p1c_316.001 sed etiam legibus oportet esse armatam, und Cujacius p1c_316.002 bemerkt hier die Eleganz einer Figur, wo nichts anders als p1c_316.003 eine Ziererey ist. Demungeachtet hat selbst Aristoteles über p1c_316.004 diese Figur im 21sten Kapitel seiner Poetik eine Untersuchung p1c_316.005 angestellt, und führt das Beyspiel an: wenn einer sagte: p1c_316.006 Das Schild ist die Trinkschaale des Mavors und die Trinkschaale p1c_316.007 das Schild des Bachus; oder: das Alter ist der p1c_316.008 Abend des Lebens, der Abend das Alter des Tages. Man p1c_316.009 wird wenig Stellen bey Dichtern finden, wo der Sinn so p1c_316.010 etwas rechtfertigte. Den Vers Aeneid. XI. 333. munera p1c_316.011 portantes aurique eborisque talenta, erklären die p1c_316.012 Grammatiker durch einen Chiasmus. Statt auri talenta p1c_316.013 et sellam eboris - ferrum armare veneno. Dergleichen p1c_316.014 Spielereyen liebt auch Ovid. Z. B. eine Art Repetitiop1c_316.015 oder Antimetabole - Semibovemque virum, p1c_316.016 semivirumque bovem, einen Vers, welchen seine Freunde p1c_316.017 strichen und er doch beybehielt. - Zuweilen thut dies doch p1c_316.018 Wirkung. Z. E. Cedere iussit aquam - iussa recessit p1c_316.019 aqua. - Uebrigens hat man sehr über den Fleiß der p1c_316.020 Grammatiker gespottet, welche uns die Figuren nach der p1c_316.021 Reihe aufzählen und mit Unrecht. Wenn man freylich Poetik p1c_316.022 und Rhetorik als Künste ansieht, welche Poesie und p1c_316.023 Beredsamkeit lehren, so wird das Erklären der Figuren p1c_316.024 unnütze Arbeit seyn. Denn das Genie und die Leidenschaft p1c_316.025 erfinden sich ihre Sprache von selbst, und es kann jedem p1c_316.026 Theoretiker dann gehen, wie dem beym Rabner, der sein p1c_316.027 Buch über die Figuren ins Feuer warf, weil er einen ungelehrten p1c_316.028 Pachter sie alle anwenden hörte, als dieser seinen
p1c_316.001 sed etiam legibus oportet esse armatam, und Cujacius p1c_316.002 bemerkt hier die Eleganz einer Figur, wo nichts anders als p1c_316.003 eine Ziererey ist. Demungeachtet hat selbst Aristoteles über p1c_316.004 diese Figur im 21sten Kapitel seiner Poetik eine Untersuchung p1c_316.005 angestellt, und führt das Beyspiel an: wenn einer sagte: p1c_316.006 Das Schild ist die Trinkschaale des Mavors und die Trinkschaale p1c_316.007 das Schild des Bachus; oder: das Alter ist der p1c_316.008 Abend des Lebens, der Abend das Alter des Tages. Man p1c_316.009 wird wenig Stellen bey Dichtern finden, wo der Sinn so p1c_316.010 etwas rechtfertigte. Den Vers Aeneid. XI. 333. munera p1c_316.011 portantes aurique eborisque talenta, erklären die p1c_316.012 Grammatiker durch einen Chiasmus. Statt auri talenta p1c_316.013 et sellam eboris ─ ferrum armare veneno. Dergleichen p1c_316.014 Spielereyen liebt auch Ovid. Z. B. eine Art Repetitiop1c_316.015 oder Antimetabole ─ Semibovemque virum, p1c_316.016 semivirumque bovem, einen Vers, welchen seine Freunde p1c_316.017 strichen und er doch beybehielt. ─ Zuweilen thut dies doch p1c_316.018 Wirkung. Z. E. Cedere iussit aquam ─ iussa recessit p1c_316.019 aqua. ─ Uebrigens hat man sehr über den Fleiß der p1c_316.020 Grammatiker gespottet, welche uns die Figuren nach der p1c_316.021 Reihe aufzählen und mit Unrecht. Wenn man freylich Poetik p1c_316.022 und Rhetorik als Künste ansieht, welche Poesie und p1c_316.023 Beredsamkeit lehren, so wird das Erklären der Figuren p1c_316.024 unnütze Arbeit seyn. Denn das Genie und die Leidenschaft p1c_316.025 erfinden sich ihre Sprache von selbst, und es kann jedem p1c_316.026 Theoretiker dann gehen, wie dem beym Rabner, der sein p1c_316.027 Buch über die Figuren ins Feuer warf, weil er einen ungelehrten p1c_316.028 Pachter sie alle anwenden hörte, als dieser seinen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><hirendition="#aq"><pbfacs="#f0374"n="316"/><lbn="p1c_316.001"/>
sed etiam legibus oportet esse armatam</hi>, und Cujacius <lbn="p1c_316.002"/>
bemerkt hier die Eleganz einer Figur, wo nichts anders als <lbn="p1c_316.003"/>
eine Ziererey ist. Demungeachtet hat selbst Aristoteles über <lbn="p1c_316.004"/>
diese Figur im 21sten Kapitel seiner Poetik eine Untersuchung <lbn="p1c_316.005"/>
angestellt, und führt das Beyspiel an: wenn einer sagte: <lbn="p1c_316.006"/>
