Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite

p1c_400.001
angesehen werden sollen. Dies ist der Grund von der Elision p1c_400.002
und der Synizesis oder Synecphonesis. Peleiadeon, p1c_400.003
wo der kleinere Vocal von dem längern verschlungen wird. p1c_400.004
Stehen zwey zu verschiedenen Worten gehörige Vocale unmittelbar p1c_400.005
nebeneinander, und trennt sie nicht etwa der p1c_400.006
Rhythmus, sondern gehören sie zu derselben metrischen Reihe, p1c_400.007
so wird jede Sprache, die sehr schnell ist, beym Metrum p1c_400.008
hier eine Elision verlangen. Die Vocale werden in p1c_400.009
einander fließen, weil der Gang des Metrums sie an einander p1c_400.010
bindet, und sie doch durch keine Consonanten von einander p1c_400.011
getrennt sind. Gleich zu Anfang des Verses wird aber p1c_400.012
freylich eine Elision nicht gefallen, weil man auf die erste p1c_400.013
Sylbe und ihre Quantität vorzüglich Acht hat. Siad vitulam p1c_400.014
spectes - Virg. Eclog. III. 47. namut ferula. p1c_400.015
Horat
. u. s. w. Eine zu häufige Elision läßt uns p1c_400.016
die Quantität der Sylben gar nicht mehr erkennen, oder p1c_400.017
man versteht die Sylben nicht, weil alles in einander fließt. p1c_400.018
Quodsi in eo spatio atque ante acta aetate fuere. p1c_400.019
Lucret. I
. 233. Der Hiatus findet statt, wenn der Fall p1c_400.020
der Elision da ist, und die Sylben doch einzeln gemessen p1c_400.021
werden. Dies ist oft ein Fehler, doch suchen auch die Dichter p1c_400.022
zuweilen eine Schönheit darinnen. Aeneid. V. 261. p1c_400.023
sub Ilio alto
. Auch thut es Virgil gewöhnlich nur, wenn p1c_400.024
der Vocal, der nicht elidirt wird, lang ist. Credimus an p1c_400.025
qui amant, - vale vale inquit Iola
. Jn solchem Falle p1c_400.026
ist auch der Hiatus an sich denkbarer, weil man durch die p1c_400.027
Quantität der Sylben selbst veranlaßt wird, sie nicht zu

p1c_400.001
angesehen werden sollen. Dies ist der Grund von der Elision p1c_400.002
und der Synizesis oder Synecphonesis. Πηληιαδεω̄, p1c_400.003
wo der kleinere Vocal von dem längern verschlungen wird. p1c_400.004
Stehen zwey zu verschiedenen Worten gehörige Vocale unmittelbar p1c_400.005
nebeneinander, und trennt sie nicht etwa der p1c_400.006
Rhythmus, sondern gehören sie zu derselben metrischen Reihe, p1c_400.007
so wird jede Sprache, die sehr schnell ist, beym Metrum p1c_400.008
hier eine Elision verlangen. Die Vocale werden in p1c_400.009
einander fließen, weil der Gang des Metrums sie an einander p1c_400.010
bindet, und sie doch durch keine Consonanten von einander p1c_400.011
getrennt sind. Gleich zu Anfang des Verses wird aber p1c_400.012
freylich eine Elision nicht gefallen, weil man auf die erste p1c_400.013
Sylbe und ihre Quantität vorzüglich Acht hat. Siad vitulam p1c_400.014
spectes ─ Virg. Eclog. III. 47. namut ferula. p1c_400.015
Horat
. u. s. w. Eine zu häufige Elision läßt uns p1c_400.016
die Quantität dér Sylben gar nicht mehr erkennen, oder p1c_400.017
man versteht die Sylben nicht, weil alles in einander fließt. p1c_400.018
Quodsi in eo spatio atque ante acta aetate fuere. p1c_400.019
Lucret. I
. 233. Der Hiatus findet statt, wenn der Fall p1c_400.020
der Elision da ist, und die Sylben doch einzeln gemessen p1c_400.021
werden. Dies ist oft ein Fehler, doch suchen auch die Dichter p1c_400.022
zuweilen eine Schönheit darinnen. Aeneid. V. 261. p1c_400.023
sub Ilio alto
. Auch thut es Virgil gewöhnlich nur, wenn p1c_400.024
der Vocal, der nicht elidirt wird, lang ist. Credimus an p1c_400.025
quī amant, ─ valē valē inquit Iola
. Jn solchem Falle p1c_400.026
ist auch der Hiatus an sich denkbarer, weil man durch die p1c_400.027
Quantität der Sylben selbst veranlaßt wird, sie nicht zu

