Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.p2c_541.001 p2c_541.001 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0065" n="541"/><lb n="p2c_541.001"/> den Einfluß der Musen auf die Bildung der rohen Macht <lb n="p2c_541.002"/> dem Cäsar ans Herz zu legen. Aber sie ist nur mit einigen <lb n="p2c_541.003"/> Worten in der Mitte angedeutet. Das Ganze ist freye <lb n="p2c_541.004"/> Phantasie, die sich aber darauf bezieht. Die <hi rendition="#g">freye</hi> Gedankenreihe <lb n="p2c_541.005"/> in den Oden, welche die größte Willkühr der <lb n="p2c_541.006"/> Phantasie behaupten, zeigt sich auch darinnen, daß oft eine <lb n="p2c_541.007"/> Kleinigkeit dem lyrischen Dichter Gelegenheit zu einer erhabenen <lb n="p2c_541.008"/> Ansicht des Lebens giebt, z. B. <hi rendition="#aq">Hor. III</hi>. 21. Am <lb n="p2c_541.009"/> allerschwersten ist der Plan der Pindarischen Oden zu entdecken <lb n="p2c_541.010"/> und zu behalten, weswegen Erasmus Schmid sie <lb n="p2c_541.011"/> auch in Tabellen gebracht hat. Gleichwohl ist Pindar mehr <lb n="p2c_541.012"/> wegen seines üppigen Ausdrucks, wegen seiner Jdeenassoziationen <lb n="p2c_541.013"/> und Uebergänge schwer. Jm Ganzen bleibt er <lb n="p2c_541.014"/> immer fast zu viel und zu einseitig bey seinen fürs höhere <lb n="p2c_541.015"/> Gefühl armen Gegenständen. Er beginnt mit der Hauptidee, <lb n="p2c_541.016"/> kehrt auch zu derselben zurück. Seine historischen Digressionen, <lb n="p2c_541.017"/> wodurch seine Öden oft unsern Balladen ähnlich <lb n="p2c_541.018"/> werden, sind durch die Natur der griechischen Kampfspiele <lb n="p2c_541.019"/> bestimmt, und nur in Zusammensetzung einzelner Gedanken <lb n="p2c_541.020"/> findet man lyrische Unordnung. Man kann dann wohl, wie <lb n="p2c_541.021"/> die Dichterin Corinna, mitunter von ihm sagen: der Same <lb n="p2c_541.022"/> müsse mit der Hand gestreut, nicht in ganzen Säcken ausgeschüttet <lb n="p2c_541.023"/> werden. Klopstocks Oden sind voll tiefen Gefühls, <lb n="p2c_541.024"/> und die herrschende Empfindung läßt seine Phantasie <lb n="p2c_541.025"/> nicht sehr herumschweifen. Nur die einzelnen Uebergänge <lb n="p2c_541.026"/> machen den Plan zuweilen schwer. Ramler und Uz haben <lb n="p2c_541.027"/> mehr den Horaz nachgeahmt.</p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [541/0065]
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den Einfluß der Musen auf die Bildung der rohen Macht p2c_541.002
dem Cäsar ans Herz zu legen. Aber sie ist nur mit einigen p2c_541.003
Worten in der Mitte angedeutet. Das Ganze ist freye p2c_541.004
Phantasie, die sich aber darauf bezieht. Die freye Gedankenreihe p2c_541.005
in den Oden, welche die größte Willkühr der p2c_541.006
Phantasie behaupten, zeigt sich auch darinnen, daß oft eine p2c_541.007
Kleinigkeit dem lyrischen Dichter Gelegenheit zu einer erhabenen p2c_541.008
Ansicht des Lebens giebt, z. B. Hor. III. 21. Am p2c_541.009
allerschwersten ist der Plan der Pindarischen Oden zu entdecken p2c_541.010
und zu behalten, weswegen Erasmus Schmid sie p2c_541.011
auch in Tabellen gebracht hat. Gleichwohl ist Pindar mehr p2c_541.012
wegen seines üppigen Ausdrucks, wegen seiner Jdeenassoziationen p2c_541.013
und Uebergänge schwer. Jm Ganzen bleibt er p2c_541.014
immer fast zu viel und zu einseitig bey seinen fürs höhere p2c_541.015
Gefühl armen Gegenständen. Er beginnt mit der Hauptidee, p2c_541.016
kehrt auch zu derselben zurück. Seine historischen Digressionen, p2c_541.017
wodurch seine Öden oft unsern Balladen ähnlich p2c_541.018
werden, sind durch die Natur der griechischen Kampfspiele p2c_541.019
bestimmt, und nur in Zusammensetzung einzelner Gedanken p2c_541.020
findet man lyrische Unordnung. Man kann dann wohl, wie p2c_541.021
die Dichterin Corinna, mitunter von ihm sagen: der Same p2c_541.022
müsse mit der Hand gestreut, nicht in ganzen Säcken ausgeschüttet p2c_541.023
werden. Klopstocks Oden sind voll tiefen Gefühls, p2c_541.024
und die herrschende Empfindung läßt seine Phantasie p2c_541.025
nicht sehr herumschweifen. Nur die einzelnen Uebergänge p2c_541.026
machen den Plan zuweilen schwer. Ramler und Uz haben p2c_541.027
mehr den Horaz nachgeahmt.
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