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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.

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nicht der ganze Effekt des Stücks durch Einen witzigen Einfall p2c_648.002
verlohren gehn solle. - Jeder andre Dichter kann auf p2c_648.003
den Geschmack seines Publikums wirken, kann erst ein Publikum p2c_648.004
zu sich heranheben. Der tragische Dichter kann das p2c_648.005
nicht. Denn er hat sich schon durch die Wahl der poetischen p2c_648.006
Gattung, in welcher er arbeitet, von der Laune seines p2c_648.007
Publikums abhängig gemacht. Will er ganz im Geschmack p2c_648.008
einer fremden, einer alten Nazion dichten, so wird er nie p2c_648.009
die Lebendigkeit der Darstellung erreichen. Also ist es freylich p2c_648.010
besser, es nimmt der tragische Dichter auf sein wirkliches p2c_648.011
Publikum Rücksicht.

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Anmerk. 2. Die Tragödie nimmt verschiedene zufällige p2c_648.013
Formen an, um derentwillen sie zuweilen andere p2c_648.014
Beyworte erhält. Schon bey den Alten gab es ein Drama p2c_648.015
satyricum
, wo der Chor aus Satyren bestand. Der Gegenstand p2c_648.016
war hier heitrer, z. B. der Poliphem des Euripides. p2c_648.017
An drey Festen wurden ernste Tragödien gegeben, im vierten p2c_648.018
eine satyrische - daher der Ausdruck tetralogia saturike. p2c_648.019
- Etwas dem ähnliches sind die Tragicomödien p2c_648.020
der Spanier und andern neuern Nazionen. Man hat geistliche p2c_648.021
Dramen, bürgerliches Trauerspiel, (wo die Situation p2c_648.022
aus dem gemeinen Leben genommen ist, wenn sie p2c_648.023
gleich zu einer heroischen Handlung Gelegenheit giebt.) p2c_648.024
Klopstocks Bardieten sind tragische Darstellungen aus der altdeutschen p2c_648.025
Geschichte mit Bardenchören. Man nennt manche p2c_648.026
(besonders Ritter=) Stücke, die eine Empfindung des p2c_648.027
höhern Schönen erwecken sollen, ohne daß der Ausgang

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nicht der ganze Effekt des Stücks durch Einen witzigen Einfall p2c_648.002
verlohren gehn solle. ─ Jeder andre Dichter kann auf p2c_648.003
den Geschmack seines Publikums wirken, kann erst ein Publikum p2c_648.004
zu sich heranheben. Der tragische Dichter kann das p2c_648.005
nicht. Denn er hat sich schon durch die Wahl der poetischen p2c_648.006
Gattung, in welcher er arbeitet, von der Laune seines p2c_648.007
Publikums abhängig gemacht. Will er ganz im Geschmack p2c_648.008
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die Lebendigkeit der Darstellung erreichen. Also ist es freylich p2c_648.010
besser, es nimmt der tragische Dichter auf sein wirkliches p2c_648.011
Publikum Rücksicht.

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An drey Festen wurden ernste Tragödien gegeben, im vierten p2c_648.018
eine satyrische ─ daher der Ausdruck τετραλογια σατυρικη. p2c_648.019
─ Etwas dem ähnliches sind die Tragicomödien p2c_648.020
der Spanier und andern neuern Nazionen. Man hat geistliche p2c_648.021
Dramen, bürgerliches Trauerspiel, (wo die Situation p2c_648.022
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Zitationshilfe: Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804, S. 648. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik02_1804/172>, abgerufen am 24.11.2024.