p2c_545.001 Oden, wiewohl die Form des Sonnets für den p2c_545.002 lyrischen Schwung eigentlich zu peinlich ist. Boileau sagt, p2c_545.003 es sey vom Apoll zur Marter armer Dichterseelen erfunden. p2c_545.004 Nur Petrarks hoher Geist konnte in diese niedliche p2c_545.005 Form freyes himmlisches Leben bringen. Abraham Cowley, p2c_545.006 der Vater der englischen Odenpoesie, hat die in diesem § behauptete p2c_545.007 Regel, daß die strophischen Versarten für das p2c_545.008 Wesen der Ode, als des vollendetesten Gedichts, nöthig p2c_545.009 sind, vernachlässigt. Allein pindarisch wird dadurch eine p2c_545.010 Ode nicht, wenn gar keine metrische Symmetrie statt findet. p2c_545.011 Für das griechische Ohr war gewiß Pindar musikalisch genug. p2c_545.012 Die französische Ode hat oft abwechselnd kurze und p2c_545.013 lange Verse in ihren Stanzen, und diese Mischung trägt, p2c_545.014 wie Fenelon bemerkt, viel zur Harmonie bey.
p2c_545.015 §. 6.
p2c_545.016 5) Die Ode nimmt verschiedene zufällige Formen p2c_545.017 an, oder sie bekommt auch, ihrem veranlassenden p2c_545.018 Jnhalte nach, zuweilen Nebenbenennungen, ohne daß p2c_545.019 in beyden Fällen der Hauptname Ode ganz verlohren p2c_545.020 ginge.
p2c_545.021 Anmerk. Es giebt, wie wir bemerkt haben, a) dramatisirtep2c_545.022 Oden, z. B. Selmar und Selma in Klopstock, p2c_545.023 Horaz und Lydia. Das Gespräch muß aber doch Eine einzige p2c_545.024 lyrische Jdee seyn, ohne Handlung, sonst wird es ein p2c_545.025 darstellendes historisches Gedicht, wo die lyrische Form zufällig p2c_545.026 ist, eine lyrische Scene. b) Oden in Briefform.
p2c_545.001 Oden, wiewohl die Form des Sonnets für den p2c_545.002 lyrischen Schwung eigentlich zu peinlich ist. Boileau sagt, p2c_545.003 es sey vom Apoll zur Marter armer Dichterseelen erfunden. p2c_545.004 Nur Petrarks hoher Geist konnte in diese niedliche p2c_545.005 Form freyes himmlisches Leben bringen. Abraham Cowley, p2c_545.006 der Vater der englischen Odenpoesie, hat die in diesem § behauptete p2c_545.007 Regel, daß die strophischen Versarten für das p2c_545.008 Wesen der Ode, als des vollendetesten Gedichts, nöthig p2c_545.009 sind, vernachlässigt. Allein pindarisch wird dadurch eine p2c_545.010 Ode nicht, wenn gar keine metrische Symmetrie statt findet. p2c_545.011 Für das griechische Ohr war gewiß Pindar musikalisch genug. p2c_545.012 Die französische Ode hat oft abwechselnd kurze und p2c_545.013 lange Verse in ihren Stanzen, und diese Mischung trägt, p2c_545.014 wie Fenelon bemerkt, viel zur Harmonie bey.
p2c_545.015 §. 6.
p2c_545.016 5) Die Ode nimmt verschiedene zufällige Formen p2c_545.017 an, oder sie bekommt auch, ihrem veranlassenden p2c_545.018 Jnhalte nach, zuweilen Nebenbenennungen, ohne daß p2c_545.019 in beyden Fällen der Hauptname Ode ganz verlohren p2c_545.020 ginge.
