p1c_261.001 zu schnell mit einer Hypallage bey der Hand. Wenn Pindar p1c_261.002 (Olymp. 13.) ubrin korou metera thrasumuthonp1c_261.003 nennt, so denkt er vielleicht an nichts weiter, als an eine p1c_261.004 genaue Verwandschaft dieser beyden. Nun mag ein anderer p1c_261.005 Dichter, wie Schmid demerkt, sagen: tiktei toi koros p1c_261.006 ubrin, ist es gerade Folge, daß auch Pindar die Genealogie p1c_261.007 so bestimmt angebe? - Ueberhaupt suchen die Dichter p1c_261.008 etwas in einer gewissen Unbestimmtheit des Ausdrucks. p1c_261.009 Virgil sagt: daro classibus austros - der Prosaiker p1c_261.010 würde das unrecht finden, es ist aber poetischer, und warum p1c_261.011 am Ende kann man nicht eben so gut einer Flotte Winde geben, p1c_261.012 als Winden eine Flotte? Weil der Wind mit den p1c_261.013 Flotten spielt. Aber die Flotte gebraucht in einem andern p1c_261.014 Sinne wieder die Winde mit Kunst. Menschen sind auf p1c_261.015 der Flotte, welche die Winde mit einer Art Freyheit benutzen. p1c_261.016 Also können ja ihnen wohl Winde gegeben werden. p1c_261.017 Die Einbildungskraft des Dichters giebt immer neue Aussichten p1c_261.018 und zwingt den Verstand aus seinem Alltagsgleise. p1c_261.019 In nova fert animus mutatas dicere formas corpora. p1c_261.020 sagt Ovid. Hierzu brauchen wir noch keine nothwendige p1c_261.021 Versetzung. Formae und corpora sind hier synonym. - p1c_261.022 Sehr oft setzt der Dichter die Epitheta anders, als es der p1c_261.023 Prosaiker gethan haben würde. Es ist ihm genug, daß p1c_261.024 das Bild da sey, wo es stehe, ist ihm einerley, und noch p1c_261.025 lieber ists ihm, es stehe da, wo es der gemeine Verstand p1c_261.026 gerade nicht hingestellt haben würde. Horat. Od. 14. vs. 3. p1c_261.027 Pocula Lethaeos ut si ducentia somnos traxerim. p1c_261.028 Eigentlich ist das Wasser lethäisch und nicht der Schlaf.
p1c_261.001 zu schnell mit einer Hypallage bey der Hand. Wenn Pindar p1c_261.002 (Olymp. 13.) ὑβριν κορου μητερα θρασυμυθονp1c_261.003 nennt, so denkt er vielleicht an nichts weiter, als an eine p1c_261.004 genaue Verwandschaft dieser beyden. Nun mag ein anderer p1c_261.005 Dichter, wie Schmid demerkt, sagen: τικτει τοι κορος p1c_261.006 ὑβριν, ist es gerade Folge, daß auch Pindar die Genealogie p1c_261.007 so bestimmt angebe? ─ Ueberhaupt suchen die Dichter p1c_261.008 etwas in einer gewissen Unbestimmtheit des Ausdrucks. p1c_261.009 Virgil sagt: daro classibus austros ─ der Prosaiker p1c_261.010 würde das unrecht finden, es ist aber poetischer, und warum p1c_261.011 am Ende kann man nicht eben so gut einer Flotte Winde geben, p1c_261.012 als Winden eine Flotte? Weil der Wind mit den p1c_261.013 Flotten spielt. Aber die Flotte gebraucht in einem andern p1c_261.014 Sinne wieder die Winde mit Kunst. Menschen sind auf p1c_261.015 der Flotte, welche die Winde mit einer Art Freyheit benutzen. p1c_261.016 Also können ja ihnen wohl Winde gegeben werden. p1c_261.017 Die Einbildungskraft des Dichters giebt immer neue Aussichten p1c_261.018 und zwingt den Verstand aus seinem Alltagsgleise. p1c_261.019 In nova fert animus mutatas dicere formas corpora. p1c_261.020 sagt Ovid. Hierzu brauchen wir noch keine nothwendige p1c_261.021 Versetzung. Formae und corpora sind hier synonym. ─ p1c_261.022 Sehr oft setzt der Dichter die Epitheta anders, als es der p1c_261.023 Prosaiker gethan haben würde. Es ist ihm genug, daß p1c_261.024 das Bild da sey, wo es stehe, ist ihm einerley, und noch p1c_261.025 lieber ists ihm, es stehe da, wo es der gemeine Verstand p1c_261.026 gerade nicht hingestellt haben würde. Horat. Od. 14. vs. 3. p1c_261.027 Pocula Lethaeos ut si ducentia somnos traxerim. p1c_261.028 Eigentlich ist das Wasser lethäisch und nicht der Schlaf.
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/319>, abgerufen am 26.11.2024.
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