p2c_768.001 Andeutung. Aus dem Plutarch sehn wir, daß diese Räthsel p2c_768.002 auch die Form des Scolions hatten. - Jndeß hat p2c_768.003 beym Athenäus Räthsel eine zu weite Bedeutung. Jede p2c_768.004 scherzhafte Aufgabe in der Gesellschaft, jede Art Pfänderspiel p2c_768.005 hat bey ihm diesen Nahmen. Z. B. sagen, welche p2c_768.006 Stadt in Asien, welcher Vers im Homer mit einem gewissen p2c_768.007 Buchstaben anfängt. Man hatte ganze logogryphische p2c_768.008 Dramen, wo Buchstaben die Personen waren. Selbst Sophocles p2c_768.009 soll in einem Satyrischen Drama ein Buchstabenballet p2c_768.010 aufgeführt haben, vielleicht etwas ähnliches, wie das Ballet p2c_768.011 zu Ehren des Königs Stanislaus, welches Sulzer unter p2c_768.012 dem Wort Anagramma anführt, wo Jünglinge mit Schilden p2c_768.013 tanzten, auf denen gewisse Buchstaben von Gold geschrieben p2c_768.014 waren. Pindar hat eine Ode ohne sigma gedichtet, p2c_768.015 als Auflösung einer scherzhaften räthselhaften Aufgabe. p2c_768.016 - Euripides beschreibt den Nahmen Theseus, indem er p2c_768.017 räthselhaft die Gestalt der Buchstaben von einem Landmann p2c_768.018 beschreiben läßt. Mehrere in der Geschichte berühmte politische p2c_768.019 Räthsel führt Athenäus an. Heutzutage glücken den p2c_768.020 Dichtern die Räthsel am besten, und sie werden auch am p2c_768.021 meisten geliebt, weil man sich gern mit der Poesie kurz abfindet. p2c_768.022 Dies zeigt einen überwiegenden Haug zum niedlichen p2c_768.023 , andern Theils aber auch zum allegorischen und mystischen p2c_768.024 an, wie in jedem philosophischen Zeitalter. Daß die p2c_768.025 Räthsel der Philosophie verwandt sind, bemerkt schon p2c_768.026 Clearch, beym Athenäus. Wer nicht bessere Nachrichten p2c_768.027 hat, möchte aus der jetzigen Räthselsucht beynah das Ende p2c_768.028 aller Poesie prophezeihn. Denn das System der Poetik
p2c_768.001 Andeutung. Aus dem Plutarch sehn wir, daß diese Räthsel p2c_768.002 auch die Form des Scolions hatten. ─ Jndeß hat p2c_768.003 beym Athenäus Räthsel eine zu weite Bedeutung. Jede p2c_768.004 scherzhafte Aufgabe in der Gesellschaft, jede Art Pfänderspiel p2c_768.005 hat bey ihm diesen Nahmen. Z. B. sagen, welche p2c_768.006 Stadt in Asien, welcher Vers im Homer mit einem gewissen p2c_768.007 Buchstaben anfängt. Man hatte ganze logogryphische p2c_768.008 Dramen, wo Buchstaben die Personen waren. Selbst Sophocles p2c_768.009 soll in einem Satyrischen Drama ein Buchstabenballet p2c_768.010 aufgeführt haben, vielleicht etwas ähnliches, wie das Ballet p2c_768.011 zu Ehren des Königs Stanislaus, welches Sulzer unter p2c_768.012 dem Wort Anagramma anführt, wo Jünglinge mit Schilden p2c_768.013 tanzten, auf denen gewisse Buchstaben von Gold geschrieben p2c_768.014 waren. Pindar hat eine Ode ohne sigma gedichtet, p2c_768.015 als Auflösung einer scherzhaften räthselhaften Aufgabe. p2c_768.016 ─ Euripides beschreibt den Nahmen Theseus, indem er p2c_768.017 räthselhaft die Gestalt der Buchstaben von einem Landmann p2c_768.018 beschreiben läßt. Mehrere in der Geschichte berühmte politische p2c_768.019 Räthsel führt Athenäus an. Heutzutage glücken den p2c_768.020 Dichtern die Räthsel am besten, und sie werden auch am p2c_768.021 meisten geliebt, weil man sich gern mit der Poesie kurz abfindet. p2c_768.022 Dies zeigt einen überwiegenden Haug zum niedlichen p2c_768.023 , andern Theils aber auch zum allegorischen und mystischen p2c_768.024 an, wie in jedem philosophischen Zeitalter. Daß die p2c_768.025 Räthsel der Philosophie verwandt sind, bemerkt schon p2c_768.026 Clearch, beym Athenäus. Wer nicht bessere Nachrichten p2c_768.027 hat, möchte aus der jetzigen Räthselsucht beynah das Ende p2c_768.028 aller Poesie prophezeihn. Denn das System der Poetik
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804, S. 768. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik02_1804/292>, abgerufen am 16.02.2025.
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