p1c_126.001 (eutakton, kosmo) der Kriegsgesang, welcher itzt p1c_126.002 hörbar wird: "O! ihr Kinder der Hellenen, geht, befreyt p1c_126.003 das Vaterland, befreyt Kinder, Weiber, die Sitze der p1c_126.004 väterlichen Götter, die Gräber, wo eure Ahnen ruh'n. p1c_126.005 Nun ist Kampf über alles!" (welche heitere gesammelte p1c_126.006 Stärke.) Das Entgegentönen der Persischen Zunge, der p1c_126.007 heftige bange Gedanke, daß nun nicht mehr zu zaudern p1c_126.008 war - Welch ein abwechselnder Reichthum von bald starken, p1c_126.009 bald heftigen, bald großen, bald glänzenden, bald p1c_126.010 grausenden Vorstellungen. Und doch das Ganze licht p1c_126.011 und heiter, wegen des durchdringenden Hauptgefühls der p1c_126.012 Hellenen. Man scheint wie ein ruhiger Gott über dem p1c_126.013 Ganzen zu schweben, und das Schauspiel zu genießen, wie p1c_126.014 Jupiter beym Homer. Eisoroon priamoio polin kai neas p1c_126.015 Akhaion. - Das poetische Erhabene. Dies ist p1c_126.016 die eigentliche letzte Staffel aller Kunst. Wir haben gesehn, p1c_126.017 daß alle vorher analysirten Empfindungen nur um deswillen p1c_126.018 ästhetisch oder schön genannt werden, weil sie sich dem Erhabenen p1c_126.019 nähern, ihm gleichsam den Weg bereiten, in dasselbe p1c_126.020 übergehen. Das Heftige, Schreckliche, Starke p1c_126.021 trennt unsern Geist von der niedern Natur gewaltsam, nur p1c_126.022 um eine höhere Harmonie hervorzubringen. Daher haben p1c_126.023 wir in Beyspielen gesehen, daß das Heftige, das Schreckliche, p1c_126.024 das Starke oft unmittelbar in das Erhabene aufgelöst p1c_126.025 wird. Zuweilen sind alle diese Gattungen in Einem poetitischen p1c_126.026 Gedanken vereinigt, in wenigen Worten ausgedrückt p1c_126.027 und geben dann das Erhabene. Hic murus aheneus p1c_126.028 esto, nil conscire sibi, nulla pallescere culpa. "Jch
p1c_126.001 (ἐυτακτον, κοσμῳ) der Kriegsgesang, welcher itzt p1c_126.002 hörbar wird: „O! ihr Kinder der Hellenen, geht, befreyt p1c_126.003 das Vaterland, befreyt Kinder, Weiber, die Sitze der p1c_126.004 väterlichen Götter, die Gräber, wo eure Ahnen ruh'n. p1c_126.005 Nun ist Kampf über alles!“ (welche heitere gesammelte p1c_126.006 Stärke.) Das Entgegentönen der Persischen Zunge, der p1c_126.007 heftige bange Gedanke, daß nun nicht mehr zu zaudern p1c_126.008 war ─ Welch ein abwechselnder Reichthum von bald starken, p1c_126.009 bald heftigen, bald großen, bald glänzenden, bald p1c_126.010 grausenden Vorstellungen. Und doch das Ganze licht p1c_126.011 und heiter, wegen des durchdringenden Hauptgefühls der p1c_126.012 Hellenen. Man scheint wie ein ruhiger Gott über dem p1c_126.013 Ganzen zu schweben, und das Schauspiel zu genießen, wie p1c_126.014 Jupiter beym Homer. Ἐισοροων πριαμοιο πολιν και νηας p1c_126.015 Ἀχαιων. ─ Das poetische Erhabene. Dies ist p1c_126.016 die eigentliche letzte Staffel aller Kunst. Wir haben gesehn, p1c_126.017 daß alle vorher analysirten Empfindungen nur um deswillen p1c_126.018 ästhetisch oder schön genannt werden, weil sie sich dem Erhabenen p1c_126.019 nähern, ihm gleichsam den Weg bereiten, in dasselbe p1c_126.020 übergehen. Das Heftige, Schreckliche, Starke p1c_126.021 trennt unsern Geist von der niedern Natur gewaltsam, nur p1c_126.022 um eine höhere Harmonie hervorzubringen. Daher haben p1c_126.023 wir in Beyspielen gesehen, daß das Heftige, das Schreckliche, p1c_126.024 das Starke oft unmittelbar in das Erhabene aufgelöst p1c_126.025 wird. Zuweilen sind alle diese Gattungen in Einem poetitischen p1c_126.026 Gedanken vereinigt, in wenigen Worten ausgedrückt p1c_126.027 und geben dann das Erhabene. Hic murus aheneus p1c_126.028 esto, nil conscire sibi, nulla pallescere culpa. „Jch
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0184"n="126"/><lbn="p1c_126.001"/>
(<foreignxml:lang="grc">ἐυτακτον, κοσμῳ</foreign>) der Kriegsgesang, welcher itzt <lbn="p1c_126.002"/>
hörbar wird: „O! ihr Kinder der Hellenen, geht, befreyt <lbn="p1c_126.003"/>
das Vaterland, befreyt Kinder, Weiber, die Sitze der <lbn="p1c_126.004"/>
väterlichen Götter, die Gräber, wo eure Ahnen ruh'n. <lbn="p1c_126.005"/>
Nun ist Kampf über alles!“ (welche heitere gesammelte <lbn="p1c_126.006"/>
