Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.p2c_570.001 p2c_570.017 p2c_570.001 p2c_570.017 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0094" n="570"/> <p><lb n="p2c_570.001"/><hi rendition="#g">Anmerk.</hi> 2. Es giebt <hi rendition="#g">dramatisirte</hi> Elegien. <lb n="p2c_570.002"/> Klopstocks Selmar und Selma. ─ Schon beym Catull <lb n="p2c_570.003"/> ist eine Unterredung des Dichters mit einer Thür im Elegienton. <lb n="p2c_570.004"/> Doch verdient das Gedicht nicht den Nahmen <lb n="p2c_570.005"/> einer Elegie. ─ Es giebt <hi rendition="#g">Elegieen</hi> in Briefform, <lb n="p2c_570.006"/> ohne daß man sie deshalb gerade schon zu den poetischen <lb n="p2c_570.007"/> Episteln zählt. Oft redet Tibull zu Anfang seiner Elegie <lb n="p2c_570.008"/> einen Freund an. Dies kann man sich auch ohne einen <lb n="p2c_570.009"/> Brief erklären. Allein Catulls Elegie an den Manlius, <lb n="p2c_570.010"/> wo er den Tod seines Bruders beklagt, hat die Briefform. <lb n="p2c_570.011"/> Ovids Elegien, die er <hi rendition="#aq">ex Ponto</hi> an seine Freunde schickte, <lb n="p2c_570.012"/> haben den Nahmen <hi rendition="#aq">epistolae</hi>. Jhr Ton ist auch oft so <lb n="p2c_570.013"/> matt, daß man sie zu wirklichen poetischen Episteln rechnen <lb n="p2c_570.014"/> kann. Die wirklichen poetischen Episteln haben nämlich <lb n="p2c_570.015"/> schon mehr die Sprache des gemeinen Lebens, und wenig <lb n="p2c_570.016"/> Lyrisches. ─</p> <p><lb n="p2c_570.017"/><hi rendition="#g">Anmerk.</hi> 3. Zuweilen bekömmt die <hi rendition="#g">Elegie</hi> <lb n="p2c_570.018"/> durch eine besondre <hi rendition="#g">Untergattung</hi> und <hi rendition="#g">Modification</hi> <lb n="p2c_570.019"/> des Schönen, die sie enthält, eigne Gestalt und <lb n="p2c_570.020"/> Nahmen. So erscheint sie, wenn der Dichter die idyllischnaive <lb n="p2c_570.021"/> Sprache der Hirtenwelt spricht, als 1) <hi rendition="#g">lyrische</hi> <lb n="p2c_570.022"/> Jdylle, z. B. Kleists <hi rendition="#g">Amynt.</hi> ─ Man hat die <hi rendition="#g">lyrischen <lb n="p2c_570.023"/> Jdyllen</hi> zuweilen <hi rendition="#g">Schäferoden</hi> genannt. <lb n="p2c_570.024"/> Wenn man Ode blos im Sinn von <foreign xml:lang="grc">ειδυλλιον</foreign> ein kleines <lb n="p2c_570.025"/> vollendetes Gemälde nimmt, so mag das gehn. Da aber <lb n="p2c_570.026"/> die Ode dem Jnhalt nach die Gemüthsstimmung des höhern <lb n="p2c_570.027"/> Schönen voraussetzt, und eine Schäferwelt nur Empfindung </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [570/0094]
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Anmerk. 2. Es giebt dramatisirte Elegien. p2c_570.002
Klopstocks Selmar und Selma. ─ Schon beym Catull p2c_570.003
ist eine Unterredung des Dichters mit einer Thür im Elegienton. p2c_570.004
Doch verdient das Gedicht nicht den Nahmen p2c_570.005
einer Elegie. ─ Es giebt Elegieen in Briefform, p2c_570.006
ohne daß man sie deshalb gerade schon zu den poetischen p2c_570.007
Episteln zählt. Oft redet Tibull zu Anfang seiner Elegie p2c_570.008
einen Freund an. Dies kann man sich auch ohne einen p2c_570.009
Brief erklären. Allein Catulls Elegie an den Manlius, p2c_570.010
wo er den Tod seines Bruders beklagt, hat die Briefform. p2c_570.011
Ovids Elegien, die er ex Ponto an seine Freunde schickte, p2c_570.012
haben den Nahmen epistolae. Jhr Ton ist auch oft so p2c_570.013
matt, daß man sie zu wirklichen poetischen Episteln rechnen p2c_570.014
kann. Die wirklichen poetischen Episteln haben nämlich p2c_570.015
schon mehr die Sprache des gemeinen Lebens, und wenig p2c_570.016
Lyrisches. ─
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Anmerk. 3. Zuweilen bekömmt die Elegie p2c_570.018
durch eine besondre Untergattung und Modification p2c_570.019
des Schönen, die sie enthält, eigne Gestalt und p2c_570.020
Nahmen. So erscheint sie, wenn der Dichter die idyllischnaive p2c_570.021
Sprache der Hirtenwelt spricht, als 1) lyrische p2c_570.022
Jdylle, z. B. Kleists Amynt. ─ Man hat die lyrischen p2c_570.023
Jdyllen zuweilen Schäferoden genannt. p2c_570.024
Wenn man Ode blos im Sinn von ειδυλλιον ein kleines p2c_570.025
vollendetes Gemälde nimmt, so mag das gehn. Da aber p2c_570.026
die Ode dem Jnhalt nach die Gemüthsstimmung des höhern p2c_570.027
Schönen voraussetzt, und eine Schäferwelt nur Empfindung
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