Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.p2c_556.001 §. 13. p2c_556.012 p2c_556.018 p2c_556.001 §. 13. p2c_556.012 p2c_556.018 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0080" n="556"/><lb n="p2c_556.001"/> Dichter kann das mit Glück. Denn die größte Freyheit und <lb n="p2c_556.002"/> Fessellosigkeit verlangt auch die größte Sicherheit. Sonst <lb n="p2c_556.003"/> gilt von dem Dichter das Wort des Horaz: <hi rendition="#aq">Vitreo dat <lb n="p2c_556.004"/> nomina ponto</hi>. 4) Es gab <hi rendition="#aq">hymnos <foreign xml:lang="grc">κλητικους, φυσικους</foreign>, <lb n="p2c_556.005"/> <foreign xml:lang="grc">μυθικους</foreign></hi> u. s. w. Man rufte die Götter, oder <lb n="p2c_556.006"/> hypostasirte Naturerscheinungen, Tag, Nacht. Man erzählte <lb n="p2c_556.007"/> die Reisen der Götter, (wie Homer, die des Apoll) <lb n="p2c_556.008"/> und begleitete sie mit Segenswünschen (<foreign xml:lang="grc">ἀποπεμπτικους</foreign>). <lb n="p2c_556.009"/> Man erzählte die Genealogie der Götter (<foreign xml:lang="grc">γενεθλιακους</foreign>) <lb n="p2c_556.010"/> u. s. w.</p> <lb n="p2c_556.011"/> <p> <hi rendition="#c">§. 13.</hi> </p> <p><lb n="p2c_556.012"/><hi rendition="#aq">III</hi>) Die <hi rendition="#g">Heroide</hi> ist ein Gedicht der höhern <lb n="p2c_556.013"/> lyrischen Poesie in <hi rendition="#g">Briefform,</hi> unter Voraussetzung, <lb n="p2c_556.014"/> daß irgend ein berühmter Held der Fabel oder Geschichte <lb n="p2c_556.015"/> einem andern seine Empfindungen in einer <lb n="p2c_556.016"/> merkwürdigen Situation seines Lebens schriftlich mittheile.</p> <lb n="p2c_556.017"/> <p><lb n="p2c_556.018"/><hi rendition="#g">Anmerk.</hi> Die <hi rendition="#g">Heroide</hi> ist also von der Ode in <lb n="p2c_556.019"/> Briefform noch zu unterscheiden. Dort schreibt der Dichter, <lb n="p2c_556.020"/> hier ein fingirter Held der Geschichte. Daher auch der Ausdruck <lb n="p2c_556.021"/> <hi rendition="#g">Heroide.</hi> Sulzer bestimmt das Wesen der Heroide <lb n="p2c_556.022"/> nicht richtig, wenn er sie zur <hi rendition="#g">Elegie</hi> rechnet. Das <hi rendition="#g">elegische</hi> <lb n="p2c_556.023"/> Sylbenmaaß und der gedehnte Ton, welchen diese <lb n="p2c_556.024"/> Dichtart beym Ovid hat, mochte Sulzern, wie auch einen <lb n="p2c_556.025"/> andern englischen Kunstrichter, in seinem Versuch über Pope <lb n="p2c_556.026"/> zu dieser Behauptung bestimmen. Allein nicht allemal ist </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [556/0080]
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Dichter kann das mit Glück. Denn die größte Freyheit und p2c_556.002
Fessellosigkeit verlangt auch die größte Sicherheit. Sonst p2c_556.003
gilt von dem Dichter das Wort des Horaz: Vitreo dat p2c_556.004
nomina ponto. 4) Es gab hymnos κλητικους, φυσικους, p2c_556.005
μυθικους u. s. w. Man rufte die Götter, oder p2c_556.006
hypostasirte Naturerscheinungen, Tag, Nacht. Man erzählte p2c_556.007
die Reisen der Götter, (wie Homer, die des Apoll) p2c_556.008
und begleitete sie mit Segenswünschen (ἀποπεμπτικους). p2c_556.009
Man erzählte die Genealogie der Götter (γενεθλιακους) p2c_556.010
u. s. w.
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§. 13.
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III) Die Heroide ist ein Gedicht der höhern p2c_556.013
lyrischen Poesie in Briefform, unter Voraussetzung, p2c_556.014
daß irgend ein berühmter Held der Fabel oder Geschichte p2c_556.015
einem andern seine Empfindungen in einer p2c_556.016
merkwürdigen Situation seines Lebens schriftlich mittheile.
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Anmerk. Die Heroide ist also von der Ode in p2c_556.019
Briefform noch zu unterscheiden. Dort schreibt der Dichter, p2c_556.020
hier ein fingirter Held der Geschichte. Daher auch der Ausdruck p2c_556.021
Heroide. Sulzer bestimmt das Wesen der Heroide p2c_556.022
nicht richtig, wenn er sie zur Elegie rechnet. Das elegische p2c_556.023
Sylbenmaaß und der gedehnte Ton, welchen diese p2c_556.024
Dichtart beym Ovid hat, mochte Sulzern, wie auch einen p2c_556.025
andern englischen Kunstrichter, in seinem Versuch über Pope p2c_556.026
zu dieser Behauptung bestimmen. Allein nicht allemal ist
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