Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.p2c_551.001 p2c_551.012 p2c_551.001 p2c_551.012 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0075" n="551"/><lb n="p2c_551.001"/> die einzelne Gedankenreihe bestimmt, als umgekehrt <lb n="p2c_551.002"/> die objektive Gedankenreihe die Gemüthsstimmung, so <lb n="p2c_551.003"/> ist auch der <hi rendition="#g">Plan</hi> der Hymne frey und <hi rendition="#g">lyrischen <lb n="p2c_551.004"/> Unordnungen</hi> unterworfen. Da aber die <hi rendition="#g">Hymne</hi> <lb n="p2c_551.005"/> zugleich die <hi rendition="#g">Liederform</hi> hat, folglich auf mehrere <lb n="p2c_551.006"/> Menschen berechnet ist, und mehrere Menschen, zumal <lb n="p2c_551.007"/> bey feyerlicher Veranlassung, nicht so leicht von einem <lb n="p2c_551.008"/> Gedanken auf den andern übergehen, so bleibt hinwiederum <lb n="p2c_551.009"/> der Hymnendichter dem Gegenstande, der ihm <lb n="p2c_551.010"/> Veranlassung zum Gedicht giebt, mehr getreu, als <lb n="p2c_551.011"/> der <hi rendition="#g">Odendichter.</hi></p> <p><lb n="p2c_551.012"/><hi rendition="#g">Anmerk.</hi> Die historischen Hymnen der Alten enthalten <lb n="p2c_551.013"/> mehrentheils die Thaten eines Gottes. Diesem Gegenstande <lb n="p2c_551.014"/> bleiben die Dichter getreu. Diese Hymnen sind <lb n="p2c_551.015"/> hier jedoch weniger anzuführen, weil sie schon mehr <hi rendition="#g">darstellende</hi> <lb n="p2c_551.016"/> Poesie sind. <hi rendition="#g">Davids Hymnen</hi> (s. oben) <lb n="p2c_551.017"/> enthalten das Lob Jehovas, aber er nimmt seine Bilder ohne <lb n="p2c_551.018"/> gezwungene Ordnung aus der ganzen Natur. Daß es bey <lb n="p2c_551.019"/> Zeiten christliche Hymnen gegeben, beweist die Stelle beym <lb n="p2c_551.020"/> Plinius <hi rendition="#aq">Epp. Lib. X. 97. quod essent soliti carmen <lb n="p2c_551.021"/> Christo, quasi Deo dicere secum invicem</hi>. Die Thaten <lb n="p2c_551.022"/> Christi sind auch hier der Hauptgegenstand, wie wir aus <lb n="p2c_551.023"/> den katholischen Messen sehen. Doch bestimmt ein einzelner <lb n="p2c_551.024"/> meist die Empfindung der Gedankenreihe. Die meisten <lb n="p2c_551.025"/> Hymnen des Prudentius sind in Ansehung der Gedankenreihe <lb n="p2c_551.026"/> lyrisch, z. B. <hi rendition="#aq">Cathemerinon liber</hi>. Auch von Augustin </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [551/0075]
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die einzelne Gedankenreihe bestimmt, als umgekehrt p2c_551.002
die objektive Gedankenreihe die Gemüthsstimmung, so p2c_551.003
ist auch der Plan der Hymne frey und lyrischen p2c_551.004
Unordnungen unterworfen. Da aber die Hymne p2c_551.005
zugleich die Liederform hat, folglich auf mehrere p2c_551.006
Menschen berechnet ist, und mehrere Menschen, zumal p2c_551.007
bey feyerlicher Veranlassung, nicht so leicht von einem p2c_551.008
Gedanken auf den andern übergehen, so bleibt hinwiederum p2c_551.009
der Hymnendichter dem Gegenstande, der ihm p2c_551.010
Veranlassung zum Gedicht giebt, mehr getreu, als p2c_551.011
der Odendichter.
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Anmerk. Die historischen Hymnen der Alten enthalten p2c_551.013
mehrentheils die Thaten eines Gottes. Diesem Gegenstande p2c_551.014
bleiben die Dichter getreu. Diese Hymnen sind p2c_551.015
hier jedoch weniger anzuführen, weil sie schon mehr darstellende p2c_551.016
Poesie sind. Davids Hymnen (s. oben) p2c_551.017
enthalten das Lob Jehovas, aber er nimmt seine Bilder ohne p2c_551.018
gezwungene Ordnung aus der ganzen Natur. Daß es bey p2c_551.019
Zeiten christliche Hymnen gegeben, beweist die Stelle beym p2c_551.020
Plinius Epp. Lib. X. 97. quod essent soliti carmen p2c_551.021
Christo, quasi Deo dicere secum invicem. Die Thaten p2c_551.022
Christi sind auch hier der Hauptgegenstand, wie wir aus p2c_551.023
den katholischen Messen sehen. Doch bestimmt ein einzelner p2c_551.024
meist die Empfindung der Gedankenreihe. Die meisten p2c_551.025
Hymnen des Prudentius sind in Ansehung der Gedankenreihe p2c_551.026
lyrisch, z. B. Cathemerinon liber. Auch von Augustin
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