p1c_440.001 lassen, so würde ein Contrast von Ruhe und Bewegung entstehen, p1c_440.002 der nothwendig mißfiel, und der Darstellung des p1c_440.003 Rhythmus schadete. Die Eintheilung der Tonreihen geschieht p1c_440.004 ferner durch eine gewisse plötzliche Erhöhung der p1c_440.005 Stimme, die Accent heißt. Die Erhöhung ist also da, wo p1c_440.006 die Reihe beginnt. Das Ende einer Reihe hat zwar auch p1c_440.007 ihren Accent, dieser besteht aber mehr in einer gewissen Ruhe p1c_440.008 auf der accentuirten Sylbe. - Da aber der Rhythmusp1c_440.009 eigentlich als unendlich und unbegränzt betrachtet wird, so p1c_440.010 dürfen die Accente nicht zu häufig und zu sehr ausgezeichnet p1c_440.011 seyn. Dieses würde den Rhythmus zu sehr in Schranken p1c_440.012 einschließen. - Ein Vorleser, der ein scharfsinniges p1c_440.013 philosophisches Werk recitirt, mag accentuiren so viel er p1c_440.014 will, so wie der Philosoph viele Worte des Sinnes wegen p1c_440.015 groß drucken läßt. Allein eben so wie im Druck eines Gedichts p1c_440.016 es mißfallen würde, viele Worte durch einen großen p1c_440.017 Druck ausgezeichnet zu sehen, eben so wird es am poetischen p1c_440.018 Deklamator mißfallen, wenn er zu viel accentuirt. Der p1c_440.019 Dichter zeichnet selten Einen Begriff vorzüglich aus. Die p1c_440.020 Schönheit liegt in der ganzen Wortreihe, wie bey einem p1c_440.021 Gemälde das Licht nicht auf einem Punkt allein ruht. Der p1c_440.022 Dichter, der zu viel in Antithesen spricht, mißfällt. Um p1c_440.023 so schlimmer ist es, wenn der Deklamator durch ein beständiges p1c_440.024 Accentuiren Antithesen macht, an welche vielleicht der p1c_440.025 Dichter nicht dachte. Es muß also die Erhöhung der Stimme p1c_440.026 nicht zu stark und zu oft bemerkbar seyn. Die Stimme p1c_440.027 selbst muß sich proportionirlich evolviren, wie der Rhythmus. p1c_440.028 Darum gefällt es am Redner, wenn er längere Reden
p1c_440.001 lassen, so würde ein Contrast von Ruhe und Bewegung entstehen, p1c_440.002 der nothwendig mißfiel, und der Darstellung des p1c_440.003 Rhythmus schadete. Die Eintheilung der Tonreihen geschieht p1c_440.004 ferner durch eine gewisse plötzliche Erhöhung der p1c_440.005 Stimme, die Accent heißt. Die Erhöhung ist also da, wo p1c_440.006 die Reihe beginnt. Das Ende einer Reihe hat zwar auch p1c_440.007 ihren Accent, dieser besteht aber mehr in einer gewissen Ruhe p1c_440.008 auf der accentuirten Sylbe. ─ Da aber der Rhythmusp1c_440.009 eigentlich als unendlich und unbegränzt betrachtet wird, so p1c_440.010 dürfen die Accente nicht zu häufig und zu sehr ausgezeichnet p1c_440.011 seyn. Dieses würde den Rhythmus zu sehr in Schranken p1c_440.012 einschließen. ─ Ein Vorleser, der ein scharfsinniges p1c_440.013 philosophisches Werk recitirt, mag accentuiren so viel er p1c_440.014 will, so wie der Philosoph viele Worte des Sinnes wegen p1c_440.015 groß drucken läßt. Allein eben so wie im Druck eines Gedichts p1c_440.016 es mißfallen würde, viele Worte durch einen großen p1c_440.017 Druck ausgezeichnet zu sehen, eben so wird es am poetischen p1c_440.018 Deklamator mißfallen, wenn er zu viel accentuirt. Der p1c_440.019 Dichter zeichnet selten Einen Begriff vorzüglich aus. Die p1c_440.020 Schönheit liegt in der ganzen Wortreihe, wie bey einem p1c_440.021 Gemälde das Licht nicht auf einem Punkt allein ruht. Der p1c_440.022 Dichter, der zu viel in Antithesen spricht, mißfällt. Um p1c_440.023 so schlimmer ist es, wenn der Deklamator durch ein beständiges p1c_440.024 Accentuiren Antithesen macht, an welche vielleicht der p1c_440.025 Dichter nicht dachte. Es muß also die Erhöhung der Stimme p1c_440.026 nicht zu stark und zu oft bemerkbar seyn. Die Stimme p1c_440.027 selbst muß sich proportionirlich evolviren, wie der Rhythmus. p1c_440.028 Darum gefällt es am Redner, wenn er längere Reden
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Deklamator mißfallen, wenn er zu viel accentuirt. Der p1c_440.019
Dichter zeichnet selten Einen Begriff vorzüglich aus. Die p1c_440.020
Schönheit liegt in der ganzen Wortreihe, wie bey einem p1c_440.021
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Dichter, der zu viel in Antithesen spricht, mißfällt. Um p1c_440.023
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Accentuiren Antithesen macht, an welche vielleicht der p1c_440.025
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Darum gefällt es am Redner, wenn er längere Reden
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/498>, abgerufen am 23.11.2024.
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