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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804.

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zweyte von drey, und das dritte wieder von fünf Versen, p1c_372.002
und aus drey Refrains, wozu die Anfangsworte des ersten p1c_372.003
Verses, z. B. Adieu Cesar, oder le bel Esprit! genommen p1c_372.004
werden, die am Ende des zweyten Couplets und p1c_372.005
zu Ende des ganzen Gedichts zu wiederholen sind. Jm p1c_372.006
regelmäßigen Rondeau sind nur zwey abwechselnd wiederkehrende p1c_372.007
Reime. Der eine kommt achtmal, der andre fünfmal p1c_372.008
wieder. Die Ordnung dieser Reime im letzten Couplet p1c_372.009
müssen den Reimen des ersten genau correspondiren. p1c_372.010
Man sieht also, daß sie ursprünglich nach Einer Melodie p1c_372.011
gesungen wurden, wie die Quatrains und Terzette in den p1c_372.012
Sonnetten, deren Entstehung auch wohl musikalisch ist, weswegen p1c_372.013
Petrark die beyden Quatrains und Terzetts in Ansehung p1c_372.014
der Reime einander genau correspondiren läßt.

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Anmerk. 4. So viel von dem Reim, seinen Regeln, p1c_372.016
und den vorzüglichsten Reimsystemen überhaupt. Es p1c_372.017
giebt noch mehrere Spielereyen der Dichter mit dem Klange. p1c_372.018
Die Onomatopöia, oder die Nachahmung des Schalls, deren p1c_372.019
wir in der ersten Anmerkung erwähnten, und die zuweilen p1c_372.020
eine besondere Figur der dichterischen Sprache giebt, p1c_372.021
wird von manchen Dichtern so weit getrieben, daß sie neue p1c_372.022
Worte machen. At tuba terribili sonitu tarantantara p1c_372.023
dixit. Ennius
. Virgil, der auch hier aurum p1c_372.024
de stercore Ennii
zusammen las, verändert den Vers so: p1c_372.025
At tuba terribilem sonitum procul aere canoro increpuit, p1c_372.026
fand also dies für den Styl eines wirklichen Heldengedichts p1c_372.027
doch zu spielend. - Jn der Ballade, welche,

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zweyte von drey, und das dritte wieder von fünf Versen, p1c_372.002
und aus drey Refrains, wozu die Anfangsworte des ersten p1c_372.003
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zu Ende des ganzen Gedichts zu wiederholen sind. Jm p1c_372.006
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Reime. Der eine kommt achtmal, der andre fünfmal p1c_372.008
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Sonnetten, deren Entstehung auch wohl musikalisch ist, weswegen p1c_372.013
Petrark die beyden Quatrains und Terzetts in Ansehung p1c_372.014
der Reime einander genau correspondiren läßt.

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und den vorzüglichsten Reimsystemen überhaupt. Es p1c_372.017
giebt noch mehrere Spielereyen der Dichter mit dem Klange. p1c_372.018
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Zitationshilfe: Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/430>, abgerufen am 01.09.2024.