p1c_383.001 Verse ihre metrischen Reihen nicht mit der Arsis, sondern p1c_383.002 mit Zeitabtheilungen, ohne Accent, wie der Auftakt in der p1c_383.003 Musik, gleichsam Theilen einer unendlichen Reihe, die vor p1c_383.004 dem eigentlichen bestimmten Abschnitt vorausgehen, welches p1c_383.005 Hermann die anakrousis nennt. Quid hoc hic clamoris p1c_383.006 quid hoc hic tumulti est? Ennius. Daher setzen p1c_383.007 die Dichter vor Reihen, und gemeiniglich für solche, welche p1c_383.008 mit der Arsis anfangen, z. B. vor die Choriamben, noch p1c_383.009 einige Sylben von willkührlichem Maaß, welche Hermann p1c_383.010 basis nennt. elthes ek peraton gas elephantinan. p1c_383.011 - - - - - . Alcaeus. Daher haben so p1c_383.012 viel Verse am Ende einer metrischen Reihe Sylben übrig, p1c_383.013 und sind in Rücksicht auf eine gewisse Art zu messen, catalecticip1c_383.014 oder hypercatalectici, je nachdem ihnen mangelt, p1c_383.015 oder sie zu viel haben. Daher endlich greift der freye unendliche p1c_383.016 Rhythmus in jeden Vers aus metrischen Reihen p1c_383.017 ein, und schneidet die metrischen Reihen durch Caesurenp1c_383.018 ab, macht aus jedem Vers Theile, welche wieder, zufolge p1c_383.019 des Hauptgesetzes der rhythmischen Schönheit, ungleichp1c_383.020 sind, wenn auch in jedem ungleichen Theile die metrische p1c_383.021 Reihe an sich nach einem gleichen bleibenden Maaße erscheint. p1c_383.022 Die eigentliche musikalische Schönheit der Verse entsteht also p1c_383.023 durch ein beständiges Entgegenwirken des Metrums und des p1c_383.024 Rhythmus. Das Metrum muß eine gleiche Zeiteintheilung p1c_383.025 einführen, und der freye Rhythmus muß sie wieder aufzuheben p1c_383.026 suchen. So giebt die Jdee des Metrums die Vollständigkeit, p1c_383.027 der Rhythmus die Unendlichkeit, beyde zusammen
p1c_383.001 Verse ihre metrischen Reihen nicht mit der Arsis, sondern p1c_383.002 mit Zeitabtheilungen, ohne Accent, wie der Auftakt in der p1c_383.003 Musik, gleichsam Theilen einer unendlichen Reihe, die vor p1c_383.004 dem eigentlichen bestimmten Abschnitt vorausgehen, welches p1c_383.005 Hermann die ἀνακρουσις nennt. Quid hóc hic clamoris p1c_383.006 quid hóc hic tumulti est? Ennius. Daher setzen p1c_383.007 die Dichter vor Reihen, und gemeiniglich für solche, welche p1c_383.008 mit der Arsis anfangen, z. B. vor die Choriamben, noch p1c_383.009 einige Sylben von willkührlichem Maaß, welche Hermann p1c_383.010 basis nennt. ἠλθες ἐκ περατων γας ἐλεφαντιναν. p1c_383.011 ─ ⏝ ─́ ⏝ ⏝ ─ ─́ ⏝ ⏝ ─ ⏝ ⏝. Alcaeus. Daher haben so p1c_383.012 viel Verse am Ende einer metrischen Reihe Sylben übrig, p1c_383.013 und sind in Rücksicht auf eine gewisse Art zu messen, catalecticip1c_383.014 oder hypercatalectici, je nachdem ihnen mangelt, p1c_383.015 oder sie zu viel haben. Daher endlich greift der freye unendliche p1c_383.016 Rhythmus in jeden Vers aus metrischen Reihen p1c_383.017 ein, und schneidet die metrischen Reihen durch Caesurenp1c_383.018 ab, macht aus jedem Vers Theile, welche wieder, zufolge p1c_383.019 des Hauptgesetzes der rhythmischen Schönheit, ungleichp1c_383.020 sind, wenn auch in jedem ungleichen Theile die metrische p1c_383.021 Reihe an sich nach einem gleichen bleibenden Maaße erscheint. p1c_383.022 Die eigentliche musikalische Schönheit der Verse entsteht also p1c_383.023 durch ein beständiges Entgegenwirken des Metrums und des p1c_383.024 Rhythmus. Das Metrum muß eine gleiche Zeiteintheilung p1c_383.025 einführen, und der freye Rhythmus muß sie wieder aufzuheben p1c_383.026 suchen. So giebt die Jdee des Metrums die Vollständigkeit, p1c_383.027 der Rhythmus die Unendlichkeit, beyde zusammen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0441"n="383"/><lbn="p1c_383.001"/>
Verse ihre metrischen Reihen nicht mit der Arsis, sondern <lbn="p1c_383.002"/>
mit Zeitabtheilungen, ohne Accent, wie der Auftakt in der <lbn="p1c_383.003"/>
Musik, gleichsam Theilen einer unendlichen Reihe, die vor <lbn="p1c_383.004"/>
dem eigentlichen bestimmten Abschnitt vorausgehen, welches <lbn="p1c_383.005"/>
Hermann die <foreignxml:lang="grc">ἀνακρουσις</foreign> nennt. <hirendition="#aq">Quid hóc hic clamoris <lbn="p1c_383.006"/>
