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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804.

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heißt. Sic te | diva potens | Cypri. Hor. I. 3. p1c_429.002
Beym Horaz steht der kürzere Vers eher und dann der längere. p1c_429.003
Dies giebt dem Rhythmus der Versart eine gewisse p1c_429.004
Unruhe und Leidenschaftlichkeit, die gewöhnlich sehr gut zum p1c_429.005
Jnhalt des Gedichts paßt, z. B. Horat. I. 13. Klopstock p1c_429.006
hat im Deutschen den Asclepiadeus eher und läßt den Glyconicus p1c_429.007
folgen. Dies giebt dem Perioden eine größere Ruhe. p1c_429.008
Z. B. s. die Ode: der Lehrling der Griechen, wo die Daktylen p1c_429.009
aber, die er als Basis vor den Choriamben braucht, p1c_429.010
mißfallen. Jhm sind die andern deutschen Dichter, z. B. p1c_429.011
Hölty, gefolgt. Ode an Miller S. 126. "Miller, denk p1c_429.012
ich des Tags, welcher uns scheiden wird - faßt der Donnergedanke p1c_429.013
mich; -" Jndessen ist dieser Anfang so kräftig, p1c_429.014
daß vielleicht das horazische Metrum, wo der kurze p1c_429.015
Glyconicus eher steht, hier besser gewesen wäre. c) Endlich p1c_429.016
wird auch der Asclepiadeus zu choriambischen Strophen p1c_429.017
verbunden. Dieser Strophen giebt es zwey, die besonders p1c_429.018
merkwürdig sind. Die eine Art choriambischer Strophen p1c_429.019
hat zwey Asclepiadeos, dann folgt ein Pherecratius: - - p1c_429.020
- - -, und hierauf schließt ein Glyconicus. Horaz p1c_429.021
Od. I. 5. Klopstocks Zürchersee. Die andere Art hat drey p1c_429.022
Asclepiadeos hinter einander, und es schließt ein Glyconicus. p1c_429.023
Horaz Od. I. 6. Klopstocks Friedrich der Fünfte. - p1c_429.024
Die erste Art Strophen ist für starke muntere Empfindungen p1c_429.025
geeignet. Sie entwickelt sich rhythmisch sehr gut. Der p1c_429.026
Pherecratius, welcher daktylisch gemessen werden kann, ist p1c_429.027
mit der letzten Hälfte der Asclepiadeen verwandt, welche

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heißt. Sīc tē | dīvă pŏtēns | Cy̆prī. Hor. I. 3. p1c_429.002
Beym Horaz steht der kürzere Vers eher und dann der längere. p1c_429.003
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hat im Deutschen den Asclepiadeus eher und läßt den Glyconicus p1c_429.007
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aber, die er als Basis vor den Choriamben braucht, p1c_429.010
mißfallen. Jhm sind die andern deutschen Dichter, z. B. p1c_429.011
Hölty, gefolgt. Ode an Miller S. 126. „Miller, denk p1c_429.012
ich des Tags, welcher uns scheiden wird ─ faßt der Donnergedanke p1c_429.013
mich; ─“ Jndessen ist dieser Anfang so kräftig, p1c_429.014
daß vielleicht das horazische Metrum, wo der kurze p1c_429.015
Glyconicus eher steht, hier besser gewesen wäre. c) Endlich p1c_429.016
wird auch der Asclepiadeus zu choriambischen Strophen p1c_429.017
verbunden. Dieser Strophen giebt es zwey, die besonders p1c_429.018
merkwürdig sind. Die eine Art choriambischer Strophen p1c_429.019
hat zwey Asclepiadeos, dann folgt ein Pherecratius: ─ ─ p1c_429.020
─́ ⏝ ⏝ ─ ─, und hierauf schließt ein Glyconicus. Horaz p1c_429.021
Od. I. 5. Klopstocks Zürchersee. Die andere Art hat drey p1c_429.022
Asclepiadeos hinter einander, und es schließt ein Glyconicus. p1c_429.023
Horaz Od. I. 6. Klopstocks Friedrich der Fünfte. ─ p1c_429.024
Die erste Art Strophen ist für starke muntere Empfindungen p1c_429.025
geeignet. Sie entwickelt sich rhythmisch sehr gut. Der p1c_429.026
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[429/0487] p1c_429.001 heißt. Sīc tē | dīvă pŏtēns | Cy̆prī. Hor. I. 3. p1c_429.002 Beym Horaz steht der kürzere Vers eher und dann der längere. p1c_429.003 Dies giebt dem Rhythmus der Versart eine gewisse p1c_429.004 Unruhe und Leidenschaftlichkeit, die gewöhnlich sehr gut zum p1c_429.005 Jnhalt des Gedichts paßt, z. B. Horat. I. 13. Klopstock p1c_429.006 hat im Deutschen den Asclepiadeus eher und läßt den Glyconicus p1c_429.007 folgen. Dies giebt dem Perioden eine größere Ruhe. p1c_429.008 Z. B. s. die Ode: der Lehrling der Griechen, wo die Daktylen p1c_429.009 aber, die er als Basis vor den Choriamben braucht, p1c_429.010 mißfallen. Jhm sind die andern deutschen Dichter, z. B. p1c_429.011 Hölty, gefolgt. Ode an Miller S. 126. „Miller, denk p1c_429.012 ich des Tags, welcher uns scheiden wird ─ faßt der Donnergedanke p1c_429.013 mich; ─“ Jndessen ist dieser Anfang so kräftig, p1c_429.014 daß vielleicht das horazische Metrum, wo der kurze p1c_429.015 Glyconicus eher steht, hier besser gewesen wäre. c) Endlich p1c_429.016 wird auch der Asclepiadeus zu choriambischen Strophen p1c_429.017 verbunden. Dieser Strophen giebt es zwey, die besonders p1c_429.018 merkwürdig sind. Die eine Art choriambischer Strophen p1c_429.019 hat zwey Asclepiadeos, dann folgt ein Pherecratius: ─ ─ p1c_429.020 ─́ ⏝ ⏝ ─ ─, und hierauf schließt ein Glyconicus. Horaz p1c_429.021 Od. I. 5. Klopstocks Zürchersee. Die andere Art hat drey p1c_429.022 Asclepiadeos hinter einander, und es schließt ein Glyconicus. p1c_429.023 Horaz Od. I. 6. Klopstocks Friedrich der Fünfte. ─ p1c_429.024 Die erste Art Strophen ist für starke muntere Empfindungen p1c_429.025 geeignet. Sie entwickelt sich rhythmisch sehr gut. Der p1c_429.026 Pherecratius, welcher daktylisch gemessen werden kann, ist p1c_429.027 mit der letzten Hälfte der Asclepiadeen verwandt, welche

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Zitationshilfe: Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 429. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/487>, abgerufen am 01.09.2024.