Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.p2c_787.001 p2c_787.001 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0311" n="787"/><lb n="p2c_787.001"/> . Ariost hingegen und andre <hi rendition="#g">neuere</hi> Dichter setzen <lb n="p2c_787.002"/> in ihren Gleichnissen alles, was Kunst, Wissenschaft und <lb n="p2c_787.003"/> menschliche Erfindsamkeit ihnen darbietet, zusammen. ─ <lb n="p2c_787.004"/> Eine einzige Gattung der pragmatischen <hi rendition="#g">Poesie</hi> hat in <lb n="p2c_787.005"/> dem <hi rendition="#g">neuen</hi> Zeitalter in Vergleichung mit ihrem Zustande <lb n="p2c_787.006"/> bey den Alten gewonnen, und das ist das <hi rendition="#g">Lustspiel,</hi> <lb n="p2c_787.007"/> besonders, das feincomische, weil die alten, wie Aristophanes <lb n="p2c_787.008"/> zeigt, beym groteskkomischen stehen blieben, unsere <lb n="p2c_787.009"/> gesellschaftlichen Verhältnisse dagegen und der Unterschied <lb n="p2c_787.010"/> der Stände mehr Karrikaturen hervorbringen, als die <hi rendition="#g">Alten</hi> <lb n="p2c_787.011"/> aufzuweisen hatten. Auch hat das Zeitalter der Cultur <lb n="p2c_787.012"/> und künstlichen Freyheit, den <hi rendition="#g">Humor,</hi> die Laune erzeugt, <lb n="p2c_787.013"/> welche den Alten ganz mangelt. Was übrigens <lb n="p2c_787.014"/> die Einrichtung der <hi rendition="#g">Schauspiele</hi> betrifft, so zeigt sich <lb n="p2c_787.015"/> auch hier der Unterschied der <hi rendition="#g">alten</hi> und <hi rendition="#g">neuen</hi> Poesie. <lb n="p2c_787.016"/> Die Alten arbeiteten bey allen ihren Kunstwerken in großen <lb n="p2c_787.017"/> colossalischen Massen, weil sie das Auge durch außerordentliche <lb n="p2c_787.018"/> Gestalten zu füllen suchen. Daher, und wegen den <lb n="p2c_787.019"/> bleibenden Charakterrollen im Lustspiel, gebrauchten sie <lb n="p2c_787.020"/> Masken. Die <hi rendition="#g">Neuern</hi> suchen in allen Dingen mehr die <lb n="p2c_787.021"/> Seele. Sie verlangen, daß weniger die äußere Gestalt, <lb n="p2c_787.022"/> als die Mine des Schauspielers wirke. Auch ist man dem <lb n="p2c_787.023"/> Schauspieler bey uns näher, als in den alten Theatern. ─ <lb n="p2c_787.024"/> So viel von der <hi rendition="#g">historischen</hi> Poesie. ─ Was die <hi rendition="#g">beschreibende</hi> <lb n="p2c_787.025"/> Poesie betrifft, so ist schon bemerkt worden, <lb n="p2c_787.026"/> daß die <hi rendition="#g">Neuern</hi> hierinnen den Vorzug haben. Die <hi rendition="#g">Alten</hi> <lb n="p2c_787.027"/> kannten die Natur weniger im Großen, weil ihre mythologischen <lb n="p2c_787.028"/> Jdeen den Blick beschränkten. Daher findet </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [787/0311]
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. Ariost hingegen und andre neuere Dichter setzen p2c_787.002
in ihren Gleichnissen alles, was Kunst, Wissenschaft und p2c_787.003
menschliche Erfindsamkeit ihnen darbietet, zusammen. ─ p2c_787.004
Eine einzige Gattung der pragmatischen Poesie hat in p2c_787.005
dem neuen Zeitalter in Vergleichung mit ihrem Zustande p2c_787.006
bey den Alten gewonnen, und das ist das Lustspiel, p2c_787.007
besonders, das feincomische, weil die alten, wie Aristophanes p2c_787.008
zeigt, beym groteskkomischen stehen blieben, unsere p2c_787.009
gesellschaftlichen Verhältnisse dagegen und der Unterschied p2c_787.010
der Stände mehr Karrikaturen hervorbringen, als die Alten p2c_787.011
aufzuweisen hatten. Auch hat das Zeitalter der Cultur p2c_787.012
und künstlichen Freyheit, den Humor, die Laune erzeugt, p2c_787.013
welche den Alten ganz mangelt. Was übrigens p2c_787.014
die Einrichtung der Schauspiele betrifft, so zeigt sich p2c_787.015
auch hier der Unterschied der alten und neuen Poesie. p2c_787.016
Die Alten arbeiteten bey allen ihren Kunstwerken in großen p2c_787.017
colossalischen Massen, weil sie das Auge durch außerordentliche p2c_787.018
Gestalten zu füllen suchen. Daher, und wegen den p2c_787.019
bleibenden Charakterrollen im Lustspiel, gebrauchten sie p2c_787.020
Masken. Die Neuern suchen in allen Dingen mehr die p2c_787.021
Seele. Sie verlangen, daß weniger die äußere Gestalt, p2c_787.022
als die Mine des Schauspielers wirke. Auch ist man dem p2c_787.023
Schauspieler bey uns näher, als in den alten Theatern. ─ p2c_787.024
So viel von der historischen Poesie. ─ Was die beschreibende p2c_787.025
Poesie betrifft, so ist schon bemerkt worden, p2c_787.026
daß die Neuern hierinnen den Vorzug haben. Die Alten p2c_787.027
kannten die Natur weniger im Großen, weil ihre mythologischen p2c_787.028
Jdeen den Blick beschränkten. Daher findet
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