p1c_321.001 Stellung ist doch gezwungen und nur durch den Ton der hohen p1c_321.002 Freude, die an Scherz gränzt, zu rechtfertigen. Man p1c_321.003 muß dergleichen licentias poeticas als Eigenthümlichkeiten p1c_321.004 des Dichters ansehen, die der Meister hat, die der Jünger p1c_321.005 aber nicht nachäffen darf. Wer wird Schillers Ode an die p1c_321.006 Freude nicht eben so tief empfinden, wenn gleich die Freude p1c_321.007 Tochter aus Elysium genannt wird. Wer wird hier eine p1c_321.008 Feile wünschen? - Durch den Genitiv können auch sehr p1c_321.009 viel Amphilbolieen entstehen, weil er von den Dichtern oft p1c_321.010 voran gesetzt wird, und nun zum vorhergehenden oder folgenden p1c_321.011 Worte gezogen werden kann. Bey den Lateinern p1c_321.012 machen auch die ablativi consequentiae zuweilen eine p1c_321.013 Amphibolie, z. B. coelo decurrit aperto. - Das kann p1c_321.014 heißen per apertum coelum, oder aperto coelo. Doch p1c_321.015 nicht selten machen dergleichen verba praegnantia, wenn p1c_321.016 der Doppelsinn, wie in diesem Fall, ziemlich auf eins hinausläuft, p1c_321.017 dichterischen Effekt. Zuweilen ist die Amphibolie p1c_321.018 von dem Zuhörer leichter zu erklären, aber die Stellung der p1c_321.019 Rede wird doch schwerfällig, wie in dem Beyspiele, das p1c_321.020 Quinctilian anführt: visum a se esse hominem librum p1c_321.021 scribentem. Jede Sprache hat hier ihre eigenen Schwierigkeiten, p1c_321.022 die der Dichter kennen muß, damit, nach Klopstocks p1c_321.023 Vergleichung, das Wort dem Gedanken so anliege, p1c_321.024 wie das Gewand dem Mädchen, welches aus dem Bade p1c_321.025 steigt. - Jndessen haben hierin die alten Dichter bey uns p1c_321.026 gutes Spiel. Wir lernen die Sprache aus ihnen, und nennen p1c_321.027 treulich Eleganz, oder Figur, was zu ihren Zeiten oft p1c_321.028 Dunkelheit war. Il. a. vs. 170. sagt Achilles: oude s' oio,
p1c_321.001 Stellung ist doch gezwungen und nur durch den Ton der hohen p1c_321.002 Freude, die an Scherz gränzt, zu rechtfertigen. Man p1c_321.003 muß dergleichen licentias poeticas als Eigenthümlichkeiten p1c_321.004 des Dichters ansehen, die der Meister hat, die der Jünger p1c_321.005 aber nicht nachäffen darf. Wer wird Schillers Ode an die p1c_321.006 Freude nicht eben so tief empfinden, wenn gleich die Freude p1c_321.007 Tochter aus Elysium genannt wird. Wer wird hier eine p1c_321.008 Feile wünschen? ─ Durch den Genitiv können auch sehr p1c_321.009 viel Amphilbolieen entstehen, weil er von den Dichtern oft p1c_321.010 voran gesetzt wird, und nun zum vorhergehenden oder folgenden p1c_321.011 Worte gezogen werden kann. Bey den Lateinern p1c_321.012 machen auch die ablativi consequentiae zuweilen eine p1c_321.013 Amphibolie, z. B. coelo decurrit aperto. ─ Das kann p1c_321.014 heißen per apertum coelum, oder aperto coelo. Doch p1c_321.015 nicht selten machen dergleichen verba praegnantia, wenn p1c_321.016 der Doppelsinn, wie in diesem Fall, ziemlich auf eins hinausläuft, p1c_321.017 dichterischen Effekt. Zuweilen ist die Amphibolie p1c_321.018 von dem Zuhörer leichter zu erklären, aber die Stellung der p1c_321.019 Rede wird doch schwerfällig, wie in dem Beyspiele, das p1c_321.020 Quinctilian anführt: visum a se esse hominem librum p1c_321.021 scribentem. Jede Sprache hat hier ihre eigenen Schwierigkeiten, p1c_321.022 die der Dichter kennen muß, damit, nach Klopstocks p1c_321.023 Vergleichung, das Wort dem Gedanken so anliege, p1c_321.024 wie das Gewand dem Mädchen, welches aus dem Bade p1c_321.025 steigt. ─ Jndessen haben hierin die alten Dichter bey uns p1c_321.026 gutes Spiel. Wir lernen die Sprache aus ihnen, und nennen p1c_321.027 treulich Eleganz, oder Figur, was zu ihren Zeiten oft p1c_321.028 Dunkelheit war. Il. α. vs. 170. sagt Achilles: οὐδε σ' οἰω,
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Quinctilian anführt: visum a se esse hominem librum p1c_321.021
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/379>, abgerufen am 23.11.2024.
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