Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.p2c_687.001 p2c_687.013 p2c_687.014 p2c_687.021 p2c_687.001 p2c_687.013 p2c_687.014 p2c_687.021 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0211" n="687"/><lb n="p2c_687.001"/> der Phantasie zu wenig, um als <hi rendition="#g">Jdeal</hi> die <lb n="p2c_687.002"/> Phantasie zu füllen. Also auch aus diesem Grunde gehört <lb n="p2c_687.003"/> das <hi rendition="#g">moralische</hi> beschreibende Gedicht zu der <hi rendition="#g">niedern</hi> <lb n="p2c_687.004"/> beschreibenden Poesie. Nur allein die postulirte <hi rendition="#g">religiöse</hi> <lb n="p2c_687.005"/> Jdylle konnte vielleicht zum <hi rendition="#g">höhern</hi> beschreibenden Gedicht <lb n="p2c_687.006"/> gerechnet werden. Denn die <hi rendition="#g">religiöse</hi> Welt wäre <lb n="p2c_687.007"/> für die Phantasie bedeutend genug, um sich darunter das <lb n="p2c_687.008"/> beharrliche Jdeal der Anschauung vorzustellen, und die Empfindung <lb n="p2c_687.009"/> des erhabenen würde dadurch auch bewirkt werden. <lb n="p2c_687.010"/> Die Szene des letzten Abendmahls Christi gäbe, z. B. Stoff <lb n="p2c_687.011"/> zu so einer <hi rendition="#g">religiösen</hi> Jdylle. Klopstocks Gedicht nähert <lb n="p2c_687.012"/> sich zuweilen dieser postulirten Dichtart.</p> <p> <hi rendition="#c"><lb n="p2c_687.013"/> §. 3.</hi> </p> <p><lb n="p2c_687.014"/> Die <hi rendition="#g">Jdylle</hi> im Engern Sinne ist ein Gedicht der <lb n="p2c_687.015"/> niedern beschreibenden Poesie, (eine Unterart der moralischen <lb n="p2c_687.016"/> beschreibenden Dichtungsart) wodurch die Sitten <lb n="p2c_687.017"/> des Menschen, von Seiten ihrer lebendigen unbefangenen <lb n="p2c_687.018"/> Schönheit, also vorzüglich im Naturstande <lb n="p2c_687.019"/> und Landleben für die Phantasie anschaulich dargestellt <lb n="p2c_687.020"/> werden.</p> <p><lb n="p2c_687.021"/><hi rendition="#g">Anmerk.</hi> 1. Der <hi rendition="#g">Gegenstand</hi> ist also eine Ansicht <lb n="p2c_687.022"/> des noch nicht cultivirten oder ländlichen Lebens. Der <lb n="p2c_687.023"/> Ausdruck <hi rendition="#g">Schäfer=</hi> und <hi rendition="#g">Hirtengedicht</hi> ist freylich etwas <lb n="p2c_687.024"/> eng. Denn Adam und Eva könnten füglich auch im <lb n="p2c_687.025"/> Paradiese schon geschildert, Personen einer Jdylle seyn. </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [687/0211]
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der Phantasie zu wenig, um als Jdeal die p2c_687.002
Phantasie zu füllen. Also auch aus diesem Grunde gehört p2c_687.003
das moralische beschreibende Gedicht zu der niedern p2c_687.004
beschreibenden Poesie. Nur allein die postulirte religiöse p2c_687.005
Jdylle konnte vielleicht zum höhern beschreibenden Gedicht p2c_687.006
gerechnet werden. Denn die religiöse Welt wäre p2c_687.007
für die Phantasie bedeutend genug, um sich darunter das p2c_687.008
beharrliche Jdeal der Anschauung vorzustellen, und die Empfindung p2c_687.009
des erhabenen würde dadurch auch bewirkt werden. p2c_687.010
Die Szene des letzten Abendmahls Christi gäbe, z. B. Stoff p2c_687.011
zu so einer religiösen Jdylle. Klopstocks Gedicht nähert p2c_687.012
sich zuweilen dieser postulirten Dichtart.
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§. 3.
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Die Jdylle im Engern Sinne ist ein Gedicht der p2c_687.015
niedern beschreibenden Poesie, (eine Unterart der moralischen p2c_687.016
beschreibenden Dichtungsart) wodurch die Sitten p2c_687.017
des Menschen, von Seiten ihrer lebendigen unbefangenen p2c_687.018
Schönheit, also vorzüglich im Naturstande p2c_687.019
und Landleben für die Phantasie anschaulich dargestellt p2c_687.020
werden.
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Anmerk. 1. Der Gegenstand ist also eine Ansicht p2c_687.022
des noch nicht cultivirten oder ländlichen Lebens. Der p2c_687.023
Ausdruck Schäfer= und Hirtengedicht ist freylich etwas p2c_687.024
eng. Denn Adam und Eva könnten füglich auch im p2c_687.025
Paradiese schon geschildert, Personen einer Jdylle seyn.
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