Das Schild ist die Trinkschaale des Mavors und die Trinkschaale <lbn="p1c_316.007"/>
das Schild des Bachus; oder: das Alter ist der <lbn="p1c_316.008"/>
Abend des Lebens, der Abend das Alter des Tages. Man <lbn="p1c_316.009"/>
wird wenig Stellen bey Dichtern finden, wo der Sinn so <lbn="p1c_316.010"/>
etwas rechtfertigte. Den Vers <hirendition="#aq">Aeneid. XI. 333. munera <lbn="p1c_316.011"/>
portantes aurique eborisque talenta</hi>, erklären die <lbn="p1c_316.012"/>
Grammatiker durch einen <hirendition="#aq">Chiasmus</hi>. Statt <hirendition="#aq">auri talenta <lbn="p1c_316.013"/>
et sellam eboris ─ ferrum armare veneno</hi>. Dergleichen <lbn="p1c_316.014"/>
Spielereyen liebt auch Ovid. Z. B. eine Art <hirendition="#aq">Repetitio</hi><lbn="p1c_316.015"/>
oder <hirendition="#aq">Antimetabole ─ Semibovemque virum, <lbn="p1c_316.016"/>
semivirumque bovem</hi>, einen Vers, welchen seine Freunde <lbn="p1c_316.017"/>
strichen und er doch beybehielt. ─ Zuweilen thut dies doch <lbn="p1c_316.018"/>
Wirkung. Z. E. <hirendition="#aq">Cedere iussit aquam ─ iussa recessit <lbn="p1c_316.019"/>
aqua</hi>. ─ Uebrigens hat man sehr über den Fleiß der <lbn="p1c_316.020"/>
Grammatiker gespottet, welche uns die Figuren nach der <lbn="p1c_316.021"/>
Reihe aufzählen und mit Unrecht. Wenn man freylich Poetik <lbn="p1c_316.022"/>
und Rhetorik als <hirendition="#g">Künste</hi> ansieht, welche Poesie und <lbn="p1c_316.023"/>
Beredsamkeit <hirendition="#g">lehren,</hi> so wird das Erklären der Figuren <lbn="p1c_316.024"/>
unnütze Arbeit seyn. Denn das <hirendition="#g">Genie</hi> und die Leidenschaft <lbn="p1c_316.025"/>
erfinden sich ihre Sprache von selbst, und es kann jedem <lbn="p1c_316.026"/>
Theoretiker dann gehen, wie dem beym Rabner, der sein <lbn="p1c_316.027"/>
Buch über die Figuren ins Feuer warf, weil er einen ungelehrten <lbn="p1c_316.028"/>
Pachter sie alle anwenden hörte, als dieser seinen
</p></div></div></body></text></TEI>
[316/0374]
p1c_316.001
sed etiam legibus oportet esse armatam, und Cujacius p1c_316.002
bemerkt hier die Eleganz einer Figur, wo nichts anders als p1c_316.003
eine Ziererey ist. Demungeachtet hat selbst Aristoteles über p1c_316.004
diese Figur im 21sten Kapitel seiner Poetik eine Untersuchung p1c_316.005
angestellt, und führt das Beyspiel an: wenn einer sagte: p1c_316.006
Das Schild ist die Trinkschaale des Mavors und die Trinkschaale p1c_316.007
das Schild des Bachus; oder: das Alter ist der p1c_316.008
Abend des Lebens, der Abend das Alter des Tages. Man p1c_316.009
wird wenig Stellen bey Dichtern finden, wo der Sinn so p1c_316.010
etwas rechtfertigte. Den Vers Aeneid. XI. 333. munera p1c_316.011
portantes aurique eborisque talenta, erklären die p1c_316.012
Grammatiker durch einen Chiasmus. Statt auri talenta p1c_316.013
et sellam eboris ─ ferrum armare veneno. Dergleichen p1c_316.014
Spielereyen liebt auch Ovid. Z. B. eine Art Repetitio p1c_316.015
oder Antimetabole ─ Semibovemque virum, p1c_316.016
semivirumque bovem, einen Vers, welchen seine Freunde p1c_316.017
strichen und er doch beybehielt. ─ Zuweilen thut dies doch p1c_316.018
Wirkung. Z. E. Cedere iussit aquam ─ iussa recessit p1c_316.019
aqua. ─ Uebrigens hat man sehr über den Fleiß der p1c_316.020
Grammatiker gespottet, welche uns die Figuren nach der p1c_316.021
Reihe aufzählen und mit Unrecht. Wenn man freylich Poetik p1c_316.022
und Rhetorik als Künste ansieht, welche Poesie und p1c_316.023
Beredsamkeit lehren, so wird das Erklären der Figuren p1c_316.024
unnütze Arbeit seyn. Denn das Genie und die Leidenschaft p1c_316.025
erfinden sich ihre Sprache von selbst, und es kann jedem p1c_316.026
Theoretiker dann gehen, wie dem beym Rabner, der sein p1c_316.027
Buch über die Figuren ins Feuer warf, weil er einen ungelehrten p1c_316.028
Pachter sie alle anwenden hörte, als dieser seinen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: gekennzeichnet;
Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: nicht übernommen;
Kustoden: nicht übernommen;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine;
rundes r (ꝛ): wie Vorlage;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: nicht übernommen;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: wie Vorlage;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/374>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.