quid hóc hic tumulti est? <hirendition="#g">Ennius</hi></hi>. Daher setzen <lbn="p1c_383.007"/>
die Dichter vor Reihen, und gemeiniglich für solche, welche <lbn="p1c_383.008"/>
mit der Arsis anfangen, z. B. vor die Choriamben, noch <lbn="p1c_383.009"/>
einige Sylben von willkührlichem Maaß, welche Hermann <lbn="p1c_383.010"/><hirendition="#aq">basis</hi> nennt. <foreignxml:lang="grc">ἠλθεςἐκπερατωνγαςἐλεφαντιναν</foreign>. <lbn="p1c_383.011"/>─⏝─́⏝⏝──́⏝⏝─⏝⏝. <hirendition="#aq"><hirendition="#g">Alcaeus</hi></hi>. Daher haben so <lbn="p1c_383.012"/>
viel Verse am Ende einer metrischen Reihe Sylben übrig, <lbn="p1c_383.013"/>
und sind in Rücksicht auf eine gewisse Art zu messen, <hirendition="#aq">catalectici</hi><lbn="p1c_383.014"/>
oder <hirendition="#aq">hypercatalectici</hi>, je nachdem ihnen mangelt, <lbn="p1c_383.015"/>
oder sie zu viel haben. Daher endlich greift der freye unendliche <lbn="p1c_383.016"/>
Rhythmus in jeden Vers aus metrischen Reihen <lbn="p1c_383.017"/>
ein, und schneidet die metrischen Reihen durch <hirendition="#g">Caesuren</hi><lbn="p1c_383.018"/>
ab, macht aus jedem Vers Theile, welche wieder, zufolge <lbn="p1c_383.019"/>
des Hauptgesetzes der rhythmischen Schönheit, <hirendition="#g">ungleich</hi><lbn="p1c_383.020"/>
sind, wenn auch in jedem ungleichen Theile die metrische <lbn="p1c_383.021"/>
Reihe an sich nach einem gleichen bleibenden Maaße erscheint. <lbn="p1c_383.022"/>
Die eigentliche musikalische Schönheit der Verse entsteht also <lbn="p1c_383.023"/>
durch ein beständiges Entgegenwirken des Metrums und des <lbn="p1c_383.024"/>
Rhythmus. Das Metrum muß eine gleiche Zeiteintheilung <lbn="p1c_383.025"/>
einführen, und der freye Rhythmus muß sie wieder aufzuheben <lbn="p1c_383.026"/>
suchen. So giebt die Jdee des Metrums die Vollständigkeit, <lbn="p1c_383.027"/>
der Rhythmus die Unendlichkeit, beyde zusammen
</p></div></div></body></text></TEI>
[383/0441]
p1c_383.001
Verse ihre metrischen Reihen nicht mit der Arsis, sondern p1c_383.002
mit Zeitabtheilungen, ohne Accent, wie der Auftakt in der p1c_383.003
Musik, gleichsam Theilen einer unendlichen Reihe, die vor p1c_383.004
dem eigentlichen bestimmten Abschnitt vorausgehen, welches p1c_383.005
Hermann die ἀνακρουσις nennt. Quid hóc hic clamoris p1c_383.006
quid hóc hic tumulti est? Ennius. Daher setzen p1c_383.007
die Dichter vor Reihen, und gemeiniglich für solche, welche p1c_383.008
mit der Arsis anfangen, z. B. vor die Choriamben, noch p1c_383.009
einige Sylben von willkührlichem Maaß, welche Hermann p1c_383.010
basis nennt. ἠλθες ἐκ περατων γας ἐλεφαντιναν. p1c_383.011
─ ⏝ ─́ ⏝ ⏝ ─ ─́ ⏝ ⏝ ─ ⏝ ⏝. Alcaeus. Daher haben so p1c_383.012
viel Verse am Ende einer metrischen Reihe Sylben übrig, p1c_383.013
und sind in Rücksicht auf eine gewisse Art zu messen, catalectici p1c_383.014
oder hypercatalectici, je nachdem ihnen mangelt, p1c_383.015
oder sie zu viel haben. Daher endlich greift der freye unendliche p1c_383.016
Rhythmus in jeden Vers aus metrischen Reihen p1c_383.017
ein, und schneidet die metrischen Reihen durch Caesuren p1c_383.018
ab, macht aus jedem Vers Theile, welche wieder, zufolge p1c_383.019
des Hauptgesetzes der rhythmischen Schönheit, ungleich p1c_383.020
sind, wenn auch in jedem ungleichen Theile die metrische p1c_383.021
Reihe an sich nach einem gleichen bleibenden Maaße erscheint. p1c_383.022
Die eigentliche musikalische Schönheit der Verse entsteht also p1c_383.023
durch ein beständiges Entgegenwirken des Metrums und des p1c_383.024
Rhythmus. Das Metrum muß eine gleiche Zeiteintheilung p1c_383.025
einführen, und der freye Rhythmus muß sie wieder aufzuheben p1c_383.026
suchen. So giebt die Jdee des Metrums die Vollständigkeit, p1c_383.027
der Rhythmus die Unendlichkeit, beyde zusammen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: gekennzeichnet;
Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: nicht übernommen;
Kustoden: nicht übernommen;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine;
rundes r (ꝛ): wie Vorlage;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: nicht übernommen;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: wie Vorlage;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/441>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.