p1c_346.001 Anmerk. 2. Die Buchstaben, sowohl die Selbstlauter p1c_346.002 als die Mitlauter, haben bekanntlich ein Verhältniß p1c_346.003 zur Musik. Die Vokale geben eine natürliche Tonleiter, p1c_346.004 welche die Höhe und Tiefe des Tons bezeichnet. U ist der p1c_346.005 tiefste Ton, I der höchste. Da das eigentliche Musikalische p1c_346.006 ein beständiges Werden des Tones ausdrückt, so werden p1c_346.007 auch die Gränzen der Tonleiter u und i nicht so musikalisch p1c_346.008 seyn, als die Töne, welche zwischen diesen Gränzen schweben. p1c_346.009 Dies ist der Grund, warum kein Componist den Sänger p1c_346.010 zu lang auf u und i verweilen läßt. o und a liegen über dem p1c_346.011 u am nächsten und zeigen das Beginnen der Töne am besten. p1c_346.012 Daher werden sie auch die vorzüglich musikalischen seyn. p1c_346.013 Eine Sprache, deren Worte häufig o und a haben, ist also p1c_346.014 musikalisch wohllautender, als andre. Dies ist schon ein p1c_346.015 Grund, warum das Griechische und Jtalienische vorzüglich p1c_346.016 wohllautend ist. Der Götterton o, wie ihn vermuthlich p1c_346.017 aus ähnlicher Ursache die neuern Schöpfer einer Declamationstheorie p1c_346.018 genannt haben, ist in beyden Sprachen vorzüglich p1c_346.019 zu finden, wie auch im Spanischen. Besonders die p1c_346.020 Umbiegung der Worte, Declination und Conjugation, p1c_346.021 kommt hier in Anschlag. Der Genetivus und Dativus Plural. p1c_346.022 hat im Griechischen häufig o, oder ist aus o entstanden. p1c_346.023 Und was kommt häufiger vor als diese Casus? Das Lateinische p1c_346.024 hingegen hat ein bloßes i in diesen Fällen, und das p1c_346.025 Deutsche ein e, mit dem wir schon an der Gränze der Tonleiter p1c_346.026 stehen. Die Conjugation hat im Griechischen, Lateinischen, p1c_346.027 Jtalienischen o, im Deutschen, Französischen, Englischen p1c_346.028 e. Das Jtalienische hat aus dem us der Lateiner o
p1c_346.001 Anmerk. 2. Die Buchstaben, sowohl die Selbstlauter p1c_346.002 als die Mitlauter, haben bekanntlich ein Verhältniß p1c_346.003 zur Musik. Die Vokale geben eine natürliche Tonleiter, p1c_346.004 welche die Höhe und Tiefe des Tons bezeichnet. U ist der p1c_346.005 tiefste Ton, I der höchste. Da das eigentliche Musikalische p1c_346.006 ein beständiges Werden des Tones ausdrückt, so werden p1c_346.007 auch die Gränzen der Tonleiter u und i nicht so musikalisch p1c_346.008 seyn, als die Töne, welche zwischen diesen Gränzen schweben. p1c_346.009 Dies ist der Grund, warum kein Componist den Sänger p1c_346.010 zu lang auf u und i verweilen läßt. o und a liegen über dem p1c_346.011 u am nächsten und zeigen das Beginnen der Töne am besten. p1c_346.012 Daher werden sie auch die vorzüglich musikalischen seyn. p1c_346.013 Eine Sprache, deren Worte häufig o und a haben, ist also p1c_346.014 musikalisch wohllautender, als andre. Dies ist schon ein p1c_346.015 Grund, warum das Griechische und Jtalienische vorzüglich p1c_346.016 wohllautend ist. Der Götterton o, wie ihn vermuthlich p1c_346.017 aus ähnlicher Ursache die neuern Schöpfer einer Declamationstheorie p1c_346.018 genannt haben, ist in beyden Sprachen vorzüglich p1c_346.019 zu finden, wie auch im Spanischen. Besonders die p1c_346.020 Umbiegung der Worte, Declination und Conjugation, p1c_346.021 kommt hier in Anschlag. Der Genetivus und Dativus Plural. p1c_346.022 hat im Griechischen häufig o, oder ist aus o entstanden. p1c_346.023 Und was kommt häufiger vor als diese Casus? Das Lateinische p1c_346.024 hingegen hat ein bloßes i in diesen Fällen, und das p1c_346.025 Deutsche ein e, mit dem wir schon an der Gränze der Tonleiter p1c_346.026 stehen. Die Conjugation hat im Griechischen, Lateinischen, p1c_346.027 Jtalienischen o, im Deutschen, Französischen, Englischen p1c_346.028 e. Das Jtalienische hat aus dem us der Lateiner o
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Anmerk. 2. Die Buchstaben, sowohl die Selbstlauter p1c_346.002
als die Mitlauter, haben bekanntlich ein Verhältniß p1c_346.003
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wohllautend ist. Der Götterton o, wie ihn vermuthlich p1c_346.017
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/404>, abgerufen am 09.11.2024.
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