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0458" n="400"/><lb n="p1c_400.001"/>
angesehen werden sollen. Dies ist der Grund von der Elision <lb n="p1c_400.002"/>
und der Synizesis oder Synecphonesis. <foreign xml:lang="grc">&#x03A0;&#x03B7;&#x03BB;&#x03B7;&#x03B9;&#x03B1;&#x03B4;&#x03B5;&#x03C9;&#x0304;</foreign>, <lb n="p1c_400.003"/>
wo der kleinere Vocal von dem längern verschlungen wird. <lb n="p1c_400.004"/>
Stehen zwey zu verschiedenen Worten gehörige Vocale unmittelbar <lb n="p1c_400.005"/>
nebeneinander, und trennt sie nicht etwa der <lb n="p1c_400.006"/>
Rhythmus, sondern gehören sie zu derselben metrischen Reihe, <lb n="p1c_400.007"/>
so wird jede Sprache, die sehr schnell ist, beym Metrum <lb n="p1c_400.008"/>
hier eine Elision verlangen. Die Vocale werden in <lb n="p1c_400.009"/>
einander fließen, weil der Gang des Metrums sie an einander <lb n="p1c_400.010"/>
bindet, und sie doch durch keine Consonanten von einander <lb n="p1c_400.011"/>
getrennt sind. Gleich zu Anfang des Verses wird aber <lb n="p1c_400.012"/>
freylich eine Elision nicht gefallen, weil man auf die erste <lb n="p1c_400.013"/>
Sylbe und ihre Quantität vorzüglich Acht hat. <hi rendition="#aq">Siad vitulam <lb n="p1c_400.014"/>
spectes &#x2500; Virg. Eclog. III. 47. namut ferula. <lb n="p1c_400.015"/> <hi rendition="#g">Horat</hi></hi>. u. s. w. Eine zu häufige Elision läßt uns <lb n="p1c_400.016"/>
die Quantität dér Sylben gar nicht mehr erkennen, oder <lb n="p1c_400.017"/>
man versteht die Sylben nicht, weil alles in einander fließt. <lb n="p1c_400.018"/> <hi rendition="#aq">Quodsi in eo spatio atque ante acta aetate fuere. <lb n="p1c_400.019"/> <hi rendition="#g">Lucret.</hi> I</hi>. 233. Der Hiatus findet statt, wenn der Fall <lb n="p1c_400.020"/>
der Elision da ist, und die Sylben doch einzeln gemessen <lb n="p1c_400.021"/>
werden. Dies ist oft ein Fehler, doch suchen auch die Dichter <lb n="p1c_400.022"/>
zuweilen eine Schönheit darinnen. <hi rendition="#aq">Aeneid. V. 261. <lb n="p1c_400.023"/>
sub Ilio alto</hi>. Auch thut es Virgil gewöhnlich nur, wenn <lb n="p1c_400.024"/>
der Vocal, der nicht elidirt wird, lang ist. <hi rendition="#aq">Credimus an <lb n="p1c_400.025"/>
qu&#x012B; amant, &#x2500; val&#x0113; val&#x0113; inquit Iola</hi>. Jn solchem Falle <lb n="p1c_400.026"/>
ist auch der Hiatus an sich denkbarer, weil man durch die <lb n="p1c_400.027"/>
Quantität der Sylben selbst veranlaßt wird, sie nicht zu
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[400/0458] p1c_400.001 angesehen werden sollen. Dies ist der Grund von der Elision p1c_400.002 und der Synizesis oder Synecphonesis. Πηληιαδεω̄, p1c_400.003 wo der kleinere Vocal von dem längern verschlungen wird. p1c_400.004 Stehen zwey zu verschiedenen Worten gehörige Vocale unmittelbar p1c_400.005 nebeneinander, und trennt sie nicht etwa der p1c_400.006 Rhythmus, sondern gehören sie zu derselben metrischen Reihe, p1c_400.007 so wird jede Sprache, die sehr schnell ist, beym Metrum p1c_400.008 hier eine Elision verlangen. Die Vocale werden in p1c_400.009 einander fließen, weil der Gang des Metrums sie an einander p1c_400.010 bindet, und sie doch durch keine Consonanten von einander p1c_400.011 getrennt sind. Gleich zu Anfang des Verses wird aber p1c_400.012 freylich eine Elision nicht gefallen, weil man auf die erste p1c_400.013 Sylbe und ihre Quantität vorzüglich Acht hat. Siad vitulam p1c_400.014 spectes ─ Virg. Eclog. III. 47. namut ferula. p1c_400.015 Horat. u. s. w. Eine zu häufige Elision läßt uns p1c_400.016 die Quantität dér Sylben gar nicht mehr erkennen, oder p1c_400.017 man versteht die Sylben nicht, weil alles in einander fließt. p1c_400.018 Quodsi in eo spatio atque ante acta aetate fuere. p1c_400.019 Lucret. I. 233. Der Hiatus findet statt, wenn der Fall p1c_400.020 der Elision da ist, und die Sylben doch einzeln gemessen p1c_400.021 werden. Dies ist oft ein Fehler, doch suchen auch die Dichter p1c_400.022 zuweilen eine Schönheit darinnen. Aeneid. V. 261. p1c_400.023 sub Ilio alto. Auch thut es Virgil gewöhnlich nur, wenn p1c_400.024 der Vocal, der nicht elidirt wird, lang ist. Credimus an p1c_400.025 quī amant, ─ valē valē inquit Iola. Jn solchem Falle p1c_400.026 ist auch der Hiatus an sich denkbarer, weil man durch die p1c_400.027 Quantität der Sylben selbst veranlaßt wird, sie nicht zu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/458
Zitationshilfe: Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 400. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/458>, abgerufen am 25.11.2024.