Stärke.) Das Entgegentönen der Persischen Zunge, der <lbn="p1c_126.007"/>
heftige bange Gedanke, daß nun nicht mehr zu zaudern <lbn="p1c_126.008"/>
war ─ Welch ein abwechselnder Reichthum von bald starken, <lbn="p1c_126.009"/>
bald heftigen, bald großen, bald glänzenden, bald <lbn="p1c_126.010"/>
grausenden Vorstellungen. Und doch das Ganze licht <lbn="p1c_126.011"/>
und heiter, wegen des durchdringenden Hauptgefühls der <lbn="p1c_126.012"/>
Hellenen. Man scheint wie ein ruhiger Gott über dem <lbn="p1c_126.013"/>
Ganzen zu schweben, und das Schauspiel zu genießen, wie <lbn="p1c_126.014"/>
Jupiter beym Homer. <foreignxml:lang="grc">Ἐισοροωνπριαμοιοπολινκαινηας</foreign><lbn="p1c_126.015"/><foreignxml:lang="grc">Ἀχαιων</foreign>. ─ Das <hirendition="#g">poetische Erhabene.</hi> Dies ist <lbn="p1c_126.016"/>
die eigentliche letzte Staffel aller Kunst. Wir haben gesehn, <lbn="p1c_126.017"/>
daß alle vorher analysirten Empfindungen nur um deswillen <lbn="p1c_126.018"/>
ästhetisch oder schön genannt werden, weil sie sich dem Erhabenen <lbn="p1c_126.019"/>
nähern, ihm gleichsam den Weg bereiten, in dasselbe <lbn="p1c_126.020"/>
übergehen. Das Heftige, Schreckliche, Starke <lbn="p1c_126.021"/>
trennt unsern Geist von der niedern Natur gewaltsam, nur <lbn="p1c_126.022"/>
um eine höhere Harmonie hervorzubringen. Daher haben <lbn="p1c_126.023"/>
wir in Beyspielen gesehen, daß das Heftige, das Schreckliche, <lbn="p1c_126.024"/>
das Starke oft unmittelbar in das Erhabene aufgelöst <lbn="p1c_126.025"/>
wird. Zuweilen sind alle diese Gattungen in Einem poetitischen <lbn="p1c_126.026"/>
Gedanken vereinigt, in wenigen Worten ausgedrückt <lbn="p1c_126.027"/>
und geben dann das Erhabene. <hirendition="#aq">Hic murus aheneus <lbn="p1c_126.028"/>
esto, nil conscire sibi, nulla pallescere culpa</hi>. „Jch
</p></div></div></body></text></TEI>
[126/0184]
p1c_126.001
(ἐυτακτον, κοσμῳ) der Kriegsgesang, welcher itzt p1c_126.002
hörbar wird: „O! ihr Kinder der Hellenen, geht, befreyt p1c_126.003
das Vaterland, befreyt Kinder, Weiber, die Sitze der p1c_126.004
väterlichen Götter, die Gräber, wo eure Ahnen ruh'n. p1c_126.005
Nun ist Kampf über alles!“ (welche heitere gesammelte p1c_126.006
Stärke.) Das Entgegentönen der Persischen Zunge, der p1c_126.007
heftige bange Gedanke, daß nun nicht mehr zu zaudern p1c_126.008
war ─ Welch ein abwechselnder Reichthum von bald starken, p1c_126.009
bald heftigen, bald großen, bald glänzenden, bald p1c_126.010
grausenden Vorstellungen. Und doch das Ganze licht p1c_126.011
und heiter, wegen des durchdringenden Hauptgefühls der p1c_126.012
Hellenen. Man scheint wie ein ruhiger Gott über dem p1c_126.013
Ganzen zu schweben, und das Schauspiel zu genießen, wie p1c_126.014
Jupiter beym Homer. Ἐισοροων πριαμοιο πολιν και νηας p1c_126.015
Ἀχαιων. ─ Das poetische Erhabene. Dies ist p1c_126.016
die eigentliche letzte Staffel aller Kunst. Wir haben gesehn, p1c_126.017
daß alle vorher analysirten Empfindungen nur um deswillen p1c_126.018
ästhetisch oder schön genannt werden, weil sie sich dem Erhabenen p1c_126.019
nähern, ihm gleichsam den Weg bereiten, in dasselbe p1c_126.020
übergehen. Das Heftige, Schreckliche, Starke p1c_126.021
trennt unsern Geist von der niedern Natur gewaltsam, nur p1c_126.022
um eine höhere Harmonie hervorzubringen. Daher haben p1c_126.023
wir in Beyspielen gesehen, daß das Heftige, das Schreckliche, p1c_126.024
das Starke oft unmittelbar in das Erhabene aufgelöst p1c_126.025
wird. Zuweilen sind alle diese Gattungen in Einem poetitischen p1c_126.026
Gedanken vereinigt, in wenigen Worten ausgedrückt p1c_126.027
und geben dann das Erhabene. Hic murus aheneus p1c_126.028
esto, nil conscire sibi, nulla pallescere culpa. „Jch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: gekennzeichnet;
Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: nicht übernommen;
Kustoden: nicht übernommen;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine;
rundes r (ꝛ): wie Vorlage;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: nicht übernommen;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: wie Vorlage;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/184>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.