Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804.p1c_259.001 p1c_259.001 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0317" n="259"/><lb n="p1c_259.001"/><foreign xml:lang="grc">ὑπεροπλον, ταν οἱ πατηρ ὑπερκρεμασε, καρτερον αυτῳ</foreign><lb n="p1c_259.002"/><foreign xml:lang="grc">λιθον</foreign>. <hi rendition="#aq">Pindar. Ol. <foreign xml:lang="grc">α</foreign>. 90. <foreign xml:lang="grc">ἀτη</foreign></hi> ist hier nicht in der ursprünglichen <lb n="p1c_259.003"/> Bedeutung genommen, als <hi rendition="#aq">damnum</hi>, sondern <lb n="p1c_259.004"/> als <hi rendition="#aq">poena</hi>, und da geht die Jdee der Schuld vorher. Es <lb n="p1c_259.005"/> ist ein <hi rendition="#aq">verbum praegnans</hi>. <hi rendition="#g">Umgekehrt</hi> <hi rendition="#aq">effectus pro <lb n="p1c_259.006"/> causa. Pallentes morbi (Virg. VI. vs. 275.) tristisque <lb n="p1c_259.007"/> senectus. Pallida Pirene</hi>, sagt der Satyriker Persius, <lb n="p1c_259.008"/> um anzudenten, daß die Dichter Mühe haben, die bleich <lb n="p1c_259.009"/> macht. <hi rendition="#aq">Pallida mors</hi> beym Horaz kann angesehen werden, <lb n="p1c_259.010"/> als eine wirkliche Eigenschaft des personifizirten Todes, eben <lb n="p1c_259.011"/> so wie in der Stelle des Virgil. ─ Der Tod ist an der <lb n="p1c_259.012"/> Spitze seiner Klinge, er trägt in seiner Hand den Tod. Die <lb n="p1c_259.013"/> Donner in der Rechten des Zevs für Donnerkeil sind ganz <lb n="p1c_259.014"/> natürliche Tropen. <hi rendition="#aq">Non habet Pelion umbras</hi>, er hat <lb n="p1c_259.015"/> keine Bäume. <hi rendition="#aq">c</hi>) Drittens gehört hierher, wenn man die <lb n="p1c_259.016"/> gewöhnliche Construction des Gedankens und der Rede umändert, <lb n="p1c_259.017"/> ein Epitheton zu einem Worte setzt, dem es eigentlich <lb n="p1c_259.018"/> unmittelbar nicht gehört, das Zeitwort anders als gewöhnlich <lb n="p1c_259.019"/> verbinden läßt u. s. w. Dies Verfahren nennen <lb n="p1c_259.020"/> die Rhetoriker <hi rendition="#aq">Hypallage</hi>, (im engern Sinn) und halten <lb n="p1c_259.021"/> es für einen blos grammatischen Gegenstand, da es doch <lb n="p1c_259.022"/> poetisch ist. Der Dichter sieht nur auf das Licht der Hauptidee, <lb n="p1c_259.023"/> und entfesselt im Einzelnen die Einbildungskraft von <lb n="p1c_259.024"/> dem Zwange der peinlichen Ordnung, wodurch die Sprache <lb n="p1c_259.025"/> an Extension gewinnt. ─ <foreign xml:lang="grc">ἐν βραχεῖ χαλκῳ μεγιϛον</foreign> <lb n="p1c_259.026"/> <foreign xml:lang="grc">σωμα δειλαιας σποδοῦ φερουσιν ἀνδρες</foreign> statt <foreign xml:lang="grc">μεγιϛου σωματος</foreign> <lb n="p1c_259.027"/> <foreign xml:lang="grc">δειλαιαν σποδον</foreign>. <hi rendition="#aq">Sophocl. Electr. vs</hi>. 758. Jn <lb n="p1c_259.028"/> diesem kleinen Erz (für: <hi rendition="#g">Urne,</hi> die Materie für die Form) </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [259/0317]
p1c_259.001
ὑπεροπλον, ταν οἱ πατηρ ὑπερκρεμασε, καρτερον αυτῳ p1c_259.002
λιθον. Pindar. Ol. α. 90. ἀτη ist hier nicht in der ursprünglichen p1c_259.003
Bedeutung genommen, als damnum, sondern p1c_259.004
als poena, und da geht die Jdee der Schuld vorher. Es p1c_259.005
ist ein verbum praegnans. Umgekehrt effectus pro p1c_259.006
causa. Pallentes morbi (Virg. VI. vs. 275.) tristisque p1c_259.007
senectus. Pallida Pirene, sagt der Satyriker Persius, p1c_259.008
um anzudenten, daß die Dichter Mühe haben, die bleich p1c_259.009
macht. Pallida mors beym Horaz kann angesehen werden, p1c_259.010
als eine wirkliche Eigenschaft des personifizirten Todes, eben p1c_259.011
so wie in der Stelle des Virgil. ─ Der Tod ist an der p1c_259.012
Spitze seiner Klinge, er trägt in seiner Hand den Tod. Die p1c_259.013
Donner in der Rechten des Zevs für Donnerkeil sind ganz p1c_259.014
natürliche Tropen. Non habet Pelion umbras, er hat p1c_259.015
keine Bäume. c) Drittens gehört hierher, wenn man die p1c_259.016
gewöhnliche Construction des Gedankens und der Rede umändert, p1c_259.017
ein Epitheton zu einem Worte setzt, dem es eigentlich p1c_259.018
unmittelbar nicht gehört, das Zeitwort anders als gewöhnlich p1c_259.019
verbinden läßt u. s. w. Dies Verfahren nennen p1c_259.020
die Rhetoriker Hypallage, (im engern Sinn) und halten p1c_259.021
es für einen blos grammatischen Gegenstand, da es doch p1c_259.022
poetisch ist. Der Dichter sieht nur auf das Licht der Hauptidee, p1c_259.023
und entfesselt im Einzelnen die Einbildungskraft von p1c_259.024
dem Zwange der peinlichen Ordnung, wodurch die Sprache p1c_259.025
an Extension gewinnt. ─ ἐν βραχεῖ χαλκῳ μεγιϛον p1c_259.026
σωμα δειλαιας σποδοῦ φερουσιν ἀνδρες statt μεγιϛου σωματος p1c_259.027
δειλαιαν σποδον. Sophocl. Electr. vs. 758. Jn p1c_259.028
diesem kleinen Erz (für: Urne, die Materie für die Form)
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |