p1c_249.001 und dem xenikon (fremdartigen Wortausdruck) p1c_249.002 in einem beständigen Schwanken ist, welche Bemerkung p1c_249.003 dem scharfsinnigen Aristoteles (poet. c. 12.) nicht entgehen p1c_249.004 konnte. Die eigenthümlichen Worte bezeichnen nur p1c_249.005 einen bestimmten Gegenstand, sind also für die Prosa. p1c_249.006 Die fremdartigen Worte sind neue noch wenig erhörte p1c_249.007 Anwendungen eines Worts auf Gegenstände. Man p1c_249.008 weiß also, wenn man sie hört, sie nicht sogleich ganz bestimmt p1c_249.009 zu deuten. Jndem man das fremdartigep1c_249.010 Wort zu verstehen sucht, wird man an unendlich vielep1c_249.011 Gegenstände erinnert, die dadurch bezeichnet werden können. p1c_249.012 Eine ganz fremde Sprache würde ihren Zweck verfehlen. p1c_249.013 Der Dichter, der seine Sprache ganz neu schaffenp1c_249.014 wollte, würde unverständlich seyn. Gleichwohl soll er p1c_249.015 nicht blos einfach, wie der Prosaiker, sondern vielhaltigp1c_249.016 sprechen. Also muß er sich auf eine verständlichep1c_249.017 Weise vom Eigenthümlichen entfernen und dem p1c_249.018 Fremden nähern. Das geschieht, indem er die Sprache p1c_249.019 zwar nicht neu schafft, aber umschafft, umwandelt, p1c_249.020 so daß man die Gründe einsieht, warum er ein Wort in p1c_249.021 einer neuern Bedeutung gebraucht. So wird zwar die Einbildungskraft p1c_249.022 in neuen Gegenständen herumgetrieben, aber p1c_249.023 der Verstand sieht doch einen Uebergang aus dem Eigenthümlichen p1c_249.024 ins Fremde, der begreiflich ist. Die Sprachep1c_249.025 des Dichters wird auf diese Art reich, aber der Reichthum p1c_249.026 wird zusammengehalten. Dieses Umschaffen p1c_249.027 der Sprache, welches der Dichter vor unsern Augen und p1c_249.028 mit Bewilligung unsers Verstandes vornimmt, giebt das,
p1c_249.001 und dem ξενικον (fremdartigen Wortausdruck) p1c_249.002 in einem beständigen Schwanken ist, welche Bemerkung p1c_249.003 dem scharfsinnigen Aristoteles (poet. c. 12.) nicht entgehen p1c_249.004 konnte. Die eigenthümlichen Worte bezeichnen nur p1c_249.005 einen bestimmten Gegenstand, sind also für die Prosa. p1c_249.006 Die fremdartigen Worte sind neue noch wenig erhörte p1c_249.007 Anwendungen eines Worts auf Gegenstände. Man p1c_249.008 weiß also, wenn man sie hört, sie nicht sogleich ganz bestimmt p1c_249.009 zu deuten. Jndem man das fremdartigep1c_249.010 Wort zu verstehen sucht, wird man an unendlich vielep1c_249.011 Gegenstände erinnert, die dadurch bezeichnet werden können. p1c_249.012 Eine ganz fremde Sprache würde ihren Zweck verfehlen. p1c_249.013 Der Dichter, der seine Sprache ganz neu schaffenp1c_249.014 wollte, würde unverständlich seyn. Gleichwohl soll er p1c_249.015 nicht blos einfach, wie der Prosaiker, sondern vielhaltigp1c_249.016 sprechen. Also muß er sich auf eine verständlichep1c_249.017 Weise vom Eigenthümlichen entfernen und dem p1c_249.018 Fremden nähern. Das geschieht, indem er die Sprache p1c_249.019 zwar nicht neu schafft, aber umschafft, umwandelt, p1c_249.020 so daß man die Gründe einsieht, warum er ein Wort in p1c_249.021 einer neuern Bedeutung gebraucht. So wird zwar die Einbildungskraft p1c_249.022 in neuen Gegenständen herumgetrieben, aber p1c_249.023 der Verstand sieht doch einen Uebergang aus dem Eigenthümlichen p1c_249.024 ins Fremde, der begreiflich ist. Die Sprachep1c_249.025 des Dichters wird auf diese Art reich, aber der Reichthum p1c_249.026 wird zusammengehalten. Dieses Umschaffen p1c_249.027 der Sprache, welches der Dichter vor unsern Augen und p1c_249.028 mit Bewilligung unsers Verstandes vornimmt, giebt das,
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und dem ξενικον (fremdartigen Wortausdruck) p1c_249.002
in einem beständigen Schwanken ist, welche Bemerkung p1c_249.003
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konnte. Die eigenthümlichen Worte bezeichnen nur p1c_249.005
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weiß also, wenn man sie hört, sie nicht sogleich ganz bestimmt p1c_249.009
zu deuten. Jndem man das fremdartige p1c_249.010
Wort zu verstehen sucht, wird man an unendlich viele p1c_249.011
Gegenstände erinnert, die dadurch bezeichnet werden können. p1c_249.012
Eine ganz fremde Sprache würde ihren Zweck verfehlen. p1c_249.013
Der Dichter, der seine Sprache ganz neu schaffen p1c_249.014
wollte, würde unverständlich seyn. Gleichwohl soll er p1c_249.015
nicht blos einfach, wie der Prosaiker, sondern vielhaltig p1c_249.016
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Fremden nähern. Das geschieht, indem er die Sprache p1c_249.019
zwar nicht neu schafft, aber umschafft, umwandelt, p1c_249.020
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in neuen Gegenständen herumgetrieben, aber p1c_249.023
der Verstand sieht doch einen Uebergang aus dem Eigenthümlichen p1c_249.024
ins Fremde, der begreiflich ist. Die Sprache p1c_249.025
des Dichters wird auf diese Art reich, aber der Reichthum p1c_249.026
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/307>, abgerufen am 27.11.2024.
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