p2c_719.001 , der auseinandergesetzt werden soll, als die Operation p2c_719.002 des Verstandes selbst, der auf eine poetische, geistreiche p2c_719.003 Art, über denselben nachdenkt. Der Verstand soll p2c_719.004 beym didaktischen Gedicht nur insofern interessirt werden, p2c_719.005 daß er sich selbst unter der Form der Schönheit erscheine, p2c_719.006 daß seine Abstractionsfähigkeit in Zusammenhang mit der p2c_719.007 Phantasie und dem Empfindungsvermögen gezeigt werde. p2c_719.008 Bey der höhern didaktischen Poesie ist der Zusammenhang p2c_719.009 klar, das Streben des philosophirenden Verstandes wegen p2c_719.010 der Wichtigkeit der Untersuchungen und ihres Einflusses auf p2c_719.011 die ganze Seele, an sich schon ästhetisch. Bey der p2c_719.012 niedern didaktischen Poesie ist der Zusammenhang der p2c_719.013 abstrakten Wahrheiten mit der Phantasie nicht so p2c_719.014 unmittelbar. Es giebt viele Wissenschaften, die eigentlich p2c_719.015 mehr Grillenspiele sind, die den Verstand beschäftigen, ohne p2c_719.016 den Menschen zu begeistern. Die eigentlich scientifischen p2c_719.017 abstrakten Begriffe werden also bey der niedern didaktischen p2c_719.018 Poesie am wenigsten ihr Glück machen. Die besten p2c_719.019 größern Lehrgedichte der zweyten Ordnung bey den Alten p2c_719.020 sind gar nicht wissenschaftlich, sondern enthalten blos Erfahrungen p2c_719.021 über Gegenstände der Natur und Kunst, die ästhetisch p2c_719.022 sind. - Hesiodus erga kai emerai, besonders die p2c_719.023 erga enthalten so viel philosophische Mythen und moralische p2c_719.024 Lehren über die Bestimmung des Menschen, daß man sie p2c_719.025 füglich zu den höhern Lehrgedichten zählen kann. Zum p2c_719.026 Theil hat aber auch das Werk gnomische Poesie, Sentenzen p2c_719.027 ohne Zusammenhang. Zum Theil ist es beschreibendep2c_719.028 Jdylle. Virgils Landbau hat beynah zu wenig,
p2c_719.001 , der auseinandergesetzt werden soll, als die Operation p2c_719.002 des Verstandes selbst, der auf eine poetische, geistreiche p2c_719.003 Art, über denselben nachdenkt. Der Verstand soll p2c_719.004 beym didaktischen Gedicht nur insofern interessirt werden, p2c_719.005 daß er sich selbst unter der Form der Schönheit erscheine, p2c_719.006 daß seine Abstractionsfähigkeit in Zusammenhang mit der p2c_719.007 Phantasie und dem Empfindungsvermögen gezeigt werde. p2c_719.008 Bey der höhern didaktischen Poesie ist der Zusammenhang p2c_719.009 klar, das Streben des philosophirenden Verstandes wegen p2c_719.010 der Wichtigkeit der Untersuchungen und ihres Einflusses auf p2c_719.011 die ganze Seele, an sich schon ästhetisch. Bey der p2c_719.012 niedern didaktischen Poesie ist der Zusammenhang der p2c_719.013 abstrakten Wahrheiten mit der Phantasie nicht so p2c_719.014 unmittelbar. Es giebt viele Wissenschaften, die eigentlich p2c_719.015 mehr Grillenspiele sind, die den Verstand beschäftigen, ohne p2c_719.016 den Menschen zu begeistern. Die eigentlich scientifischen p2c_719.017 abstrakten Begriffe werden also bey der niedern didaktischen p2c_719.018 Poesie am wenigsten ihr Glück machen. Die besten p2c_719.019 größern Lehrgedichte der zweyten Ordnung bey den Alten p2c_719.020 sind gar nicht wissenschaftlich, sondern enthalten blos Erfahrungen p2c_719.021 über Gegenstände der Natur und Kunst, die ästhetisch p2c_719.022 sind. ─ Hesiodus εργα και ἡμεραι, besonders die p2c_719.023 εργα enthalten so viel philosophische Mythen und moralische p2c_719.024 Lehren über die Bestimmung des Menschen, daß man sie p2c_719.025 füglich zu den höhern Lehrgedichten zählen kann. Zum p2c_719.026 Theil hat aber auch das Werk gnomische Poesie, Sentenzen p2c_719.027 ohne Zusammenhang. Zum Theil ist es beschreibendep2c_719.028 Jdylle. Virgils Landbau hat beynah zu wenig,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0243"n="719"/><lbn="p2c_719.001"/>
, der auseinandergesetzt werden soll, als die Operation <lbn="p2c_719.002"/>
des Verstandes selbst, der auf eine poetische, geistreiche <lbn="p2c_719.003"/>
Art, über denselben nachdenkt. Der Verstand soll <lbn="p2c_719.004"/>
beym didaktischen Gedicht nur insofern interessirt werden, <lbn="p2c_719.005"/>
daß er sich selbst unter der Form der Schönheit erscheine, <lbn="p2c_719.006"/>
daß seine Abstractionsfähigkeit in Zusammenhang mit der <lbn="p2c_719.007"/>
Phantasie und dem Empfindungsvermögen gezeigt werde. <lbn="p2c_719.008"/>
