p1c_474.001 giebt es gnomische Dichtungen, Sittensprüche, Sentenzen p1c_474.002 u. s. w. Jmmer bezieht sich doch das poetische Produkt p1c_474.003 dieser Art auf die Darstellung der Begriffsfähigkeit unter p1c_474.004 idealer Form des Schönen. - Endlich wird es auch allegorischep1c_474.005 Gedichte geben, die nur einzelne Wahrheiten und p1c_474.006 Begriffe bildlich darstellen, z. B. Aesopische Fabeln, la p1c_474.007 Strada della Gloria von Metastasio. Das Ziel der allegorischen p1c_474.008 Poesie ist aber erhabner, und hier liegen noch unentdeckte p1c_474.009 Welttheile für den poetischen Genius. Je mehr p1c_474.010 der Mensch zum intellectuellen Selbstbewußtseyn gelangt, p1c_474.011 desto mehr behandelt er alle Objekte nur als Symbole eines p1c_474.012 höhern rationalen Seyns. Die ganze Natur wird ihm p1c_474.013 ein Sinnbild der Gottheit. Vernunft und Phantasie gehen p1c_474.014 alsdann einen parallelen koncentrischen Kreisgang. Philosophie p1c_474.015 und Poesie arbeiten zusammen harmonisch, und doch p1c_474.016 getrennt, ohne einander ins Amt zu greifen. Nur erst, p1c_474.017 wenn das Menschengeschlecht sich aus dem durchforschten p1c_474.018 Gebiete des Wissens mit leichterm Selbstbewußtseyn wieder p1c_474.019 in das sanft dämmernde Gesilde der Schönheit zurücksehnt, p1c_474.020 kann die allegorische Poesie im höhern Sinne des Worts p1c_474.021 entstehen. Wenn das vom wissenschaftlichen Verstande lang p1c_474.022 unterdrückte Gefühl seine Rechte wieder fordert und zum p1c_474.023 Bedürfniß wird, ist es möglich, daß der menschliche Geist p1c_474.024 mit neuem Enthusiasmus aufstrebe, und in dem, was ihn p1c_474.025 in der Natur kalt ließ, weil er sich daran gewöhnte, noch p1c_474.026 unbekannte Reitze entdecke, weil er es nun als Hieroglyphe p1c_474.027 größerer Geheimnisse ansehen lernte. Die Poesie begann, p1c_474.028 als Jdylle, mit dem Naiven, sie sehnt sich nach ihm
p1c_474.001 giebt es gnomische Dichtungen, Sittensprüche, Sentenzen p1c_474.002 u. s. w. Jmmer bezieht sich doch das poetische Produkt p1c_474.003 dieser Art auf die Darstellung der Begriffsfähigkeit unter p1c_474.004 idealer Form des Schönen. ─ Endlich wird es auch allegorischep1c_474.005 Gedichte geben, die nur einzelne Wahrheiten und p1c_474.006 Begriffe bildlich darstellen, z. B. Aesopische Fabeln, la p1c_474.007 Strada della Gloria von Metastasio. Das Ziel der allegorischen p1c_474.008 Poesie ist aber erhabner, und hier liegen noch unentdeckte p1c_474.009 Welttheile für den poetischen Genius. Je mehr p1c_474.010 der Mensch zum intellectuellen Selbstbewußtseyn gelangt, p1c_474.011 desto mehr behandelt er alle Objekte nur als Symbole eines p1c_474.012 höhern rationalen Seyns. Die ganze Natur wird ihm p1c_474.013 ein Sinnbild der Gottheit. Vernunft und Phantasie gehen p1c_474.014 alsdann einen parallelen koncentrischen Kreisgang. Philosophie p1c_474.015 und Poesie arbeiten zusammen harmonisch, und doch p1c_474.016 getrennt, ohne einander ins Amt zu greifen. Nur erst, p1c_474.017 wenn das Menschengeschlecht sich aus dem durchforschten p1c_474.018 Gebiete des Wissens mit leichterm Selbstbewußtseyn wieder p1c_474.019 in das sanft dämmernde Gesilde der Schönheit zurücksehnt, p1c_474.020 kann die allegorische Poesie im höhern Sinne des Worts p1c_474.021 entstehen. Wenn das vom wissenschaftlichen Verstande lang p1c_474.022 unterdrückte Gefühl seine Rechte wieder fordert und zum p1c_474.023 Bedürfniß wird, ist es möglich, daß der menschliche Geist p1c_474.024 mit neuem Enthusiasmus aufstrebe, und in dem, was ihn p1c_474.025 in der Natur kalt ließ, weil er sich daran gewöhnte, noch p1c_474.026 unbekannte Reitze entdecke, weil er es nun als Hieroglyphe p1c_474.027 größerer Geheimnisse ansehen lernte. Die Poesie begann, p1c_474.028 als Jdylle, mit dem Naiven, sie sehnt sich nach ihm
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 474. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/532>, abgerufen am 27.11.2024.
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