p2c_617.001 nicht orientiren. Es ist dies eine besondere Richtung, welche p2c_617.002 die Poesie bey den neuern Nazionen genommen hat. Die p2c_617.003 Phantasie, die hier recht eigentlich zu Hause ist, will sich p2c_617.004 verliehren in einzelnen Situationen des Lebens. - Weil p2c_617.005 oft der Stoff für dergleichen Gedichte aus den Ritterzeitenp2c_617.006 genommen wird, so nennt man sie auch Rittergedichte.p2c_617.007 Der ästhetische Jnhalt ist also das romantisch p2c_617.008 schöne, mithin die Grazie (s. oben von den Untergattungen p2c_617.009 des Schönen.) Man könnte das romantischep2c_617.010 Gedicht mehr zu den historischen Gedichten des niedernp2c_617.011 Schönen zählen, wenn nicht der kriegerische Stoff p2c_617.012 der Empfindung eine herrschende Heftigkeit und Hoheitp2c_617.013 mittheilte. Der Styl muß leicht seyn, kann p2c_617.014 ans Galante gränzen. Da die Phantasie hier vorzüglich p2c_617.015 spielt, so kommt dem Dichter sogar der Ton einer Jronie p2c_617.016 mit sich selbst und des Scherzes zu. Jhn haben Wieland p2c_617.017 und Ariost angenommen, die hier Muster sind. Wieland p2c_617.018 hat Einfachheit des Plans vor Ariost voraus, wenn er p2c_617.019 gleich minder poetisch ist. Das beste Metrum ist die p2c_617.020 Stanze.
p2c_617.021 Anmerk. 2. Kleinere romantische Gedichte in p2c_617.022 Liederform und Volkston, in welchen heroische und andere p2c_617.023 abentheuerliche besonders grausende Begebenheiten dargestellt p2c_617.024 werden, nennt man Balladen oder Romanzenp2c_617.025 im weiten Sinne. Die englischen und altschottischen p2c_617.026 Balladen geben hier das beste Muster. - Der Jnnhalt p2c_617.027 muß abentheuerlich seyn, aus der Ritter=, Kloster=,
p2c_617.001 nicht orientiren. Es ist dies eine besondere Richtung, welche p2c_617.002 die Poesie bey den neuern Nazionen genommen hat. Die p2c_617.003 Phantasie, die hier recht eigentlich zu Hause ist, will sich p2c_617.004 verliehren in einzelnen Situationen des Lebens. ─ Weil p2c_617.005 oft der Stoff für dergleichen Gedichte aus den Ritterzeitenp2c_617.006 genommen wird, so nennt man sie auch Rittergedichte.p2c_617.007 Der ästhetische Jnhalt ist also das romantisch p2c_617.008 schöne, mithin die Grazie (s. oben von den Untergattungen p2c_617.009 des Schönen.) Man könnte das romantischep2c_617.010 Gedicht mehr zu den historischen Gedichten des niedernp2c_617.011 Schönen zählen, wenn nicht der kriegerische Stoff p2c_617.012 der Empfindung eine herrschende Heftigkeit und Hoheitp2c_617.013 mittheilte. Der Styl muß leicht seyn, kann p2c_617.014 ans Galante gränzen. Da die Phantasie hier vorzüglich p2c_617.015 spielt, so kommt dem Dichter sogar der Ton einer Jronie p2c_617.016 mit sich selbst und des Scherzes zu. Jhn haben Wieland p2c_617.017 und Ariost angenommen, die hier Muster sind. Wieland p2c_617.018 hat Einfachheit des Plans vor Ariost voraus, wenn er p2c_617.019 gleich minder poetisch ist. Das beste Metrum ist die p2c_617.020 Stanze.
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804, S. 617. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik02_1804/141>, abgerufen am 17.02.2025.
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