p2c_545.021 Anmerk. Es giebt, wie wir bemerkt haben, a) dramatisirtep2c_545.022 Oden, z. B. Selmar und Selma in Klopstock, p2c_545.023 Horaz und Lydia. Das Gespräch muß aber doch Eine einzige p2c_545.024 lyrische Jdee seyn, ohne Handlung, sonst wird es ein p2c_545.025 darstellendes historisches Gedicht, wo die lyrische Form zufällig p2c_545.026 ist, eine lyrische Scene. b) Oden in Briefform.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0069"n="545"/><lbn="p2c_545.001"/><hirendition="#g">Oden,</hi> wiewohl die Form des Sonnets für den <lbn="p2c_545.002"/>
lyrischen Schwung eigentlich zu peinlich ist. Boileau sagt, <lbn="p2c_545.003"/>
es sey vom Apoll zur Marter armer Dichterseelen erfunden. <lbn="p2c_545.004"/>
Nur Petrarks hoher Geist konnte in diese niedliche <lbn="p2c_545.005"/>
Form freyes himmlisches Leben bringen. Abraham Cowley, <lbn="p2c_545.006"/>
der Vater der englischen Odenpoesie, hat die in diesem § behauptete <lbn="p2c_545.007"/>
Regel, daß die strophischen Versarten für das <lbn="p2c_545.008"/>
Wesen der Ode, als des vollendetesten Gedichts, nöthig <lbn="p2c_545.009"/>
sind, vernachlässigt. Allein pindarisch wird dadurch eine <lbn="p2c_545.010"/>
Ode nicht, wenn gar keine metrische Symmetrie statt findet. <lbn="p2c_545.011"/>
Für das griechische Ohr war gewiß Pindar musikalisch genug. <lbn="p2c_545.012"/>
Die französische Ode hat oft abwechselnd kurze und <lbn="p2c_545.013"/>
lange Verse in ihren Stanzen, und diese Mischung trägt, <lbn="p2c_545.014"/>
wie Fenelon bemerkt, viel zur Harmonie bey.</p><p><hirendition="#c"><lbn="p2c_545.015"/>
§. 6.</hi></p><p><lbn="p2c_545.016"/>
5) Die <hirendition="#g">Ode</hi> nimmt verschiedene zufällige Formen <lbn="p2c_545.017"/>
an, oder sie bekommt auch, ihrem veranlassenden <lbn="p2c_545.018"/>
Jnhalte nach, zuweilen Nebenbenennungen, ohne daß <lbn="p2c_545.019"/>
in beyden Fällen der Hauptname <hirendition="#g">Ode</hi> ganz verlohren <lbn="p2c_545.020"/>
ginge.</p><p><lbn="p2c_545.021"/><hirendition="#g">Anmerk.</hi> Es giebt, wie wir bemerkt haben, <hirendition="#aq">a</hi>) <hirendition="#g">dramatisirte</hi><lbn="p2c_545.022"/>
Oden, z. B. Selmar und Selma in Klopstock, <lbn="p2c_545.023"/>
Horaz und Lydia. Das Gespräch muß aber doch Eine einzige <lbn="p2c_545.024"/>
lyrische Jdee seyn, ohne Handlung, sonst wird es ein <lbn="p2c_545.025"/>
darstellendes historisches Gedicht, wo die lyrische Form zufällig <lbn="p2c_545.026"/>
ist, eine lyrische Scene. <hirendition="#aq">b</hi>) Oden in <hirendition="#g">Briefform.</hi></p></div></div></div></body></text></TEI>
[545/0069]
p2c_545.001
Oden, wiewohl die Form des Sonnets für den p2c_545.002
lyrischen Schwung eigentlich zu peinlich ist. Boileau sagt, p2c_545.003
es sey vom Apoll zur Marter armer Dichterseelen erfunden. p2c_545.004
Nur Petrarks hoher Geist konnte in diese niedliche p2c_545.005
Form freyes himmlisches Leben bringen. Abraham Cowley, p2c_545.006
der Vater der englischen Odenpoesie, hat die in diesem § behauptete p2c_545.007
Regel, daß die strophischen Versarten für das p2c_545.008
Wesen der Ode, als des vollendetesten Gedichts, nöthig p2c_545.009
sind, vernachlässigt. Allein pindarisch wird dadurch eine p2c_545.010
Ode nicht, wenn gar keine metrische Symmetrie statt findet. p2c_545.011
Für das griechische Ohr war gewiß Pindar musikalisch genug. p2c_545.012
Die französische Ode hat oft abwechselnd kurze und p2c_545.013
lange Verse in ihren Stanzen, und diese Mischung trägt, p2c_545.014
wie Fenelon bemerkt, viel zur Harmonie bey.
p2c_545.015
§. 6.
p2c_545.016
5) Die Ode nimmt verschiedene zufällige Formen p2c_545.017
an, oder sie bekommt auch, ihrem veranlassenden p2c_545.018
Jnhalte nach, zuweilen Nebenbenennungen, ohne daß p2c_545.019
in beyden Fällen der Hauptname Ode ganz verlohren p2c_545.020
ginge.
p2c_545.021
Anmerk. Es giebt, wie wir bemerkt haben, a) dramatisirte p2c_545.022
Oden, z. B. Selmar und Selma in Klopstock, p2c_545.023
Horaz und Lydia. Das Gespräch muß aber doch Eine einzige p2c_545.024
lyrische Jdee seyn, ohne Handlung, sonst wird es ein p2c_545.025
darstellendes historisches Gedicht, wo die lyrische Form zufällig p2c_545.026
ist, eine lyrische Scene. b) Oden in Briefform.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: gekennzeichnet;
Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: nicht übernommen;
Kustoden: nicht übernommen;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine;
rundes r (ꝛ): wie Vorlage;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: nicht übernommen;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: wie Vorlage;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804, S. 545. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik02_1804/69>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.