p1c_427.001 daß der Dichter bey dem phuximos oudeis habe schließen wollen, p1c_427.002 und nun das andere, als wär es vergessen, noch nachbrächte. p1c_427.003 - Oder man müßte dem Daktylus phuximos den p1c_427.004 Jctus auf die zweyte Sylbe geben, indem er hier als für p1c_427.005 einen Anapästen angesehen wird, welches aber doch in dieser p1c_427.006 Stelle eine Härte ist. - Daß die neuern Sprachen der p1c_427.007 Anapästen fähig sind, haben wir schon öfter bemerkt. Die p1c_427.008 französische noch mehr, als die englische, weil sie Worte, p1c_427.009 wie vision u. dgl. nicht zusammen zieht: d'une course p1c_427.010 imprudente et legere, nous foulons temeraires humains, p1c_427.011 cette courte et rapide carriere, ou s'egarent p1c_427.012 nos voeux incertains. Freylich bildet hier mehr der Accent p1c_427.013 das Metrum, als die Quantität. Und wir Deutschen p1c_427.014 werden immer reinere Anapästen machen können. 3) Dithyrambischer p1c_427.015 sind die Metra, in welchen der Päon herrscht, p1c_427.016 wegen der vielen Kürzen, die da zusammengedrängt sind. p1c_427.017 Daß die deutsche Sprache solcher fähig sey, hat Klopstock p1c_427.018 (z. B. Thuiscon, Braga u. s. w.) und Voß gezeigt. - p1c_427.019 Nur im höchsten lyrischen Schwung, oder bey äußerst heiterer p1c_427.020 Empfindung wird der Dichter päonische Metra wählen. p1c_427.021 4) Den Schluß macht der Choriambus, der sich selbst p1c_427.022 beym Klopstock in der Ode Sponda personifizirt, Apollos p1c_427.023 Liebling nennt. Daß er von dem daktylischen Jctus noch p1c_427.024 unterschieden ist, läßt sich daraus darthun, daß die Dichter, p1c_427.025 wo der Choriambus charakteristisch ist, allemal eine Cäsur p1c_427.026 hinter ihm setzen, folglich ihn ganz vom Daktylus unterscheiden. p1c_427.027 Sein Jctus ist sehr stark, weil die Reihe, welche p1c_427.028 er abschneidet, so lang ist. Daher setzen die Dichter oft,
p1c_427.001 daß der Dichter bey dem φυξιμος οὐδεις habe schließen wollen, p1c_427.002 und nun das andere, als wär es vergessen, noch nachbrächte. p1c_427.003 ─ Oder man müßte dem Daktylus φυξιμος den p1c_427.004 Jctus auf die zweyte Sylbe geben, indem er hier als für p1c_427.005 einen Anapästen angesehen wird, welches aber doch in dieser p1c_427.006 Stelle eine Härte ist. ─ Daß die neuern Sprachen der p1c_427.007 Anapästen fähig sind, haben wir schon öfter bemerkt. Die p1c_427.008 französische noch mehr, als die englische, weil sie Worte, p1c_427.009 wie vision u. dgl. nicht zusammen zieht: d'une coúrse p1c_427.010 imprudénte et legére, nous foulóns temeráires humains, p1c_427.011 cette coúrte et rapide carriére, ou s'egárent p1c_427.012 nos voeúx incertáins. Freylich bildet hier mehr der Accent p1c_427.013 das Metrum, als die Quantität. Und wir Deutschen p1c_427.014 werden immer reinere Anapästen machen können. 3) Dithyrambischer p1c_427.015 sind die Metra, in welchen der Päon herrscht, p1c_427.016 wegen der vielen Kürzen, die da zusammengedrängt sind. p1c_427.017 Daß die deutsche Sprache solcher fähig sey, hat Klopstock p1c_427.018 (z. B. Thuiscon, Braga u. s. w.) und Voß gezeigt. ─ p1c_427.019 Nur im höchsten lyrischen Schwung, oder bey äußerst heiterer p1c_427.020 Empfindung wird der Dichter päonische Metra wählen. p1c_427.021 4) Den Schluß macht der Choriambus, der sich selbst p1c_427.022 beym Klopstock in der Ode Sponda personifizirt, Apollos p1c_427.023 Liebling nennt. Daß er von dem daktylischen Jctus noch p1c_427.024 unterschieden ist, läßt sich daraus darthun, daß die Dichter, p1c_427.025 wo der Choriambus charakteristisch ist, allemal eine Cäsur p1c_427.026 hinter ihm setzen, folglich ihn ganz vom Daktylus unterscheiden. p1c_427.027 Sein Jctus ist sehr stark, weil die Reihe, welche p1c_427.028 er abschneidet, so lang ist. Daher setzen die Dichter oft,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0485"n="427"/><lbn="p1c_427.001"/>
daß der Dichter bey dem <foreignxml:lang="grc">φυξιμοςοὐδεις</foreign> habe schließen wollen, <lbn="p1c_427.002"/>
und nun das andere, als wär es vergessen, noch nachbrächte. <lbn="p1c_427.003"/>─ Oder man müßte dem Daktylus <foreignxml:lang="grc">φυξιμος</foreign> den <lbn="p1c_427.004"/>
Jctus auf die zweyte Sylbe geben, indem er hier als für <lbn="p1c_427.005"/>
einen Anapästen angesehen wird, welches aber doch in dieser <lbn="p1c_427.006"/>
