p1c_182.001 man bey der Hypercultur eben so viel Geschmack für das p1c_182.002 Lächerliche, als für das Niedliche. Diese Unvollkommenheiten, p1c_182.003 diese Widersprüche und Jrrthümer bey lächerlichen p1c_182.004 Gegenständen würden aber unsrer Seele peinlich p1c_182.005 werden, wenn sie nicht als geringfügig erschienen, p1c_182.006 wenn wir dadurch ernstlich aufgefordert würden, dem p1c_182.007 Fehler abzuhelfen. Eben deswegen muß der Fehler so unverbesserlich p1c_182.008 groß seyn, daß man sich mit ihm nicht im Ernste p1c_182.009 die Mühe nimmt. Es muß der Contrast in Gegenstände p1c_182.010 uns nicht wehmüthig machen, wie beym Erhabenen zuweilen p1c_182.011 geschieht. Er muß uns am Ende als unwichtig erscheinen, p1c_182.012 höchstens als verächtlich. Er muß unsre Aufmerksamkeit p1c_182.013 auf sich ziehen, eine große Erwartung, Spannung p1c_182.014 erregen, und sich dann in Nichts auflösen. So ist die p1c_182.015 Grabschrift Phaetons im Ovid beynahe lächerlich: Hic p1c_182.016 situs est Phaeton, currus auriga paterni, quem si p1c_182.017 non tenuit - magnis tamen excidit ausis. - Parturiunt p1c_182.018 montes, nascetur ridiculus mus. Horat. Nun p1c_182.019 giebt es mehrere Unterarten des Lächerlichen. Es bezieht p1c_182.020 sich entweder auf einen Contrast in der instinktmäßigen p1c_182.021 Natur, oder auf eine Unvollkommenheit in der höhern Natur p1c_182.022 des Menschen. Das Erste nennt man das Komische,p1c_182.023 das Andre das Satyrische. Die Lust an dem Ersterenp1c_182.024 ist reiner, die Lust am Letztern eine gemischte Empfindung, p1c_182.025 denn hier liegt ein moralisches Urtheil im Hinterhalt, p1c_182.026 das mit Mißbehagen verbunden ist. Doch ist dieß Mißbehagen p1c_182.027 nicht überwiegend. Denn wir erblicken, wie Platnerp1c_182.028 bemerkt, eine Schwäche an den moralischen Fehlern
p1c_182.001 man bey der Hypercultur eben so viel Geschmack für das p1c_182.002 Lächerliche, als für das Niedliche. Diese Unvollkommenheiten, p1c_182.003 diese Widersprüche und Jrrthümer bey lächerlichen p1c_182.004 Gegenständen würden aber unsrer Seele peinlich p1c_182.005 werden, wenn sie nicht als geringfügig erschienen, p1c_182.006 wenn wir dadurch ernstlich aufgefordert würden, dem p1c_182.007 Fehler abzuhelfen. Eben deswegen muß der Fehler so unverbesserlich p1c_182.008 groß seyn, daß man sich mit ihm nicht im Ernste p1c_182.009 die Mühe nimmt. Es muß der Contrast in Gegenstände p1c_182.010 uns nicht wehmüthig machen, wie beym Erhabenen zuweilen p1c_182.011 geschieht. Er muß uns am Ende als unwichtig erscheinen, p1c_182.012 höchstens als verächtlich. Er muß unsre Aufmerksamkeit p1c_182.013 auf sich ziehen, eine große Erwartung, Spannung p1c_182.014 erregen, und sich dann in Nichts auflösen. So ist die p1c_182.015 Grabschrift Phaetons im Ovid beynahe lächerlich: Hic p1c_182.016 situs est Phaeton, currus auriga paterni, quem si p1c_182.017 non tenuit ─ magnis tamen excidit ausis. ─ Parturiunt p1c_182.018 montes, nascetur ridiculus mus. Horat. Nun p1c_182.019 giebt es mehrere Unterarten des Lächerlichen. Es bezieht p1c_182.020 sich entweder auf einen Contrast in der instinktmäßigen p1c_182.021 Natur, oder auf eine Unvollkommenheit in der höhern Natur p1c_182.022 des Menschen. Das Erste nennt man das Komische,p1c_182.023 das Andre das Satyrische. Die Lust an dem Ersterenp1c_182.024 ist reiner, die Lust am Letztern eine gemischte Empfindung, p1c_182.025 denn hier liegt ein moralisches Urtheil im Hinterhalt, p1c_182.026 das mit Mißbehagen verbunden ist. Doch ist dieß Mißbehagen p1c_182.027 nicht überwiegend. Denn wir erblicken, wie Platnerp1c_182.028 bemerkt, eine Schwäche an den moralischen Fehlern
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/240>, abgerufen am 27.11.2024.
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