p1c_012.001 ewig unbegreiflichen Wahrheit finden. Die Verächter der p1c_012.002 Poesie, die immer noch nicht einsehen wollen, daß sie die p1c_012.003 erste und letzte Lehrerin der Menschheit sey, könnten p1c_012.004 sich vielleicht auf das Urtheil des Plato beziehen, der die p1c_012.005 Poeten ans seiner Republik verbannt wissen wollte. Allein p1c_012.006 Platos Republik war selbst eine realisirte Poesie, ein Versuch, p1c_012.007 das Jdeale in nüchterne irdische Wirklichkeit zu verwandeln. p1c_012.008 Mithin waren in dieser Republik die Poeten, p1c_012.009 denen er übrigens eine heilige Trunkenheit zuschreibt, unnütz p1c_012.010 und mit ihren Mythen sogar schädlich. Sie thaten dem p1c_012.011 logos der Philosophie Eintrag. Nun ist aber die Realisirung p1c_012.012 einer solchen Republik, die Aristophanes schon parodirte p1c_012.013 und Aristoteles gründlich widerlegte, ein Unding. Da p1c_012.014 die Menschen in der Sinnenwelt sich als Jndividuen erscheinen, p1c_012.015 ist auch an keine Gemeinschaft der Güter, an keine p1c_012.016 allgemeine Familienvereinigung, wie sie Plato verlangte, p1c_012.017 zu denken. Das Jdeale würde also das individuelle Leben p1c_012.018 zerstören, wir würden einen Eingriff in die Rechte des p1c_012.019 Schöpfers thun, der uns als Jndividuen schuf. Gleichwohl p1c_012.020 soll der Mensch über sein Jndividuum nicht das allgemeine p1c_012.021 höhere Leben vergessen. Darum kehrt mit dem p1c_012.022 Umsturz der Platonischen Jdee auch die Poesie zurück. Sie p1c_012.023 soll uns das Jdeale vorhalten, und uns mitten in den p1c_012.024 Stürmen eines beweglichen zeitlichen Lebens, von fern p1c_012.025 einen ruhigen Abglanz des Himmlischen zeigen, dessen Anbetung p1c_012.026 uns über das Jndividuum erhebt. Darum sind wir p1c_012.027 nicht nur Menschen und Bürger, sondern auch Mitglieder p1c_012.028 einer unsichtbaren Kirche, deren alleiniges Oberhaupt Gott
p1c_012.001 ewig unbegreiflichen Wahrheit finden. Die Verächter der p1c_012.002 Poesie, die immer noch nicht einsehen wollen, daß sie die p1c_012.003 erste und letzte Lehrerin der Menschheit sey, könnten p1c_012.004 sich vielleicht auf das Urtheil des Plato beziehen, der die p1c_012.005 Poeten ans seiner Republik verbannt wissen wollte. Allein p1c_012.006 Platos Republik war selbst eine realisirte Poesie, ein Versuch, p1c_012.007 das Jdeale in nüchterne irdische Wirklichkeit zu verwandeln. p1c_012.008 Mithin waren in dieser Republik die Poeten, p1c_012.009 denen er übrigens eine heilige Trunkenheit zuschreibt, unnütz p1c_012.010 und mit ihren Mythen sogar schädlich. Sie thaten dem p1c_012.011 λογος der Philosophie Eintrag. Nun ist aber die Realisirung p1c_012.012 einer solchen Republik, die Aristophanes schon parodirte p1c_012.013 und Aristoteles gründlich widerlegte, ein Unding. Da p1c_012.014 die Menschen in der Sinnenwelt sich als Jndividuen erscheinen, p1c_012.015 ist auch an keine Gemeinschaft der Güter, an keine p1c_012.016 allgemeine Familienvereinigung, wie sie Plato verlangte, p1c_012.017 zu denken. Das Jdeale würde also das individuelle Leben p1c_012.018 zerstören, wir würden einen Eingriff in die Rechte des p1c_012.019 Schöpfers thun, der uns als Jndividuen schuf. Gleichwohl p1c_012.020 soll der Mensch über sein Jndividuum nicht das allgemeine p1c_012.021 höhere Leben vergessen. Darum kehrt mit dem p1c_012.022 Umsturz der Platonischen Jdee auch die Poesie zurück. Sie p1c_012.023 soll uns das Jdeale vorhalten, und uns mitten in den p1c_012.024 Stürmen eines beweglichen zeitlichen Lebens, von fern p1c_012.025 einen ruhigen Abglanz des Himmlischen zeigen, dessen Anbetung p1c_012.026 uns über das Jndividuum erhebt. Darum sind wir p1c_012.027 nicht nur Menschen und Bürger, sondern auch Mitglieder p1c_012.028 einer unsichtbaren Kirche, deren alleiniges Oberhaupt Gott
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/70>, abgerufen am 27.11.2024.
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