p1c_040.001 auch ausgedrückt sey, noch ein höheres praktischesp1c_040.002 Grundgesetz voraus, das nicht nur die Handlungsweise p1c_040.003 negativ beschränke und bestimme, sondern positiv überhaupt p1c_040.004 das Handeln gebiete. Mithin ist der erste Widerspruch p1c_040.005 dargethan. Diese Formel, welche ein bloßes p1c_040.006 Sittengesetz ist, mithin ein höheres praktisches Grundgesetz p1c_040.007 voraussetzt, ist also nicht selbst das Grundgesetz, für p1c_040.008 welches es gelten will. Wollte man vorschützen, daß der p1c_040.009 Mensch lebe und wolle und handle, sey ihm durch p1c_040.010 den Naturinstinkt gegeben, so antworte ich, daß er mit p1c_040.011 dem Bewußtseyn der Vernunftgesetzgebung auch als freyp1c_040.012 von dem Naturinstinkt angesehen werden müsse, welches p1c_040.013 Kant selbst behauptet. Jst er frey, so hört aller Bestimmungsgrund p1c_040.014 zum Leben durch die Naturtriebe auf. Und p1c_040.015 es muß ihm ein vernünftiger Bestimmungsgrund gegeben p1c_040.016 werden, nicht nur, wie er wolle und handle, d. h. p1c_040.017 lebe, sondern überhaupt auch dazu, daß er wolle und p1c_040.018 handle, d. h. lebe. Es muß also dem, der von den p1c_040.019 Banden des niedern Lebens befreyt ist, ein Bestimmungsgrund p1c_040.020 zum höhern Leben gegeben werden. Dieser Bestimmungsgrund p1c_040.021 kann keine nur beschränkende Formp1c_040.022 des Willens seyn, die der Wille nicht beleidigenp1c_040.023 darf. Das Kantische Gesetz verbietet alle subjektiven p1c_040.024 Maximen, sie verlangt also nichts, als eine formelle p1c_040.025 höchste Jdentität der Vernunft in dem Reiche vernunftbegabter p1c_040.026 Wesen. Jndem sie alle subjektiven Maximen verbietet, p1c_040.027 verbietet sie das niedere Leben, aber sie gebietetp1c_040.028 kein höheres. Jst das Kantische Gesetz
p1c_040.001 auch ausgedrückt sey, noch ein höheres praktischesp1c_040.002 Grundgesetz voraus, das nicht nur die Handlungsweise p1c_040.003 negativ beschränke und bestimme, sondern positiv überhaupt p1c_040.004 das Handeln gebiete. Mithin ist der erste Widerspruch p1c_040.005 dargethan. Diese Formel, welche ein bloßes p1c_040.006 Sittengesetz ist, mithin ein höheres praktisches Grundgesetz p1c_040.007 voraussetzt, ist also nicht selbst das Grundgesetz, für p1c_040.008 welches es gelten will. Wollte man vorschützen, daß der p1c_040.009 Mensch lebe und wolle und handle, sey ihm durch p1c_040.010 den Naturinstinkt gegeben, so antworte ich, daß er mit p1c_040.011 dem Bewußtseyn der Vernunftgesetzgebung auch als freyp1c_040.012 von dem Naturinstinkt angesehen werden müsse, welches p1c_040.013 Kant selbst behauptet. Jst er frey, so hört aller Bestimmungsgrund p1c_040.014 zum Leben durch die Naturtriebe auf. Und p1c_040.015 es muß ihm ein vernünftiger Bestimmungsgrund gegeben p1c_040.016 werden, nicht nur, wie er wolle und handle, d. h. p1c_040.017 lebe, sondern überhaupt auch dazu, daß er wolle und p1c_040.018 handle, d. h. lebe. Es muß also dem, der von den p1c_040.019 Banden des niedern Lebens befreyt ist, ein Bestimmungsgrund p1c_040.020 zum höhern Leben gegeben werden. Dieser Bestimmungsgrund p1c_040.021 kann keine nur beschränkende Formp1c_040.022 des Willens seyn, die der Wille nicht beleidigenp1c_040.023 darf. Das Kantische Gesetz verbietet alle subjektiven p1c_040.024 Maximen, sie verlangt also nichts, als eine formelle p1c_040.025 höchste Jdentität der Vernunft in dem Reiche vernunftbegabter p1c_040.026 Wesen. Jndem sie alle subjektiven Maximen verbietet, p1c_040.027 verbietet sie das niedere Leben, aber sie gebietetp1c_040.028 kein höheres. Jst das Kantische Gesetz
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Mensch lebe und wolle und handle, sey ihm durch p1c_040.010
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/98>, abgerufen am 09.11.2024.
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