p1c_326.001 und jede Dissonanz verhindert die Klarheit. Wenn man im p1c_326.002 Ernste sagt: Iupiter conspuit nive terras, oder wie p1c_326.003 jener alte Franzose: Phöbus pudert die Haare der Erde seiner p1c_326.004 Frau, oder: die deutschen Ritter tranken den Dank von p1c_326.005 ihrer Grazien Munde, so wird der Geist durch diese widersprechenden p1c_326.006 membra disiecti poetae so zerrissen, daß er p1c_326.007 den herrschenden Gedanken nicht herausfinden kann. Eben p1c_326.008 so wird der Dichter oft dunkel, wenn er zu verlegne Worte p1c_326.009 hervorsucht und mit modernen ohne Wahl zusammenfügt. p1c_326.010 Kurz man sieht, das alles, was wir oben unter dem Titel p1c_326.011 figurae dictionis und figurae maiores aufzählten, Anlaß p1c_326.012 zu Fehlern wider die Klarheit geben kann. Die dichterische p1c_326.013 Sprache entfernt sich zwar von dem Verstandeszwange, aber p1c_326.014 sie kann dadurch auch eben so leicht in den Fehler verfallen, p1c_326.015 daß uns die Gestaltung der Begriffe, die sie ausdrücken p1c_326.016 will, zu schwer wird. 3) Wenn der Dichter in seinen Allusionen p1c_326.017 und übrigen Zusammensetzungen ganz widersprechend p1c_326.018 oder unverständlich wird, so muß man, wie beym p1c_326.019 Lycophron und Persius denken, qui non vult intelligi, p1c_326.020 non debet legi; und hier ist die Gränze, wo sich der p1c_326.021 Schwersinn dem Unsinn nähert.
p1c_326.022 §. 7.
p1c_326.023 Da das Schöne der Modalität nach als das p1c_326.024 Gefühl der absoluten Wahrheit beschrieben wurde, p1c_326.025 als eine Erscheinung von der Vernunftidee des absolut p1c_326.026 nothwendigen Selbstbewußtseyns durch die Ob=
p1c_326.001 und jede Dissonanz verhindert die Klarheit. Wenn man im p1c_326.002 Ernste sagt: Iupiter conspuit nive terras, oder wie p1c_326.003 jener alte Franzose: Phöbus pudert die Haare der Erde seiner p1c_326.004 Frau, oder: die deutschen Ritter tranken den Dank von p1c_326.005 ihrer Grazien Munde, so wird der Geist durch diese widersprechenden p1c_326.006 membra disiecti poetae so zerrissen, daß er p1c_326.007 den herrschenden Gedanken nicht herausfinden kann. Eben p1c_326.008 so wird der Dichter oft dunkel, wenn er zu verlegne Worte p1c_326.009 hervorsucht und mit modernen ohne Wahl zusammenfügt. p1c_326.010 Kurz man sieht, das alles, was wir oben unter dem Titel p1c_326.011 figurae dictionis und figurae maiores aufzählten, Anlaß p1c_326.012 zu Fehlern wider die Klarheit geben kann. Die dichterische p1c_326.013 Sprache entfernt sich zwar von dem Verstandeszwange, aber p1c_326.014 sie kann dadurch auch eben so leicht in den Fehler verfallen, p1c_326.015 daß uns die Gestaltung der Begriffe, die sie ausdrücken p1c_326.016 will, zu schwer wird. 3) Wenn der Dichter in seinen Allusionen p1c_326.017 und übrigen Zusammensetzungen ganz widersprechend p1c_326.018 oder unverständlich wird, so muß man, wie beym p1c_326.019 Lycophron und Persius denken, qui non vult intelligi, p1c_326.020 non debet legi; und hier ist die Gränze, wo sich der p1c_326.021 Schwersinn dem Unsinn nähert.
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/384>, abgerufen am 23.11.2024.
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