p2c_563.001 abdita quam circum flumina nigra sonant. - Durch p2c_563.002 den räuberischen Tod mors rapax wird die Seele zwar vorbereitet, p2c_563.003 aber das Bild bleibt immer noch schön. Dann p2c_563.004 folgt erst die Schilderung des Tartarus. Durch jenen p2c_563.005 Uebergang, der zu gleicher Zeit schaurig und lieblich ist, p2c_563.006 wird die Continuität erhalten. Horaz hingegen stellt sogleich p2c_563.007 dem lachenden Bilde der Freude den Tartarus entgegen. p2c_563.008 Er überläßt sich also auch nicht so der Heiterkeit in seinen p2c_563.009 Bildern, wie Tibull, sondern eine starke Nebenidee stöhrt p2c_563.010 immer die frohe: huc vina et unguenta et nimium p2c_563.011 breves flores amoenae ferre iube rosae, dum res p2c_563.012 et aetas, et sororum fila trium patiuntur atra. Dagegen p2c_563.013 läßt Horaz auch oft einen plötzlich hellen Lichtstrahl p2c_563.014 entstehn, wenn das ganze Gemälde dunkel ist. Tibull p2c_563.015 bleibt traurig und klagend, wenn er einmal so begann, und p2c_563.016 geht nur nach und nach zu lichtern Bildern über. - Das p2c_563.017 Naive findet in der Elegie ebenfalls statt, zumal wenn p2c_563.018 sich der elegische Ton dem scherzenden nähert z. B. p2c_563.019 Tibull. L. 2. el. 3. und 6. Und auch nur unter der p2c_563.020 Gestalt der Naivität und der Grazie findet die Modification p2c_563.021 des Scherzhaften in der Elegie statt, weil sie sonst zu sehr p2c_563.022 contrastiren würde. Jn der Elegie spricht der Dichter p2c_563.023 selbst, dessen Seele nie den edeln Charakter verläugnen p2c_563.024 darf. Sein Scherz darf also nie so frey seyn, als etwa p2c_563.025 der Scherz im Lustspiel, wo eine fremde Person redend eingeführt p2c_563.026 wird. Catull und Properz gehn hier oft zu weit, p2c_563.027 auch Ovid. Tibull hingegen erhebt sich über alle diese p2c_563.028 Dichter durch das Edle seines Scherzes. - Die vierte
p2c_563.001 abdita quam circum flumina nigra sonant. ─ Durch p2c_563.002 den räuberischen Tod mors rapax wird die Seele zwar vorbereitet, p2c_563.003 aber das Bild bleibt immer noch schön. Dann p2c_563.004 folgt erst die Schilderung des Tartarus. Durch jenen p2c_563.005 Uebergang, der zu gleicher Zeit schaurig und lieblich ist, p2c_563.006 wird die Continuität erhalten. Horaz hingegen stellt sogleich p2c_563.007 dem lachenden Bilde der Freude den Tartarus entgegen. p2c_563.008 Er überläßt sich also auch nicht so der Heiterkeit in seinen p2c_563.009 Bildern, wie Tibull, sondern eine starke Nebenidee stöhrt p2c_563.010 immer die frohe: huc vina et unguenta et nimium p2c_563.011 breves flores amoenae ferre iube rosae, dum res p2c_563.012 et aetas, et sororum fila trium patiuntur atra. Dagegen p2c_563.013 läßt Horaz auch oft einen plötzlich hellen Lichtstrahl p2c_563.014 entstehn, wenn das ganze Gemälde dunkel ist. Tibull p2c_563.015 bleibt traurig und klagend, wenn er einmal so begann, und p2c_563.016 geht nur nach und nach zu lichtern Bildern über. ─ Das p2c_563.017 Naive findet in der Elegie ebenfalls statt, zumal wenn p2c_563.018 sich der elegische Ton dem scherzenden nähert z. B. p2c_563.019 Tibull. L. 2. el. 3. und 6. Und auch nur unter der p2c_563.020 Gestalt der Naivität und der Grazie findet die Modification p2c_563.021 des Scherzhaften in der Elegie statt, weil sie sonst zu sehr p2c_563.022 contrastiren würde. Jn der Elegie spricht der Dichter p2c_563.023 selbst, dessen Seele nie den edeln Charakter verläugnen p2c_563.024 darf. Sein Scherz darf also nie so frey seyn, als etwa p2c_563.025 der Scherz im Lustspiel, wo eine fremde Person redend eingeführt p2c_563.026 wird. Catull und Properz gehn hier oft zu weit, p2c_563.027 auch Ovid. Tibull hingegen erhebt sich über alle diese p2c_563.028 Dichter durch das Edle seines Scherzes. ─ Die vierte
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804, S. 563. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik02_1804/87>, abgerufen am 16.02.2025.
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