Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.p2c_548.001 p2c_548.006 p2c_548.007 p2c_548.011 p2c_548.001 p2c_548.006 p2c_548.007 p2c_548.011 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0072" n="548"/><lb n="p2c_548.001"/> Sinn des Worts) des Aristoteles. ─ Woher der <lb n="p2c_548.002"/> Ausdruck Scolion kommt, darüber ist man nicht einig. Es <lb n="p2c_548.003"/> wird behauptet, daß dem besten Sänger ein Becher als <lb n="p2c_548.004"/> Preis zuerkannt ward. Vielleicht kommt auch daher der <lb n="p2c_548.005"/> Ausdruck <hi rendition="#g">Ode.</hi></p> <p> <hi rendition="#c"><lb n="p2c_548.006"/> §. 7.</hi> </p> <p><lb n="p2c_548.007"/><hi rendition="#aq">II</hi>) Die <hi rendition="#g">Hymne</hi> ist ein Gedicht der höhern lyrischen <lb n="p2c_548.008"/> Poesie in <hi rendition="#g">Liederform,</hi> unter Voraussetzung, <lb n="p2c_548.009"/> daß es von mehreren Menschen bey einer <hi rendition="#g">feyerlichen</hi> <lb n="p2c_548.010"/> Gelegenheit gesungen werde.</p> <p><lb n="p2c_548.011"/><hi rendition="#g">Anmerk.</hi> Man muß also in genauer Kunstsprache <lb n="p2c_548.012"/> Ode und Hymne von einander ganz unterscheiden, und der <lb n="p2c_548.013"/> Sprachgebrauch der Dichter beobachtet auch den Unterschied. <lb n="p2c_548.014"/> Die Ode ist eine freye erhabene Phantasie des Dichters, die <lb n="p2c_548.015"/> eine Veranlassung haben kann und auch nicht. Die Hymne <lb n="p2c_548.016"/> hat die bestimmte Veranlassung, bey feyerlicher Gelegenheit <lb n="p2c_548.017"/> von einer Menge Menschen gesungen zu werden, und also <lb n="p2c_548.018"/> die Liederform. Zwar nennen die Alten zuweilen kleine Gebete <lb n="p2c_548.019"/> der Dichter, die an irgend eine Gottheit gerichtet sind, <lb n="p2c_548.020"/> auch wohl Hymnen. <foreign xml:lang="grc">Λαβουσα μικρον ὑμνον</foreign>. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Anacr.</hi><foreign xml:lang="grc">θ</foreign>. <lb n="p2c_548.021"/> Horat. L. I</hi>. 30. ist förmlich ein kleiner <foreign xml:lang="grc">ὑμνος κλητικος</foreign>, <lb n="p2c_548.022"/> wie ihn die Griechen nannten, (nach Art der ersten Ode der <lb n="p2c_548.023"/> Sappho) und so mag die Hymne, für welche Cythere das <lb n="p2c_548.024"/> Täubchen an den Anakreon verhandelte, auch gewesen seyn. <lb n="p2c_548.025"/> Eigentliche <hi rendition="#g">Hymnen</hi> sind aber Chorgesänge, wie <hi rendition="#aq">Horat. <lb n="p2c_548.026"/> L. I</hi>. 21. und das <hi rendition="#aq">carmen saeculare</hi>. ─ Daß das <hi rendition="#g">Lob </hi></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [548/0072]
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Sinn des Worts) des Aristoteles. ─ Woher der p2c_548.002
Ausdruck Scolion kommt, darüber ist man nicht einig. Es p2c_548.003
wird behauptet, daß dem besten Sänger ein Becher als p2c_548.004
Preis zuerkannt ward. Vielleicht kommt auch daher der p2c_548.005
Ausdruck Ode.
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§. 7.
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II) Die Hymne ist ein Gedicht der höhern lyrischen p2c_548.008
Poesie in Liederform, unter Voraussetzung, p2c_548.009
daß es von mehreren Menschen bey einer feyerlichen p2c_548.010
Gelegenheit gesungen werde.
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Anmerk. Man muß also in genauer Kunstsprache p2c_548.012
Ode und Hymne von einander ganz unterscheiden, und der p2c_548.013
Sprachgebrauch der Dichter beobachtet auch den Unterschied. p2c_548.014
Die Ode ist eine freye erhabene Phantasie des Dichters, die p2c_548.015
eine Veranlassung haben kann und auch nicht. Die Hymne p2c_548.016
hat die bestimmte Veranlassung, bey feyerlicher Gelegenheit p2c_548.017
von einer Menge Menschen gesungen zu werden, und also p2c_548.018
die Liederform. Zwar nennen die Alten zuweilen kleine Gebete p2c_548.019
der Dichter, die an irgend eine Gottheit gerichtet sind, p2c_548.020
auch wohl Hymnen. Λαβουσα μικρον ὑμνον. Anacr. θ. p2c_548.021
Horat. L. I. 30. ist förmlich ein kleiner ὑμνος κλητικος, p2c_548.022
wie ihn die Griechen nannten, (nach Art der ersten Ode der p2c_548.023
Sappho) und so mag die Hymne, für welche Cythere das p2c_548.024
Täubchen an den Anakreon verhandelte, auch gewesen seyn. p2c_548.025
Eigentliche Hymnen sind aber Chorgesänge, wie Horat. p2c_548.026
L. I. 21. und das carmen saeculare. ─ Daß das Lob
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