Stelle eine Härte ist. ─ Daß die neuern Sprachen der <lbn="p1c_427.007"/>
Anapästen fähig sind, haben wir schon öfter bemerkt. Die <lbn="p1c_427.008"/>
französische noch mehr, als die englische, weil sie Worte, <lbn="p1c_427.009"/>
wie <hirendition="#aq">vision</hi> u. dgl. nicht zusammen zieht: <hirendition="#aq">d'une coúrse <lbn="p1c_427.010"/>
imprudénte et legére, nous foulóns temeráires humains, <lbn="p1c_427.011"/>
cette coúrte et rapide carriére, ou s'egárent <lbn="p1c_427.012"/>
nos voeúx incertáins</hi>. Freylich bildet hier mehr der Accent <lbn="p1c_427.013"/>
das Metrum, als die Quantität. Und wir Deutschen <lbn="p1c_427.014"/>
werden immer reinere Anapästen machen können. 3) Dithyrambischer <lbn="p1c_427.015"/>
sind die Metra, in welchen der <hirendition="#g">Päon</hi> herrscht, <lbn="p1c_427.016"/>
wegen der vielen Kürzen, die da zusammengedrängt sind. <lbn="p1c_427.017"/>
Daß die deutsche Sprache solcher fähig sey, hat Klopstock <lbn="p1c_427.018"/>
(z. B. Thuiscon, Braga u. s. w.) und Voß gezeigt. ─<lbn="p1c_427.019"/>
Nur im höchsten lyrischen Schwung, oder bey äußerst heiterer <lbn="p1c_427.020"/>
Empfindung wird der Dichter päonische Metra wählen. <lbn="p1c_427.021"/>
4) Den Schluß macht der <hirendition="#g">Choriambus,</hi> der sich selbst <lbn="p1c_427.022"/>
beym Klopstock in der Ode Sponda personifizirt, Apollos <lbn="p1c_427.023"/>
Liebling nennt. Daß er von dem daktylischen Jctus noch <lbn="p1c_427.024"/>
unterschieden ist, läßt sich daraus darthun, daß die Dichter, <lbn="p1c_427.025"/>
wo der Choriambus charakteristisch ist, allemal eine Cäsur <lbn="p1c_427.026"/>
hinter ihm setzen, folglich ihn ganz vom Daktylus unterscheiden. <lbn="p1c_427.027"/>
Sein Jctus ist sehr stark, weil die Reihe, welche <lbn="p1c_427.028"/>
er abschneidet, so lang ist. Daher setzen die Dichter oft,
</p></div></div></body></text></TEI>
[427/0485]
p1c_427.001
daß der Dichter bey dem φυξιμος οὐδεις habe schließen wollen, p1c_427.002
und nun das andere, als wär es vergessen, noch nachbrächte. p1c_427.003
─ Oder man müßte dem Daktylus φυξιμος den p1c_427.004
Jctus auf die zweyte Sylbe geben, indem er hier als für p1c_427.005
einen Anapästen angesehen wird, welches aber doch in dieser p1c_427.006
Stelle eine Härte ist. ─ Daß die neuern Sprachen der p1c_427.007
Anapästen fähig sind, haben wir schon öfter bemerkt. Die p1c_427.008
französische noch mehr, als die englische, weil sie Worte, p1c_427.009
wie vision u. dgl. nicht zusammen zieht: d'une coúrse p1c_427.010
imprudénte et legére, nous foulóns temeráires humains, p1c_427.011
cette coúrte et rapide carriére, ou s'egárent p1c_427.012
nos voeúx incertáins. Freylich bildet hier mehr der Accent p1c_427.013
das Metrum, als die Quantität. Und wir Deutschen p1c_427.014
werden immer reinere Anapästen machen können. 3) Dithyrambischer p1c_427.015
sind die Metra, in welchen der Päon herrscht, p1c_427.016
wegen der vielen Kürzen, die da zusammengedrängt sind. p1c_427.017
Daß die deutsche Sprache solcher fähig sey, hat Klopstock p1c_427.018
(z. B. Thuiscon, Braga u. s. w.) und Voß gezeigt. ─ p1c_427.019
Nur im höchsten lyrischen Schwung, oder bey äußerst heiterer p1c_427.020
Empfindung wird der Dichter päonische Metra wählen. p1c_427.021
4) Den Schluß macht der Choriambus, der sich selbst p1c_427.022
beym Klopstock in der Ode Sponda personifizirt, Apollos p1c_427.023
Liebling nennt. Daß er von dem daktylischen Jctus noch p1c_427.024
unterschieden ist, läßt sich daraus darthun, daß die Dichter, p1c_427.025
wo der Choriambus charakteristisch ist, allemal eine Cäsur p1c_427.026
hinter ihm setzen, folglich ihn ganz vom Daktylus unterscheiden. p1c_427.027
Sein Jctus ist sehr stark, weil die Reihe, welche p1c_427.028
er abschneidet, so lang ist. Daher setzen die Dichter oft,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: gekennzeichnet;
Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: nicht übernommen;
Kustoden: nicht übernommen;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine;
rundes r (ꝛ): wie Vorlage;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: nicht übernommen;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: wie Vorlage;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 427. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/485>, abgerufen am 09.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.