Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite

p1c_070.001
Gegenstand, der die Empfindung veranlaßt, durch p1c_070.002
Ausdehnung und Menge der Theilvorstellungen uns an p1c_070.003
die Vernunftidee vom All der Realitäten erinnert; p1c_070.004
stark, wenn der Gegenstand durch die Gedrängtheit p1c_070.005
der Theilvorstellungen eine Macht zu widerstehen ankündet, p1c_070.006
die uns an die Vernunftidee der absoluten p1c_070.007
Substantialität erinnert; heftig, wenn der Gegenstand p1c_070.008
mit eben dieser substantiellen Macht in accidenteller p1c_070.009
Bewegung gedacht wird, und uns an die p1c_070.010
Vernunftidee der schaffenden Allmacht erinnert; und erhaben, p1c_070.011
wenn der Gegenstand durch seine Entfernung p1c_070.012
vom niedern Gesichtskreise die Vernunftideen des höchsten p1c_070.013
unbedingten Seyns, des ersten Gliedes in der p1c_070.014
Reihe der Dinge, der göttlichen Freyheit, reinen p1c_070.015
himmlischen Vollkommenheit, unwandelbaren Seligkeit p1c_070.016
und Jdentität anschaulich macht. Diese verschiedenen p1c_070.017
Benennungen des höhern Schönen bezeichnen p1c_070.018
zu gleicher Zeit neue Grade desselben. Je weniger p1c_070.019
Differenz und hervorstechende Theile im Schönen sind, p1c_070.020
je charakterloser, indifferenter, ruhiger, seliger es p1c_070.021
wird, je näher kommt es dem idealen Urbilde. Die p1c_070.022
unterste Stufe dürfte daher das Heftige einnehmen, p1c_070.023
dann das Starke, hierauf das Große folgen, und p1c_070.024
auf der höchsten das eigentliche Erhabene stehen.

p1c_070.001
Gegenstand, der die Empfindung veranlaßt, durch p1c_070.002
Ausdehnung und Menge der Theilvorstellungen uns an p1c_070.003
die Vernunftidee vom All der Realitäten erinnert; p1c_070.004
stark, wenn der Gegenstand durch die Gedrängtheit p1c_070.005
der Theilvorstellungen eine Macht zu widerstehen ankündet, p1c_070.006
die uns an die Vernunftidee der absoluten p1c_070.007
Substantialität erinnert; heftig, wenn der Gegenstand p1c_070.008
mit eben dieser substantiellen Macht in accidenteller p1c_070.009
Bewegung gedacht wird, und uns an die p1c_070.010
Vernunftidee der schaffenden Allmacht erinnert; und erhaben, p1c_070.011
wenn der Gegenstand durch seine Entfernung p1c_070.012
vom niedern Gesichtskreise die Vernunftideen des höchsten p1c_070.013
unbedingten Seyns, des ersten Gliedes in der p1c_070.014
Reihe der Dinge, der göttlichen Freyheit, reinen p1c_070.015
himmlischen Vollkommenheit, unwandelbaren Seligkeit p1c_070.016
und Jdentität anschaulich macht. Diese verschiedenen p1c_070.017
Benennungen des höhern Schönen bezeichnen p1c_070.018
zu gleicher Zeit neue Grade desselben. Je weniger p1c_070.019
Differenz und hervorstechende Theile im Schönen sind, p1c_070.020
je charakterloser, indifferenter, ruhiger, seliger es p1c_070.021
wird, je näher kommt es dem idealen Urbilde. Die p1c_070.022
unterste Stufe dürfte daher das Heftige einnehmen, p1c_070.023
dann das Starke, hierauf das Große folgen, und p1c_070.024
auf der höchsten das eigentliche Erhabene stehen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0128" n="70"/><lb n="p1c_070.001"/>
Gegenstand, der die Empfindung veranlaßt, durch <lb n="p1c_070.002"/>
Ausdehnung und Menge der Theilvorstellungen uns an <lb n="p1c_070.003"/>
die Vernunftidee vom All der Realitäten erinnert; <lb n="p1c_070.004"/> <hi rendition="#g">stark,</hi> wenn der Gegenstand durch die Gedrängtheit <lb n="p1c_070.005"/>
