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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804.

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An die Regeln der Wohlredenheit ist jeder Schriftsteller gebunden, p1c_017.002
er mag die trockenste Materie abzuhandeln haben. p1c_017.003
Nun giebt es einen höhern Grad von Wohlredenheit, p1c_017.004
zu dem sich die Sprache nur dann erhebt, wenn sie nicht p1c_017.005
blos Gedanken anzeigen, sondern diesen Gedanken auch p1c_017.006
besondern Eingang bey den Zuhörern verschaffen, durch diese p1c_017.007
Gedanken die Seele der Zuhörer zu etwas bestimmen will. p1c_017.008
Dies ist denn die Beredsamkeit. Der Schriftsteller, p1c_017.009
der gelesen, der Redner in Kirchen oder Volksversammlungen p1c_017.010
und vor dem Richterstuhle, der gehört seyn will, der p1c_017.011
Feldherr, der seine Krieger zur Schlacht aufmuntert, muß p1c_017.012
die Kunstgriffe kennen, die ihm sein Publikum geneigt p1c_017.013
machen. Beredsamkeit ist also eine angewandte Psychologie, p1c_017.014
ein Theil der Politik, und wird fälschlich zu den p1c_017.015
freyen Künsten gerechnet. Dennn sie ist durch den Hauptzweck, p1c_017.016
die Gemüther zu stimmen, bedingt. Daher sind p1c_017.017
auch ihre Regeln, z. B. daß man bescheiden und mit einer p1c_017.018
captatione benevolentiae anfangen müsse, wenn man p1c_017.019
etwa keinen Catilina niederzudonnern hat, daß die Peroration p1c_017.020
concentrirt und heftig seyn solle, weil die letzten Worte p1c_017.021
den Zuhörer am meisten zur Handlung bestimmen, u. s. w. p1c_017.022
- alle diese Regeln sind auf die Kenntniß des menschlichen p1c_017.023
Herzens gebaut, und keine ästhetischen. Daher ist auch p1c_017.024
keine Beredsamkeit falsch, sobald sie ihren äußern Zweck nur p1c_017.025
erreicht, und wenn man ein geschmackloses verderbtes Publikum p1c_017.026
mit Floskeln hinreißen kann, so hat man das volle p1c_017.027
politische Recht, es zu thun. Wenn sich der Dichter ein p1c_017.028
Publikum denkt, so ist dies zufällig, und er thut es selten,

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An die Regeln der Wohlredenheit ist jeder Schriftsteller gebunden, p1c_017.002
er mag die trockenste Materie abzuhandeln haben. p1c_017.003
Nun giebt es einen höhern Grad von Wohlredenheit, p1c_017.004
zu dem sich die Sprache nur dann erhebt, wenn sie nicht p1c_017.005
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besondern Eingang bey den Zuhörern verschaffen, durch diese p1c_017.007
Gedanken die Seele der Zuhörer zu etwas bestimmen will. p1c_017.008
Dies ist denn die Beredsamkeit. Der Schriftsteller, p1c_017.009
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und vor dem Richterstuhle, der gehört seyn will, der p1c_017.011
Feldherr, der seine Krieger zur Schlacht aufmuntert, muß p1c_017.012
die Kunstgriffe kennen, die ihm sein Publikum geneigt p1c_017.013
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ein Theil der Politik, und wird fälschlich zu den p1c_017.015
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auch ihre Regeln, z. B. daß man bescheiden und mit einer p1c_017.018
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etwa keinen Catilina niederzudonnern hat, daß die Peroration p1c_017.020
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den Zuhörer am meisten zur Handlung bestimmen, u. s. w. p1c_017.022
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Zitationshilfe: Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/75>, abgerufen am 26.11.2024.