kleineren und größeren Geschäftsbetrieben, bei denen der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2021-02-18T15:54:56Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt, Juliane Nau: Bearbeitung der digitalen Edition. (2021-02-18T15:54:56Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cohn_frauenbewegung_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cohn_frauenbewegung_1896/132
Zitationshilfe: Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cohn_frauenbewegung_1896/132>, abgerufen am 24.11.2024.