p2c_746.001 Allein außerdem muß er irgend ein griechisches Hauptwerk p2c_746.002 zum Grunde gelegt haben, wie dies die Art fast aller römischer p2c_746.003 Dichter war. Mehrere Griechen sollen unter dem Titel p2c_746.004 metamorphoseon Bücher geschrieben haben, unter andern p2c_746.005 Callisthenes. - Die Jdee eine allgemeine Geschichte p2c_746.006 der wunderbarsten Verwandlungen von Schöpfung der p2c_746.007 Welt bis auf die neusten Zeiten zu entwerfen, ist allegorisch,p2c_746.008 und eine der glücklichsten muntersten, welche die p2c_746.009 menschliche Phantasie fassen kann. Das äußere der Natur p2c_746.010 zeigt einen beständigen Wechsel, eine immerwährende Veränderung p2c_746.011 der Gestalten. Es ist dem Menschen natürlich, p2c_746.012 einen allgemeinen wunderbaren Geist des Lebens bey diesen p2c_746.013 Veränderungen vorauszusetzen, der bald diese bald jene p2c_746.014 Form annimmt, der die kleinsten und größten Gegenstände p2c_746.015 beseelt, für den nichts todt ist. Die körperliche Natur, p2c_746.016 eben wegen ihrer Veränderlichkeit erscheint als der Spiegel p2c_746.017 des ewigen Geistes, der seine Gedanken in ihr abwechselnd p2c_746.018 wiederstrahlt! Diese einzelnen Gedanken des Urgeists, welche p2c_746.019 die scheinbar trägen Massen bewohnen, macht die Allegorie p2c_746.020 zu mythologischen Wesen. Was bey Leibnitz Monaden, p2c_746.021 bey Berkley Gedanken Gottes sind, das sind in der p2c_746.022 spielenden Phantasie des Dichters Götter, Menschen, p2c_746.023 Thiere und Pflanzen, die bald diese, bald eine andere Gestalt p2c_746.024 annehmen, aber immer lebendig, immer im großen p2c_746.025 Weltraum zu Hause sind. Sollte Ovid das Große seines p2c_746.026 allegorischen Hauptgedankens gefühlt haben? Nach den ersten p2c_746.027 Versen des Gedichts, welche ziemlich matt sind, möchte p2c_746.028 man daran zweifeln. - Jndeß die Geschichte selbst beginnt
p2c_746.001 Allein außerdem muß er irgend ein griechisches Hauptwerk p2c_746.002 zum Grunde gelegt haben, wie dies die Art fast aller römischer p2c_746.003 Dichter war. Mehrere Griechen sollen unter dem Titel p2c_746.004 μεταμορφοσεων Bücher geschrieben haben, unter andern p2c_746.005 Callisthenes. ─ Die Jdee eine allgemeine Geschichte p2c_746.006 der wunderbarsten Verwandlungen von Schöpfung der p2c_746.007 Welt bis auf die neusten Zeiten zu entwerfen, ist allegorisch,p2c_746.008 und eine der glücklichsten muntersten, welche die p2c_746.009 menschliche Phantasie fassen kann. Das äußere der Natur p2c_746.010 zeigt einen beständigen Wechsel, eine immerwährende Veränderung p2c_746.011 der Gestalten. Es ist dem Menschen natürlich, p2c_746.012 einen allgemeinen wunderbaren Geist des Lebens bey diesen p2c_746.013 Veränderungen vorauszusetzen, der bald diese bald jene p2c_746.014 Form annimmt, der die kleinsten und größten Gegenstände p2c_746.015 beseelt, für den nichts todt ist. Die körperliche Natur, p2c_746.016 eben wegen ihrer Veränderlichkeit erscheint als der Spiegel p2c_746.017 des ewigen Geistes, der seine Gedanken in ihr abwechselnd p2c_746.018 wiederstrahlt! Diese einzelnen Gedanken des Urgeists, welche p2c_746.019 die scheinbar trägen Massen bewohnen, macht die Allegorie p2c_746.020 zu mythologischen Wesen. Was bey Leibnitz Monaden, p2c_746.021 bey Berkley Gedanken Gottes sind, das sind in der p2c_746.022 spielenden Phantasie des Dichters Götter, Menschen, p2c_746.023 Thiere und Pflanzen, die bald diese, bald eine andere Gestalt p2c_746.024 annehmen, aber immer lebendig, immer im großen p2c_746.025 Weltraum zu Hause sind. Sollte Ovid das Große seines p2c_746.026 allegorischen Hauptgedankens gefühlt haben? Nach den ersten p2c_746.027 Versen des Gedichts, welche ziemlich matt sind, möchte p2c_746.028 man daran zweifeln. ─ Jndeß die Geschichte selbst beginnt
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804, S. 746. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik02_1804/270>, abgerufen am 16.02.2025.
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