Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.p2c_502.001 p2c_502.001 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0026" n="502"/><lb n="p2c_502.001"/><hi rendition="#g">Symbol</hi> des Geistes ist, der doch selbst der Materialist <lb n="p2c_502.002"/> die <hi rendition="#g">Realität</hi> nicht abspricht, warum soll die Geschichte, <lb n="p2c_502.003"/> die das Göttliche in der Zeit darstellt, nicht auch <hi rendition="#g">symbolisch</hi> <lb n="p2c_502.004"/> und dennoch innig mit der physischen Realität verwebt <lb n="p2c_502.005"/> seyn? Hiermit sagen wir also nicht, daß die religiöse <lb n="p2c_502.006"/> Weltgeschichte <hi rendition="#g">poetische</hi> Allegorie im gemeinen Sinne <lb n="p2c_502.007"/> dieses Worts sey. Dieses haben wohl auch zum Theil Theologen <lb n="p2c_502.008"/> andeuten wollen, doch unsrer Meynung nach mit Unrecht. <lb n="p2c_502.009"/> Die vom historischen Realismus verführten Sprachforscher <lb n="p2c_502.010"/> und Aufklärer der Bibel können indeß der Sache der <lb n="p2c_502.011"/> Religion wenig schaden, wenn sie uns aufmerksam darauf <lb n="p2c_502.012"/> machen, daß Adam vielleicht eine mystische Person, die <lb n="p2c_502.013"/> Menschheit bedeute, daß die Schöpfungstage sechs <hi rendition="#g">Zeiten</hi> <lb n="p2c_502.014"/> gewesen, daß Elohim ein Plural sey u. s. w. Die Hauptwahrheiten <lb n="p2c_502.015"/> der Religion bleiben immer dieselben. 3) Um der <lb n="p2c_502.016"/> <hi rendition="#g">idealen</hi> Weltgeschichte ihre historische Realität zu sichern, <lb n="p2c_502.017"/> behaupten wir im § ferner als Kriterium ihrer Aechtheit, <lb n="p2c_502.018"/> daß sie mit der <hi rendition="#g">Historie</hi> im profanen Sinne in einem innigen <lb n="p2c_502.019"/> Zusammenhange stehen müsse. Es muß den Hauptbegebenheiten, <lb n="p2c_502.020"/> die die religiöse Geschichte erzählt, ihr wirklicher <lb n="p2c_502.021"/> Platz in der <hi rendition="#g">Zeit</hi> angewiesen werden können. Sie <lb n="p2c_502.022"/> muß nicht als das Hirngespinnst eines einzelnen müßigen <lb n="p2c_502.023"/> Kopfes, sondern als ein Phänomen, das einen großen <lb n="p2c_502.024"/> Theil der Menschheit betrifft, anzusehen seyn. Jhre Einwirkung <lb n="p2c_502.025"/> auf die Seelen muß historisch als Factum erwiesen <lb n="p2c_502.026"/> seyn. Hierzu gehört aber nicht, daß diese <hi rendition="#g">ideale</hi> Weltgeschichte <lb n="p2c_502.027"/> im <hi rendition="#g">historischen</hi> Tageslichte erscheine. Dies <lb n="p2c_502.028"/> würde vielmehr ihrem Wesen ganz zuwider seyn. Sie </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [502/0026]
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Symbol des Geistes ist, der doch selbst der Materialist p2c_502.002
die Realität nicht abspricht, warum soll die Geschichte, p2c_502.003
die das Göttliche in der Zeit darstellt, nicht auch symbolisch p2c_502.004
und dennoch innig mit der physischen Realität verwebt p2c_502.005
seyn? Hiermit sagen wir also nicht, daß die religiöse p2c_502.006
Weltgeschichte poetische Allegorie im gemeinen Sinne p2c_502.007
dieses Worts sey. Dieses haben wohl auch zum Theil Theologen p2c_502.008
andeuten wollen, doch unsrer Meynung nach mit Unrecht. p2c_502.009
Die vom historischen Realismus verführten Sprachforscher p2c_502.010
und Aufklärer der Bibel können indeß der Sache der p2c_502.011
Religion wenig schaden, wenn sie uns aufmerksam darauf p2c_502.012
machen, daß Adam vielleicht eine mystische Person, die p2c_502.013
Menschheit bedeute, daß die Schöpfungstage sechs Zeiten p2c_502.014
gewesen, daß Elohim ein Plural sey u. s. w. Die Hauptwahrheiten p2c_502.015
der Religion bleiben immer dieselben. 3) Um der p2c_502.016
idealen Weltgeschichte ihre historische Realität zu sichern, p2c_502.017
behaupten wir im § ferner als Kriterium ihrer Aechtheit, p2c_502.018
daß sie mit der Historie im profanen Sinne in einem innigen p2c_502.019
Zusammenhange stehen müsse. Es muß den Hauptbegebenheiten, p2c_502.020
die die religiöse Geschichte erzählt, ihr wirklicher p2c_502.021
Platz in der Zeit angewiesen werden können. Sie p2c_502.022
muß nicht als das Hirngespinnst eines einzelnen müßigen p2c_502.023
Kopfes, sondern als ein Phänomen, das einen großen p2c_502.024
Theil der Menschheit betrifft, anzusehen seyn. Jhre Einwirkung p2c_502.025
auf die Seelen muß historisch als Factum erwiesen p2c_502.026
seyn. Hierzu gehört aber nicht, daß diese ideale Weltgeschichte p2c_502.027
im historischen Tageslichte erscheine. Dies p2c_502.028
würde vielmehr ihrem Wesen ganz zuwider seyn. Sie
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