Bey der <hirendition="#g">höhern</hi> didaktischen Poesie ist der Zusammenhang <lbn="p2c_719.009"/>
klar, das Streben des philosophirenden Verstandes wegen <lbn="p2c_719.010"/>
der Wichtigkeit der Untersuchungen und ihres Einflusses auf <lbn="p2c_719.011"/>
die ganze Seele, an sich schon <hirendition="#g">ästhetisch.</hi> Bey der <lbn="p2c_719.012"/><hirendition="#g">niedern</hi> didaktischen Poesie ist der Zusammenhang der <lbn="p2c_719.013"/><hirendition="#g">abstrakten</hi> Wahrheiten mit der Phantasie nicht so <lbn="p2c_719.014"/>
unmittelbar. Es giebt viele Wissenschaften, die eigentlich <lbn="p2c_719.015"/>
mehr Grillenspiele sind, die den Verstand beschäftigen, ohne <lbn="p2c_719.016"/>
den Menschen zu begeistern. Die eigentlich scientifischen <lbn="p2c_719.017"/>
abstrakten Begriffe werden also bey der <hirendition="#g">niedern</hi> didaktischen <lbn="p2c_719.018"/>
Poesie am wenigsten ihr Glück machen. Die besten <lbn="p2c_719.019"/>
größern Lehrgedichte der zweyten Ordnung bey den Alten <lbn="p2c_719.020"/>
sind gar nicht wissenschaftlich, sondern enthalten blos Erfahrungen <lbn="p2c_719.021"/>
über Gegenstände der Natur und Kunst, die ästhetisch <lbn="p2c_719.022"/>
sind. ─<hirendition="#aq">Hesiodus <foreignxml:lang="grc">εργακαιἡμεραι</foreign></hi>, besonders die <lbn="p2c_719.023"/><foreignxml:lang="grc">εργα</foreign> enthalten so viel philosophische Mythen und moralische <lbn="p2c_719.024"/>
Lehren über die Bestimmung des Menschen, daß man sie <lbn="p2c_719.025"/>
füglich zu den höhern Lehrgedichten zählen kann. Zum <lbn="p2c_719.026"/>
Theil hat aber auch das Werk <hirendition="#g">gnomische</hi> Poesie, Sentenzen <lbn="p2c_719.027"/>
ohne Zusammenhang. Zum Theil ist es <hirendition="#g">beschreibende</hi><lbn="p2c_719.028"/>
Jdylle. Virgils Landbau hat beynah zu wenig,
</p></div></div></div></body></text></TEI>
[719/0243]
p2c_719.001
, der auseinandergesetzt werden soll, als die Operation p2c_719.002
des Verstandes selbst, der auf eine poetische, geistreiche p2c_719.003
Art, über denselben nachdenkt. Der Verstand soll p2c_719.004
beym didaktischen Gedicht nur insofern interessirt werden, p2c_719.005
daß er sich selbst unter der Form der Schönheit erscheine, p2c_719.006
daß seine Abstractionsfähigkeit in Zusammenhang mit der p2c_719.007
Phantasie und dem Empfindungsvermögen gezeigt werde. p2c_719.008
Bey der höhern didaktischen Poesie ist der Zusammenhang p2c_719.009
klar, das Streben des philosophirenden Verstandes wegen p2c_719.010
der Wichtigkeit der Untersuchungen und ihres Einflusses auf p2c_719.011
die ganze Seele, an sich schon ästhetisch. Bey der p2c_719.012
niedern didaktischen Poesie ist der Zusammenhang der p2c_719.013
abstrakten Wahrheiten mit der Phantasie nicht so p2c_719.014
unmittelbar. Es giebt viele Wissenschaften, die eigentlich p2c_719.015
mehr Grillenspiele sind, die den Verstand beschäftigen, ohne p2c_719.016
den Menschen zu begeistern. Die eigentlich scientifischen p2c_719.017
abstrakten Begriffe werden also bey der niedern didaktischen p2c_719.018
Poesie am wenigsten ihr Glück machen. Die besten p2c_719.019
größern Lehrgedichte der zweyten Ordnung bey den Alten p2c_719.020
sind gar nicht wissenschaftlich, sondern enthalten blos Erfahrungen p2c_719.021
über Gegenstände der Natur und Kunst, die ästhetisch p2c_719.022
sind. ─ Hesiodus εργα και ἡμεραι, besonders die p2c_719.023
εργα enthalten so viel philosophische Mythen und moralische p2c_719.024
Lehren über die Bestimmung des Menschen, daß man sie p2c_719.025
füglich zu den höhern Lehrgedichten zählen kann. Zum p2c_719.026
Theil hat aber auch das Werk gnomische Poesie, Sentenzen p2c_719.027
ohne Zusammenhang. Zum Theil ist es beschreibende p2c_719.028
Jdylle. Virgils Landbau hat beynah zu wenig,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: gekennzeichnet;
Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: nicht übernommen;
Kustoden: nicht übernommen;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine;
rundes r (ꝛ): wie Vorlage;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: nicht übernommen;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: wie Vorlage;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804, S. 719. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik02_1804/243>, abgerufen am 17.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.