der Theilvorstellungen eine Macht zu widerstehen ankündet, <lb n="p1c_070.006"/>
die uns an die Vernunftidee der absoluten <lb n="p1c_070.007"/>
Substantialität erinnert; <hi rendition="#g">heftig,</hi> wenn der Gegenstand <lb n="p1c_070.008"/>
mit eben dieser substantiellen Macht in accidenteller <lb n="p1c_070.009"/>
Bewegung gedacht wird, und uns an die <lb n="p1c_070.010"/>
Vernunftidee der schaffenden Allmacht erinnert; und <hi rendition="#g">erhaben,</hi> <lb n="p1c_070.011"/>
wenn der Gegenstand durch seine Entfernung <lb n="p1c_070.012"/>
vom niedern Gesichtskreise die Vernunftideen des höchsten <lb n="p1c_070.013"/>
unbedingten Seyns, des ersten Gliedes in der <lb n="p1c_070.014"/>
Reihe der Dinge, der göttlichen Freyheit, reinen <lb n="p1c_070.015"/>
himmlischen Vollkommenheit, unwandelbaren Seligkeit <lb n="p1c_070.016"/>
und Jdentität anschaulich macht. Diese verschiedenen <lb n="p1c_070.017"/>
Benennungen des <hi rendition="#g">höhern</hi> Schönen bezeichnen <lb n="p1c_070.018"/>
zu gleicher Zeit <hi rendition="#g">neue Grade</hi> desselben. Je weniger <lb n="p1c_070.019"/>
Differenz und hervorstechende Theile im Schönen sind, <lb n="p1c_070.020"/>
je charakterloser, indifferenter, ruhiger, seliger es <lb n="p1c_070.021"/>
wird, je näher kommt es dem idealen Urbilde. Die <lb n="p1c_070.022"/>
unterste Stufe dürfte daher das <hi rendition="#g">Heftige</hi> einnehmen, <lb n="p1c_070.023"/>
dann das <hi rendition="#g">Starke,</hi> hierauf das <hi rendition="#g">Große</hi> folgen, und <lb n="p1c_070.024"/>
auf der höchsten das <hi rendition="#g">eigentliche Erhabene</hi> stehen.</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[70/0128] p1c_070.001 Gegenstand, der die Empfindung veranlaßt, durch p1c_070.002 Ausdehnung und Menge der Theilvorstellungen uns an p1c_070.003 die Vernunftidee vom All der Realitäten erinnert; p1c_070.004 stark, wenn der Gegenstand durch die Gedrängtheit p1c_070.005 der Theilvorstellungen eine Macht zu widerstehen ankündet, p1c_070.006 die uns an die Vernunftidee der absoluten p1c_070.007 Substantialität erinnert; heftig, wenn der Gegenstand p1c_070.008 mit eben dieser substantiellen Macht in accidenteller p1c_070.009 Bewegung gedacht wird, und uns an die p1c_070.010 Vernunftidee der schaffenden Allmacht erinnert; und erhaben, p1c_070.011 wenn der Gegenstand durch seine Entfernung p1c_070.012 vom niedern Gesichtskreise die Vernunftideen des höchsten p1c_070.013 unbedingten Seyns, des ersten Gliedes in der p1c_070.014 Reihe der Dinge, der göttlichen Freyheit, reinen p1c_070.015 himmlischen Vollkommenheit, unwandelbaren Seligkeit p1c_070.016 und Jdentität anschaulich macht. Diese verschiedenen p1c_070.017 Benennungen des höhern Schönen bezeichnen p1c_070.018 zu gleicher Zeit neue Grade desselben. Je weniger p1c_070.019 Differenz und hervorstechende Theile im Schönen sind, p1c_070.020 je charakterloser, indifferenter, ruhiger, seliger es p1c_070.021 wird, je näher kommt es dem idealen Urbilde. Die p1c_070.022 unterste Stufe dürfte daher das Heftige einnehmen, p1c_070.023 dann das Starke, hierauf das Große folgen, und p1c_070.024 auf der höchsten das eigentliche Erhabene stehen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/128
Zitationshilfe: Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/128>, abgerufen am 24.11.2024.