Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite

p1c_034.001
seinen Schöpfungen die negativen Regeln der Poetik p1c_034.002
beobachtet, so schreibt man ihm neben dem Genie auch p1c_034.003
Geschmack zu. Jn Ansehung des Kunstpublikums hat p1c_034.004
das Wort Geschmack eine ausgedehntere Bedeutung und p1c_034.005
bezieht sich auch auf die Empfänglichkeit für das eigentliche p1c_034.006
Schöne, auf die Kenntniß der Kunstwerke, auf das Vermögen, p1c_034.007
die Organisation jeder Dichtungsart nachzufühlen, p1c_034.008
und die Grade des ästhetischen Vergnügens zu schätzen.

p1c_034.009
§. 5.

p1c_034.010
Poetik ist Theorie der Poesie überhaupt p1c_034.011
und der einzelnen Dichtungsarten insbesondere, zugleich p1c_034.012
ein Jnbegriff verbietender Regeln für die poetischen p1c_034.013
Kunstwerke, in wie fern diese neben ihrem idealischen p1c_034.014
Charakter auch als einzelne durch den Verstand p1c_034.015
bestimmbare Gegenstände erscheinen.

p1c_034.016
Anmerk. Sie ist ein Theil der Aesthetik, mithin p1c_034.017
der allgemeinen Psychologie. Als Theorie betrachtet sie p1c_034.018
die poetischen Naturerscheinungen des menschlichen Geistes p1c_034.019
nach Grundsätzen. Diese Grundsätze sind aber nur Hypothesen, p1c_034.020
aus der rationalen Psychologie entlehnt, womit eine p1c_034.021
allgemeine Erklärung jener innern Naturerscheinungen versucht

p1c_034.001
seinen Schöpfungen die negativen Regeln der Poetik p1c_034.002
beobachtet, so schreibt man ihm neben dem Genie auch p1c_034.003
Geschmack zu. Jn Ansehung des Kunstpublikums hat p1c_034.004
das Wort Geschmack eine ausgedehntere Bedeutung und p1c_034.005
bezieht sich auch auf die Empfänglichkeit für das eigentliche p1c_034.006
Schöne, auf die Kenntniß der Kunstwerke, auf das Vermögen, p1c_034.007
die Organisation jeder Dichtungsart nachzufühlen, p1c_034.008
und die Grade des ästhetischen Vergnügens zu schätzen.

p1c_034.009
§. 5.

p1c_034.010
Poetik ist Theorie der Poesie überhaupt p1c_034.011
und der einzelnen Dichtungsarten insbesondere, zugleich p1c_034.012
ein Jnbegriff verbietender Regeln für die poetischen p1c_034.013
Kunstwerke, in wie fern diese neben ihrem idealischen p1c_034.014
Charakter auch als einzelne durch den Verstand p1c_034.015
bestimmbare Gegenstände erscheinen.

p1c_034.016
Anmerk. Sie ist ein Theil der Aesthetik, mithin p1c_034.017
der allgemeinen Psychologie. Als Theorie betrachtet sie p1c_034.018
die poetischen Naturerscheinungen des menschlichen Geistes p1c_034.019
nach Grundsätzen. Diese Grundsätze sind aber nur Hypothesen, p1c_034.020
aus der rationalen Psychologie entlehnt, womit eine p1c_034.021
allgemeine Erklärung jener innern Naturerscheinungen versucht

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0092" n="34"/><lb n="p1c_034.001"/>
seinen Schöpfungen die <hi rendition="#g">negativen</hi> Regeln der Poetik <lb n="p1c_034.002"/>
beobachtet, so schreibt man ihm neben dem <hi rendition="#g">Genie</hi> auch <lb n="p1c_034.003"/> <hi rendition="#g">Geschmack</hi> zu. Jn Ansehung des Kunstpublikums hat <lb n="p1c_034.004"/>
das Wort <hi rendition="#g">Geschmack</hi> eine ausgedehntere Bedeutung und <lb n="p1c_034.005"/>
bezieht sich auch auf die Empfänglichkeit für das eigentliche <lb n="p1c_034.006"/> <hi rendition="#g">Schöne,</hi> auf die Kenntniß der Kunstwerke, auf das Vermögen, <lb n="p1c_034.007"/>
die Organisation jeder Dichtungsart nachzufühlen, <lb n="p1c_034.008"/>
und die Grade des ästhetischen Vergnügens zu schätzen.</p>
        </div>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#c"><lb n="p1c_034.009"/>
§. 5. </hi> </head>
          <p><lb n="p1c_034.010"/><hi rendition="#g">Poetik</hi> ist <hi rendition="#g">Theorie</hi> der <hi rendition="#g">Poesie</hi> überhaupt <lb n="p1c_034.011"/>
und der einzelnen Dichtungsarten insbesondere, zugleich <lb n="p1c_034.012"/>
ein <hi rendition="#g">Jnbegriff verbietender</hi> Regeln für die poetischen <lb n="p1c_034.013"/>
Kunstwerke, in wie fern diese neben ihrem idealischen <lb n="p1c_034.014"/>
Charakter auch als einzelne durch den Verstand <lb n="p1c_034.015"/>
bestimmbare Gegenstände erscheinen.</p>
          <p><lb n="p1c_034.016"/><hi rendition="#g">Anmerk.</hi> Sie ist ein Theil der Aesthetik, mithin <lb n="p1c_034.017"/>
der allgemeinen Psychologie. Als <hi rendition="#g">Theorie</hi> betrachtet sie <lb n="p1c_034.018"/>
die poetischen Naturerscheinungen des menschlichen Geistes <lb n="p1c_034.019"/>
nach Grundsätzen. Diese Grundsätze sind aber nur Hypothesen, <lb n="p1c_034.020"/>
aus der rationalen Psychologie entlehnt, womit eine     <lb n="p1c_034.021"/>
allgemeine Erklärung jener innern Naturerscheinungen versucht
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[34/0092] p1c_034.001 seinen Schöpfungen die negativen Regeln der Poetik p1c_034.002 beobachtet, so schreibt man ihm neben dem Genie auch p1c_034.003 Geschmack zu. Jn Ansehung des Kunstpublikums hat p1c_034.004 das Wort Geschmack eine ausgedehntere Bedeutung und p1c_034.005 bezieht sich auch auf die Empfänglichkeit für das eigentliche p1c_034.006 Schöne, auf die Kenntniß der Kunstwerke, auf das Vermögen, p1c_034.007 die Organisation jeder Dichtungsart nachzufühlen, p1c_034.008 und die Grade des ästhetischen Vergnügens zu schätzen. p1c_034.009 §. 5. p1c_034.010 Poetik ist Theorie der Poesie überhaupt p1c_034.011 und der einzelnen Dichtungsarten insbesondere, zugleich p1c_034.012 ein Jnbegriff verbietender Regeln für die poetischen p1c_034.013 Kunstwerke, in wie fern diese neben ihrem idealischen p1c_034.014 Charakter auch als einzelne durch den Verstand p1c_034.015 bestimmbare Gegenstände erscheinen. p1c_034.016 Anmerk. Sie ist ein Theil der Aesthetik, mithin p1c_034.017 der allgemeinen Psychologie. Als Theorie betrachtet sie p1c_034.018 die poetischen Naturerscheinungen des menschlichen Geistes p1c_034.019 nach Grundsätzen. Diese Grundsätze sind aber nur Hypothesen, p1c_034.020 aus der rationalen Psychologie entlehnt, womit eine p1c_034.021 allgemeine Erklärung jener innern Naturerscheinungen versucht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/92
Zitationshilfe: Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/92>, abgerufen am 25.11.2024.