p1c_275.001 widerfprechend seyn, wie zu den Zeiten der Pegnitzschäfer p1c_275.002 und Zesianer in Deutschland. - Lustschlürfendes p1c_275.003 Tönen, die Nachtigall eine Baumsirene u. s. w. - p1c_275.004 Neuerlich findet man in den hexametrischen Gedichten der p1c_275.005 Deutschen oft Zusammensetzungen bis zur Ermüdung, besonders p1c_275.006 in den Epitheten. Selten findet man Synthesen, p1c_275.007 die leicht sind. Der Synthesis neuer Worte steht als grammatische p1c_275.008 Figur die Tmesis entgegen, wenn gewöhnliche p1c_275.009 zusammengesetzte Sylben von den Dichtern getrennt werden. p1c_275.010 Auch hierdurch erscheint die Sprache der Dichter als p1c_275.011 neu, schöpferisch, werdend, anschaulich und lebhaft. p1c_275.012 Quae me cunque vocant terrae statt quaecunque. p1c_275.013 Der Dichter muß seine Sprache kennen, wenn p1c_275.014 er so mit ihr verfahren will. Von der Art ist die Stelle des p1c_275.015 Homer, welche Longin (Tmema i) deswegen lobt Il. XV. p1c_275.016 vs. 624. bey der Beschreibung eines Sturms: tromeousi p1c_275.017 de te phrena nautai deidiotes; tutthon gar up' ek thanatoio p1c_275.018 pherontai. Longin findet in dieser gewaltsamen Stellung p1c_275.019 unverbundener Vorwörter einen mahlerischen Ausdruck p1c_275.020 von der Heftigkeit des Sturms. Tollius hat deshalb den p1c_275.021 Vers des Homer in der lateinischen Uebersetzung so nachgeahmt: p1c_275.022 Eripiuntur enim vix desub faucibus orci. p1c_275.023 Allein das ist eben der Charakter solcher figurarum dictionis, p1c_275.024 daß sie in der Uebersetzung gewöhnlich verschwinden. p1c_275.025 Der griechische Dichter hat einen großen Vortheil, indem p1c_275.026 er besonders die Vorwörter von den Zeitwörtern wieder trennen p1c_275.027 darf. krateron d' epi muthon etelle. Allerdings p1c_275.028 lassen sich dergleichen Trennungen auch im Deutschen machen
p1c_275.001 widerfprechend seyn, wie zu den Zeiten der Pegnitzschäfer p1c_275.002 und Zesianer in Deutschland. ─ Lustschlürfendes p1c_275.003 Tönen, die Nachtigall eine Baumsirene u. s. w. ─ p1c_275.004 Neuerlich findet man in den hexametrischen Gedichten der p1c_275.005 Deutschen oft Zusammensetzungen bis zur Ermüdung, besonders p1c_275.006 in den Epitheten. Selten findet man Synthesen, p1c_275.007 die leicht sind. Der Synthesis neuer Worte steht als grammatische p1c_275.008 Figur die Tmesis entgegen, wenn gewöhnliche p1c_275.009 zusammengesetzte Sylben von den Dichtern getrennt werden. p1c_275.010 Auch hierdurch erscheint die Sprache der Dichter als p1c_275.011 neu, schöpferisch, werdend, anschaulich und lebhaft. p1c_275.012 Quae me cunque vocant terrae statt quaecunque. p1c_275.013 Der Dichter muß seine Sprache kennen, wenn p1c_275.014 er so mit ihr verfahren will. Von der Art ist die Stelle des p1c_275.015 Homer, welche Longin (Tmema ι) deswegen lobt Il. XV. p1c_275.016 vs. 624. bey der Beschreibung eines Sturms: τρομεουσι p1c_275.017 δε τε φρενα ναυται δειδιοτες· τυτθον γαρ ὑπ' ἐκ θανατοιο p1c_275.018 φερονται. Longin findet in dieser gewaltsamen Stellung p1c_275.019 unverbundener Vorwörter einen mahlerischen Ausdruck p1c_275.020 von der Heftigkeit des Sturms. Tollius hat deshalb den p1c_275.021 Vers des Homer in der lateinischen Uebersetzung so nachgeahmt: p1c_275.022 Eripiuntur enim vix desub faucibus orci. p1c_275.023 Allein das ist eben der Charakter solcher figurarum dictionis, p1c_275.024 daß sie in der Uebersetzung gewöhnlich verschwinden. p1c_275.025 Der griechische Dichter hat einen großen Vortheil, indem p1c_275.026 er besonders die Vorwörter von den Zeitwörtern wieder trennen p1c_275.027 darf. κρατερον δ' ἐπι μυθον ἐτελλε. Allerdings p1c_275.028 lassen sich dergleichen Trennungen auch im Deutschen machen
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widerfprechend seyn, wie zu den Zeiten der Pegnitzschäfer p1c_275.002
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/333>, abgerufen am 29.11.2024.
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