p1c_341.001 nothwendige Bedürfniß des Vorlesers oder Sängers, Odem p1c_341.002 zu schöpfen, das zur rechten Zeit, wo es die Darstellung p1c_341.003 des Sinns erlaubt, geschehen muß. Abstrahirt man aber p1c_341.004 hiervon und nimmt den Rhythmus in blos musikalischem p1c_341.005 Sinne, so bleibt nichts übrig als die Jdee einer für das p1c_341.006 Menschenohr faßlichen Eintheilung der Zeit durch das freye p1c_341.007 Beginnen einer Tonreihe. Die Theile müssen faßlich,p1c_341.008 d. h. nicht zu lang und nicht zu kurz seyn und in einem gewissen p1c_341.009 Verhältniß zu einander stehen, das aber der Verstand p1c_341.010 nicht nach der Einheit messen darf. Sie müssen ein continuump1c_341.011 von Größen darstellen, das sich nicht zu gewaltsamp1c_341.012 entwickelt, weil die Natur in allen Evolutionen ohne p1c_341.013 Sprünge verfährt. Hierdurch bezeichnet die Stimme hinlänglich p1c_341.014 einen gewissen zweckmäßigen Gebrauch der Zeit. p1c_341.015 Es gehört also zum Wesen des Rhythmus ein Jctus, oder p1c_341.016 das Beginnen einer Kraft, die Zeitreihen darstellen will, man p1c_341.017 nenne diesen Jctus nun arsis oder thesis, nach Art der p1c_341.018 alten oder neuen Musiker. - Allein die Zeittheile selbst, p1c_341.019 die durch den wiederholten Jctus abgeschnitten werden, lassen p1c_341.020 sich nicht als gleich betrachten, sondern müssen nur in p1c_341.021 einer gewissen Proportion oder Aehnlichkeit in Absicht auf p1c_341.022 die Größe steigen, sich evolviren, oder sinkend wieder involviren. p1c_341.023 Durch proportionirliche Evolution und Jnvolution p1c_341.024 entsteht der rhythmische Periode. Und so zeigt sich die Zeit, p1c_341.025 als ein zweckmäßiges Continuum, durch eine Kraft, die sie p1c_341.026 proportionirlich, nicht gewaltsam, abtheilt. Die Zeittheile p1c_341.027 und der Jctus stehen zwar auch in einer Art ähnlichen Verhältniß, p1c_341.028 das heißt, der wiederholte Jctus nimmt an intensiver
p1c_341.001 nothwendige Bedürfniß des Vorlesers oder Sängers, Odem p1c_341.002 zu schöpfen, das zur rechten Zeit, wo es die Darstellung p1c_341.003 des Sinns erlaubt, geschehen muß. Abstrahirt man aber p1c_341.004 hiervon und nimmt den Rhythmus in blos musikalischem p1c_341.005 Sinne, so bleibt nichts übrig als die Jdee einer für das p1c_341.006 Menschenohr faßlichen Eintheilung der Zeit durch das freye p1c_341.007 Beginnen einer Tonreihe. Die Theile müssen faßlich,p1c_341.008 d. h. nicht zu lang und nicht zu kurz seyn und in einem gewissen p1c_341.009 Verhältniß zu einander stehen, das aber der Verstand p1c_341.010 nicht nach der Einheit messen darf. Sie müssen ein continuump1c_341.011 von Größen darstellen, das sich nicht zu gewaltsamp1c_341.012 entwickelt, weil die Natur in allen Evolutionen ohne p1c_341.013 Sprünge verfährt. Hierdurch bezeichnet die Stimme hinlänglich p1c_341.014 einen gewissen zweckmäßigen Gebrauch der Zeit. p1c_341.015 Es gehört also zum Wesen des Rhythmus ein Jctus, oder p1c_341.016 das Beginnen einer Kraft, die Zeitreihen darstellen will, man p1c_341.017 nenne diesen Jctus nun ἀρσις oder θεσις, nach Art der p1c_341.018 alten oder neuen Musiker. ─ Allein die Zeittheile selbst, p1c_341.019 die durch den wiederholten Jctus abgeschnitten werden, lassen p1c_341.020 sich nicht als gleich betrachten, sondern müssen nur in p1c_341.021 einer gewissen Proportion oder Aehnlichkeit in Absicht auf p1c_341.022 die Größe steigen, sich evolviren, oder sinkend wieder involviren. p1c_341.023 Durch proportionirliche Evolution und Jnvolution p1c_341.024 entsteht der rhythmische Periode. Und so zeigt sich die Zeit, p1c_341.025 als ein zweckmäßiges Continuum, durch eine Kraft, die sie p1c_341.026 proportionirlich, nicht gewaltsam, abtheilt. Die Zeittheile p1c_341.027 und der Jctus stehen zwar auch in einer Art ähnlichen Verhältniß, p1c_341.028 das heißt, der wiederholte Jctus nimmt an intensiver
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Es gehört also zum Wesen des Rhythmus ein Jctus, oder p1c_341.016
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/399>, abgerufen am 23.11.2024.
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